Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
Besitzer hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn zu asphaltieren. Sand knirschte unter den Rädern des Sechsachsers und wirbelte durch die Luft. Es war nicht schwer, einen freien Stellplatz zu finden (nicht, dass es dabei ein System gab, dem man sich fügen musste; jeder stellte sein Gefährt einfach so ab, wie es ihm gerade passte, es herrschte sozusagen Anarchie vor, das Recht des Stärkeren). Den wenigen parkenden Fahrzeugen nach, war wohl nicht viel los, nur eine Handvoll zahlender Kunden.
Nachdem Doug den Motor abgestellt hatte, stieg er aus der Fahrerkabine und ging auf den Eingang des Snakes zu, jedoch nicht ohne sich vorher einige Male gründlich zu strecken und zu dehnen. Er wurde sich schmerzlich bewusst, dass er das Stechen im Rücken und das Ziehen in den Bändern und Muskeln nicht mehr allein der langen Fahrt zuschreiben konnte. Mittlerweile forderte auch das Alter seinen Tribut. Immerhin ging er auf die Vierzig zu, und so gern er sich das auch einredete, er war kein junger Bursche mehr. Seine besten Zeiten lagen hinter ihm. Die Knie taten ihm häufiger weh als früher, er keuchte beim Treppensteigen, sein ehemals volles blondes Haar lichtete sich, und sein Waschbrettbauch hatte sich schon vor fünf Jahren verabschiedet. Ganz zu schweigen von den Frauen. Sie waren zwar nie Schlange bei ihm gestanden, doch er hatte auch nie Schwierigkeiten damit gehabt, eine willige Bekanntschaft in der einen oder anderen Stadt, durch die er hindurch kam, zu machen. Heute war das nicht mehr so.
Doug zuckte mit den Schultern und tat seine Gedanken ab. Es lohnte nicht, sich da rüber den Kopf zu zerbrechen. Ändern konnte er die Situation nicht, und gegen das Älterwerden war noch kein Mittel erfunden worden.
Über dem Eingang - zwei nach innen und außen schwi ngende Türhälften im Wilder Westen Saloon-Style - prangte eine Leuchtreklame: ein Rot, das dem des Sonnenuntergangs in Intensität in nichts nachstand, verkündete den Namen des Truckstops. Umringt wurden die Lettern von sich windenden grünen Schlangen.
Aus dem Inneren drangen leise Gespräche, Countr ymusik und das Geklapper von Geschirr und Besteck.
Kaum war Doug über die Schwelle getreten, umwehte ihn auch schon der verführerische Duft nach gebratenem Hac kfleisch und gerösteten Zwiebeln. Augenblicklich lief ihm in Anbetracht der bevorstehenden Schlemmerei das Wasser im Mund zusammen.
Hinter ihm schwangen die Türen wie die Flügel eines Schmetterlings.
Die Gespräche verebbten, ebenso wie das Geklapper, sogar die Musik schien leiser zu werden. Alle Blicke richteten sich auf ihn, Doug fühlte förmlich wie sie ihn abtasteten.
Nach einigen Sekunden, die ihm aber wie eine halbe Ewi gkeit erschienen, schwoll die Geräuschkulisse wieder auf ihr übliches Niveau an. Als ob ihn die Leute für würdig befunden hätten im Snakes zu gastieren, wendeten sie sich erneut ihren Tätigkeiten zu, ohne ihn weiter zu beachten.
Nun ließ Doug seinerseits die Blicke durch den Raum wandern. Die linke Seite nahmen mehrere Tische und Stü hle in Beschlag. Eine weiß-rot karierte Plastiktischdecke war über jede Tischplatte gespannt; in der Mitte stand jeweils eine Vase voller Blumen. Ebenfalls Plastik. Insgesamt sieben Männer - ihrer Kleidung nach zu urteilen Fernfahrer wie Doug - saßen an den Tischen. Fünf waren mit ihrer Mahlzeit beschäftigt, zwei waren in ein Gespräch vertieft.
Dahinter, direkt neben einer Tür an der ein Schild mit der Aufschrift Restrooms angebracht war, stand eine altmodische Jukebox. Eine Frau beugte sich darüber und studierte die Musiktitel der Maschine. Bei ihrem Anblick verspürte Doug ebenfalls Appetit; aber nicht nach Burgern. Ihre elfenbeinfarbenen Beine steckten in knappen Hotpants, die ihren, Dougs Meinung nach (und damit war er sicher nicht allein), prächtigen Po besonders gut zur Geltung brachten. Ihr enges Shirt war unter den Brüsten zu einem Knoten geknüpft, so dass es ihren flachen Bauch nackt ließ. Das blonde Haar, weder glatt noch gelockt sondern irgendetwas dazwischen, hing ihr bis zu den Schultern. Ihr zweifelsohne wunderschönes Gesicht konnte Doug nicht erkennen. Sie konnte nicht älter als zwanzig sein, sicher war sie die Prom-Night-Queen eines nahe gelegenen Wüstenkaffs.
Doug riss seine Faszination von dem Mädchen los. Diesen Hunger würde er heute Nacht nicht stillen.
Dem Eingang gegenüber lag die Theke, vor der ein Hocker neben dem anderen aufgereiht darauf wartete, dass irgendein übermüdeter Fernfahrer
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