Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
ein Gespräch mit einer anderen Person? Plötzlich beunruhigt stieg sie aus der Wanne. Sie musste sich vergewissern, wollte wissen, mit wem Kevin sprach. Den Morgenmantel über die nasse Haut gestreift, ging sie der Sache auf den Grund.
Kevins Zimmertür war immer einen kleinen Spalt offen, so auch diesmal. Er fühlte sich durch den schmalen Streifen Licht, der dann vom Flur in sein Zimmer strahlte, geschützt. Vor Monstern, die unter dem Bett oder im Wandschrank lauerten. Schon in Wien mussten sie seine Zimmertür i mmer ein wenig geöffnet lassen. Zusätzlich brannte in der Ecke schwach das Nachtlicht.
Vorsichtig spähte Melanie durch den engen Spalt hi ndurch ins Kinderzimmer. Die Wassertropfen auf ihrer Haut schienen zu Eis zu erstarren. Sie fröstelte.
Kevin saß im Bett und sprach mit jemandem. Doch da war niemand. Dennoch führte ihr Sohn eine äußerst reale Konversation. Seine Augen standen weit offen, auch wi esen sie keineswegs den leeren geistlosen Blick, der Schlafwandlern eigen ist, auf. Nein, Kevin war eindeutig wach.
„Ja, sie hat mich in den Finger gepiekst“, sagte er, o ffensichtlich zum Kleiderschrank. „Nein, jetzt tut es nicht mehr weh.“
Er wartete eine Weile. Geradeso, als lauschte er einer Antwort seines imaginären Gesprächspartners.
„Ja, ich weiß. Herr Sallinger ist sehr nett. Er hat den Stachel rausgezogen.“
Wieder folgte eine Pause.
„Ich bin müde. Morgen können wir ja wieder im Garten spielen.“ Er streckte sich im Bett aus und schloss die Augen.
Melanie wusste nicht so recht, was sie machen sollte. Reingehen und fragen, mit wem er da gesprochen hatte? Oder bis nächsten Morgen warten. Sie entschied sich für Letzteres.
Voller Sorge betrachtete sie ihren Jungen. Sein Gesicht machte einen friedlichen Eindruck, die Brust hob und senkte sich ruhig unter dem Laken. Kevin war wieder eingeschlafen.
Sie wollte eben die Türe schließen, als sie von einem heftigen Windstoß beinahe zu Sturz gebracht wurde.
Ein tapsiges Geräusch – Schritte!, schrie ihr Verstand - war zu hören. Sie wurden leiser, schienen sich von ihr zu entfernen. Sie drehte sich um die eigene Achse.
Feucht schimmernde Fußspuren entfernten sich von ihr. Melanie folgte ihnen bis vor das Badezimmer. Ihr Fuß glitt über den nassen Boden, sie schwankte. Beinahe wäre sie ausgerutscht. Im letzten Moment fand sie ihr Gleichgewicht wieder.
Zögerlich steckte sie ihren Kopf in das Bad. „Ist hier … ist hier jemand?“
Sie schrie auf. Etwas tippte auf ihre Schulter.
„Was brüllst du denn so?“, flüsterte Oliver. Er war von der Couch aufgestanden und den Flur entlanggekommen.
„Mein Gott, hast du mich erschreckt.“ Sie atmete schwer und stoßweise. Adrenalin durchströmte ihren Kö rper und zog ihre Muskeln schmerzhaft zusammen.
„Entschuldigung. Ich bin unten aufgewacht und wollte bloß ins Bett gehen.“
Das Wasser perlte ihren Körper hinab. Melanie fröstelte.
„Fußspuren, Oliver. Sieh mal.“
Nach einem prüfenden Blick schüttelte Oliver den Kopf. Er sah seine Frau verständnislos an. „Na klar sind da Fußspuren auf dem Fußboden. Du bist ja auch schließlich pitschnass. Sind deine. Alles in Ordnung mit dir?“
„Es war nur, als wäre jemand … vergiss es.“
„Schatz, ich weiß. Das war für uns alle ein anstrengender Tag. Gehen wir ins Bett.“
Zuerst wollte sie ihrem Mann von Kevins unheimlicher Konversation erzählen, entschied sich aber dagegen. Oliver hatte es in letzter Zeit schwer genug. Er sollte endlich e rholsamen Schlaf finden. Er hatte ihn sich verdient.
Kapitel 15
Die Kaffeemaschine blubberte vor sich hin. Die Sonne trieb ihre heißen Strahlen durch die Fensterscheiben. Oliver war zeitig aufgestanden und bereitete das Frühstück.
Kevin war auch schon wach. Er saß am Küchentisch und spielte mit zwei Spielzeugautos. Dabei imitierte er das Geräusch von quietschenden Reifen, gefolgt von kni rschendem Blech, als er die Autos gegeneinanderprallen ließ. Ein Specht, ebenfalls auf der Suche nach einem herzhaften Frühstück, hämmerte leise gegen den alten Kastanienbaum im Vorgarten.
Melanie nahm Platz und gähnte.
„Ihr seid schon wach?“, fragte sie schläfrig.
„Na klar. Es ist schon acht Uhr. Kaffee?“
„Schon ist gut. Ja, Kaffee wäre toll.“ Sie gähnte abermals.
„Hast du gut geschlafen, Melli?“
„Ja. Wie geht’s meinem großen Jungen?“
Sie strich Kevin sanft über den Kopf. Er dankte es se iner Mutter mit einem
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