DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
meines Vaters untergebracht sind, weitab seiner politischen Ränke und seines Einflusses.
Da ich nicht an all den Schmerz erinnert werden möchte, den die junge Prinzessin in mir wachruft, verhärte ich mein Herz gegen sie, aber sie ist so klein und schwach und zauberhaft, dass ich am Ende doch nicht anders kann, als sie zu mögen. Ihre Stickerei liegt vergessen auf ihrem Schoß, und sie zupft an ihrem Mieder, als hätte sie Schwierigkeiten zu atmen. Um sie abzulenken, erbitte ich ein Stück scharlachroter Stickseide von der Herzogin, dann beschäftige ich meine Finger.
Mein Verhalten erregt sofort Isabeaus Aufmerksamkeit. »Was tut Ihr da, gnädiges Fräulein?« Sie reckt die Nase vor, um besser zu sehen.
»Ich mache eine Katzenwiege, ein Fadenspiel.« Einige weitere Drehungen meiner Finger und der rote Faden ist geformt wie die Tragkonstruktion einer Brücke. Das Gesicht der Prinzessin hellt sich auf und ihr Mund formt ein kleines, entzücktes O.
»Nehmt die Hände und greift dorthin, wo sich die Fäden an der Seite kreuzen«, fordere ich sie auf.
Sie sieht die Herzogin an, die ihr mit einem Nicken ihre Erlaubnis gibt, dann streckt sie je drei schlanke Finger aus und ergreift die Fadenkreuze.
»Habt Ihr sie?«, frage ich.
Sie blickt zu mir auf, dann wieder hinunter auf die Fäden. Sie nickt.
»Fasst fest zu, zieht die Fadenkreuze zur Seite und dann unter den anderen Fäden durch.«
Isabeau beißt sich vor lauter Konzentration auf die Lippen und tut wie geheißen. Sie ist unbeholfen und ungeschickt, aber als sie fertig ist, hat sie die Katzenwiege auf ihren beiden kleinen Händen, und ihr Gesicht rötet sich vor Triumph und Entzücken.
»Oh, gut gemacht«, murmelt die Herzogin.
Ich lächele Isabeau an, die zurücklächelt. Sie zupft nicht länger an ihrem Mieder und ihr Herz schlägt ein wenig stetiger. So war es auch bei Louise. Ihre Krankheit hat sie ängstlich gemacht, woraufhin es ihr noch schlechter ging. Es trifft mich mit der Wucht eines Schmiedehammers, dass es sehr gut möglich ist, dass ich Louise und Charlotte niemals wiedersehen werde. Nicht nachdem ich d’Albret verraten habe.
»Demoiselle?«, fragt die Herzogin und beugt sich mit besorgt gerunzelter Stirn vor. »Geht es Euch gut?«
»Ja, Euer Hoheit. Ich versuche nur, mich an einen weiteren Trick mit dem Garn zu erinnern.« Ich dränge alle Gedanken an meine Schwestern zurück in die kleine, enge Truhe tief in meinem Herzen, lege erneut Ketten darum und schließe fest ab.
Die nächste Stunde verbringe ich damit, Isabeau zu zeigen, wie man das Kunststück vollführt, während die Herzogin sich leise mit ihren Hofdamen unterhält. Unbeobachtet mustere ich jede von ihnen und versuche, sie einzuschätzen. Wie lange kennt die Herzogin sie schon? Wie loyal sind sie ihr gegenüber? Ich erkenne keine von ihnen aus Guérande wieder, was vermuten lässt, dass sie aus Rennes’ edlen Familien ausgesucht wurden. Bleibt zu hoffen, dass sie loyaler sind, als die anderen Gefolgsleute der Herzogin es gewesen sind.
Sie beobachten ihrerseits mich, ihre Blicke sind wie kleine, stechende Insekten. Ich kann nicht erkennen, ob sie es bloß aus Neugier tun oder ob in ihren Blicken Wissen und Tadel liegen.
Als es Zeit fürs Abendessen ist, legen die Damen ihre Stickerei beiseite. Isabeau darf heute an dem Mahl teilnehmen, denn die Herzogin hat einer Vorstellung von Minnesängern zugestimmt, von der sie denkt, dass sie ihrer kleinen Schwester gefallen wird.
Wir verlassen den Wintergarten, und die Herzogin betraut eine der anderen Damen damit, Isabeau zu begleiten, während sie selbst neben mir hergeht. Sie geht ziemlich langsam, und ich muss meinen Schritt anpassen, um sie nicht hinter mir zu lassen. Als niemand nahe genug ist, um uns zu hören, beugt sie sich leicht zu mir vor. »Demoiselle, Ihr sollt wissen, dass ich Euch für Euer Opfer dankbar bin, denn es ist nicht einfach, sich gegen seine Familie zu stellen, ganz gleich, wie gerechtfertigt Euer Tun sein mag. Ich möchte Euch außerdem wissen lassen, dass ich nicht an einem einzigen Wort zweifle, das Ihr uns erzählt habt. In der Tat, es passt perfekt zu dem, was mein gnädiger Herr Bruder und ich schon seit Langem denken. Es tut mir nur leid, dass Ihr dies am eigenen Leib erfahren musstet.« Mit diesen Worten drückt sie mir sanft den Arm, dann dreht sie sich um, um mit den Minnesängern zu reden und darüber zu sprechen, was sie von ihren Talenten gehört hat. Ich bekomme nichts mit von dem, was sie
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