Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
und Mikey durch das Tor gingen und den Pfad entlang marschierten. Leise sangen sie ein Lied.
“Farewell and adieu, to you fair spanish ladies…”
“Wo wollen denn die beiden hin, Arthur?“, fragte Elly, die neben ihren Mann getreten war. „Der Junge trägt doch seinen Schlafanzug.“
„Ich weiß nicht, Elly. Irgendetwas stimmt hier nicht.“
„Wollen wir nicht lieber die Polizei holen?“
„Und was willst du ihm sagen? Dass Robert Gardener mit seinem Sohn einen nächtlichen Spaziergang unte rnimmt? Wähl die Nummer der Gardeners. Es brennt Licht. Annabelle muss zuhause sein. Mal sehen, was sie dazu sagt.“
Der Pfad lag in Dunkelheit vor ihnen. Mikey hielt sich verkrampft an der Hand seines Vaters fest. Wohin er auch schaute, alles schien ihm unheimlich. Schlimme Dinge konnten in den Schatten lauern.
Ein Kauz schrie unentwegt, als wollte er jemanden warnen. Oder ankündigen.
Die Blätter in den Bäumen raschelten. Alleine hätte sich Mikey nachts nie hierher getraut. Die Nacht erweckte seine dunkelsten Fantasien zum Leben.
Er hatte Angst. Es war die Urangst, die in jedem Me nschen so tief verwurzelt ist und einem rät nicht weiterzugehen.
Der See glitzerte im geisterhaften, bläulichen Licht des schwachen Mondscheins.
„Wo sind die Angelruten?“
„Leg deinen Rucksack ab, Mikey“, sagte Robert, ohne die Frage zu beantworten.
Er kniete sich zu seinem Sohn, um ihm in die Augen zu sehen.
Er sah in das hübsche unschuldige Gesicht. Tränen fül lten seine Augen.
„Du weißt, dass ich dich lieb habe, Kumpel.“
„Ja, Papa. Ich hab dich auch sehr lieb.“
Mikey war etwas unwohl zumute, nicht wegen des Mondes, des Kauzes, oder den Dingen, die hinter den Bäumen lauerten. Die zittrige Stimme und der Blick seines Vaters machten ihm mehr Angst als alles andere.
„Wir werden glücklich sein, mein Junge. Alle. Gemeinsam. Für immer“, sagte Robert ganz ruhig, nahm das Gesicht seines Sohnes sanft in beide Hände und küsste seine Stirn.
Mikey wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Er wollte jetzt nur noch nach Hause. Sein Blick glich dem eines ängstlichen Rehs, das in die Augen eines Wolfes sieht.
Auch wenn er noch nie etwas mit dem Tod zu tun hatte, so spürte er seine Anwesenheit.
„Ich will zu Mami.“ Mikeys Stimme war leise, fast fl ehend.
„Sie wird bald bei dir sein“, lächelte Robert. Robert sah das letzte Mal in die dunklen Augen von Mikey, die im Mondlicht schimmerten wie zwei schwarze Opale.
Es war Zeit. Es gab kein Zurück mehr. Robert hatte seinen Entschluss gefasst.
Bald sind wir wieder eine glückliche Familie.
Er erhob sich aus seiner knienden Position, nahm Mikey bei der Hand und ging langsam mit ihm zum Ufer. Mikey wusste zwar, dass etwas nicht stimmte, aber es war sein Vater, er vertraute ihm. Alles war in Ordnung. Ihm kam zu keiner Sekunde in den Sinn, dass der Mann, der ihn liebte, ihm etwas antun könnte.
„Sieh mal, Mikey. Wie tausend Diamanten.“
Der Junge sah fasziniert auf die sanften Wellen. Das Auf und Ab des Wassers entfachte ein Glitzermeer.
„Hol dir einen davon.“
Mikey machte einen Schritt vorwärts, streckte den Arm aus nach den Diamanten.
Plötzlich fühlte er einen Stoß im Rücken, fiel vornüber ins Wasser.
Der Ruf des Kauzes erstarb. Stattdessen drang das Rauschen von Wasser von allen Seiten auf ihn ein.
Er schnappte nach Luft, doch nur Flüssigkeit füllte se ine Lunge. Mikey wollte hoch. Und konnte nicht. Ein eiserner Schraubstock hielt sein Genick gepackt und drückte ihn unter Wasser. Er zappelte, wehrte sich. Er schrie im Todeskampf. Noch mehr von dem flüssigen Tod rann ihm die Luftröhre hinab. Aber die Schlacht dauerte nicht lange. Bald hörte der kleine Mikey nicht einmal mehr das Plätschern des Wassers.
„Arthur, hier stimmt irgendetwas nicht.“ Elly kam aufgelöst ins Wohnzimmer gelaufen.
„Was ist denn nun wieder?“ Sallinger hatte den Tel efonhörer gegen das Ohr gepresst. Aus der Muschel drang das stetige Piepen des Klingelsignals. Niemand nahm ab. Er legte auf.
„Ich habe Robert gerade gesehen.“ Ihr Gesicht war angstweiß.
„Ja und? Dann sind sie zurück vom Spaziergang.“
„Er war pitschnass.“
„Na, vielleicht waren sie baden. Hab ich mit meinem Vater oft gemacht. Nachts baden kann…“
„Er hatte seinen Anzug an. Ich konnte nicht sehen, ob der Kleine dabei war“, unterbrach sie ihn.
„Dafür muss es doch eine Erklärung geben. Ruf doch nochmals bei den Gardeners an.“
„Da hebt
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