Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
als House 2 lief. Wäre Mrs. Harris, die alte Hutschachtel, wie Jake sie stets nannte, hinter der Kasse gesessen, dann hätten sie keine Chance gehabt, auch nur weiter als in die Vorhalle zu kommen. Selbst reinschmuggeln hätte keinen Sinn gemacht. Und Gott weiß, sie hatten es schon öfters versucht. Doch die alte Harris bewachte das Kino wie ein Zerberus das Tor zur Unterwelt.
Sie hatte die Freunde mit einem Besen davongejagt und gekreischt, sie sollten erst wieder kommen, wenn ein Walt Disney Film lief. Sah man sich in ihrem Alter noch solche Filme an, und jemand bekam das zu allem Überdruss auch noch heraus, konnte man dafür verprügelt werden. Wusste das die Alte nicht?
Ins Kino schmuggelten sie daher nur noch die Süßigkeiten, da sie bei Franks um ein gutes Stück billiger waren, als sie hier zu kaufen. Sich selbst versuchten sie nicht mehr hineinzuschmuggeln. Einmal Bekanntschaft mit Mrs. Harris´ Besen gemacht zu haben, reichte ihnen für ein ganzes Leben. Der Hosenboden brannte ihnen immer noch.
Ihre Hosentaschen, oder in Jakes Fall der Schritt, waren ausgebeult, doch Mr. Harris achtete nicht darauf. Der Alte wirkte mit seinen noch verbliebenen weißen Haaren und seiner dicken schwarzen Hornbrille wie ein Maulwurf hinter seinem Tresen.
Sie kauften sich die Tickets für House 2, bekamen sie wie immer ohne Schwierigkeiten und marschierten geschlossen in den Vorführungssaal.
Über die Leinwand flimmerte bereits Werbung, während sie sich ihre Plätze in einer der hintersten Reihen suchten. Im Dunkel des Saales blieb ihr Alter auch vor den anderen verborgen, wobei es jedoch sowieso niemanden interessierte. Es waren ohnehin hauptsächlich Teenager hier. Casey Dupree und ihren Möchtegern-Football-Star Curt konnte Sam in der Reihe vor ihnen erkennen. Er dachte wieder an gestern Abend, als er auf dem Nachhauseweg noch ein Weilchen hinter den Büschen gelauerte hatte. Casey war aber nicht zuhause gewesen. Zumindest war sie nicht im Garten.
Casey und Curt knutschten wild und würden erst wieder damit aufhören, wenn nach dem Abspann das Licht wieder anging.
Was für eine Geldverschwendung, dachte Sam und setzte sich auf seinen Platz.
»Darf ich neben dir sitzen, Sammy?«
Er warf Madison einen verdutzten Blick zu. Warum fragte sie ihn das?
»Das ist immerhin ein Horrorfilm, oder?« Sie klang verlegen. »Du weißt doch, dass ich immer Angst habe.«
Das wusste er zwar nicht, diese Seite an Madison war ihm völlig neu, aber wenn sie wollte, klar, warum nicht.
»He, Little Joe, mach mal Platz«, flüsterte Sam zu Joshua.
»Was, wieso denn?«
»Weil Madison heute neben mir sitzt.«
»Muss das sein? Das ist mein Stammplatz.«
»Heute nicht. Ende der Diskussion. Los, hau ab.«
Little Joe murmelte etwas Unverständliches vor sich hin – vermutlich Flüche und Verwünschungen -, befolgte aber Sams Weisung und nahm den Platz am Ende, neben Jake, ein.
Madison lächelte glücklich.
Das Licht ging aus. Sie machte es sich neben Sam bequem und er spürte ihre Blicke.
Wieso sieht sie mich an? Da vorne spielte doch der Film, dachte er.
Der Film war in vollem Gange und wider Madisons Behauptung, es handle sich um einen Horrorstreifen, musste Sam etwas enttäuscht feststellen, dass es sich bei House 2 mehr um eine Komödie handelte, denn um einen gruseligen Schocker. Doch schon bald sollte der Film für Sam ohnehin zur Nebensache werden.
Trotz der komödiantischen Elemente schrak Madison angesichts des Geistes vom alten Großvater zusammen. Ein wenig übertrieben, wie Sam fand. Außerdem spürte er, wie sie mit ihrem Knie permanent seines berührte und ihre Finger strichen sanft an seinem Handrücken entlang. Er empfand die Berührungen irgendwie unpassend (Herrgott noch mal, Madison war sein Kumpel) und seltsam schön (und auf eine ihm bis dato unbekannte Art erregend).
Was hatte sie vor?
Es kam sogar so weit, dass sie sich an ihn klammerte. Zuerst dachte Sam, dass ihr kalt sei – die Klimaanlage des Kinos lief auf Hochtouren -, hatte sie sogar danach gefragt, aber dann passierte etwas, was alles mit einem Schlag veränderte.
Der Film wurde plötzlich unwichtig für Sam, der Ton immer leiser, das Gelächter seiner Freunde rückte in weite Ferne. Die Erde hörte auf sich zu drehen wie es schien, und den Mittelpunkt des Universums verkörperte dieses Mädchen neben ihm.
Und alles nur, weil Madison und Sam sich für eine Sekunde lang, die eine gefühlte Ewigkeit zu dauern schien und dennoch viel zu kurz
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