Darkover 01 - Landung auf Darkover
groß genug sein, um uns beide samt Zelt aufzufressen! Bleiben wir also still und einfach liegen, bis es weggeht.«
»Das ist leichter gesagt als getan«, murmelte Camilla und prallte zurück, als der unheimliche Banshee-Schrei erneut heranwehte. Im beengten Raum des Zeltes kroch sie näher zu ihm heran. »Würdest… würdest du meine… Hand halten?« flüsterte sie sehr leise.
Er tastete in der Dunkelheit nach ihren Fingern. Sie fühlten sich kalt und steif an, und er begann sie sanft zwischen den seinen warmzureiben. Sie lehnte sich an ihn, und er beugte sich hinab und küßte sie sanft auf die Schläfe. »Hab’ keine Angst. Das Zelt besteht aus Plastik, und ich bezweifle, daß wir sonderlich eßbar riechen. Hoffen wir nur, daß sich dieses Etwas, die Banshee oder Todesfee, wenn du möchtest, bald ein hübsches Abendessen fängt und den Mund hält.«
Der heulende Schrei erklang wieder, dieses Mal jedoch weiter entfernt und ohne diese scheußliche, markerschütternde Eigenart. Er fühlte das Mädchen an seiner Schulter zusammensinken und schob sie sanft hinunter, bis ihr Kopf an seiner Brust ruhte. »Schlaf weiter«, sagte er sanft.
Ihr Flüstern war fast unhörbar. »Danke, Rafe.«
Als er am Klang ihres gleichmäßigen Atmens erkannte, daß sie wieder schlief, beugte er sich vor und küßte sie sanft. Dies ist eine verdammt schlechte Zeit, so etwas anzufangen, sagte er sich, ärgerlich über die eigenen Reaktionen. Sie hatten eine Aufgabe zu erledigen, und dabei gab es keinen Platz für persönliche Gefühle. Jedenfalls sollte es keine geben. Aber trotzdem dauerte es lange, bis er einschlief.
Am Morgen traten sie aus dem Zelt - und in eine verwandelte Umgebung hinaus. Der Himmel war klar und unbefleckt von Wolken oder Nebeln, und das winterfeste, farblose Gras am Boden war überraschenderweise mit schnell aufblühenden, sich schnell ausbreitenden bunten Blumen durchsetzt. MacAran war kein Biologe, aber er hatte Ähnliches in Wüsten und anderen unfruchtbaren Gebieten erlebt, und so wußte er, daß Orte mit extremen Klimata oft Lebensformen hervorbrachten, die aus den winzigsten günstigen Veränderungen von Temperatur oder Feuchtigkeit ihren Vorteil zogen - ganz gleich, wie kurz. Camilla war von den bunten, niedrig wachsenden Blumen und den bienenartigen Wesen, die dazwischen eifrig umhersummten, verzaubert, obwohl sie darauf achtete, sie nicht zu stören.
MacAran stand da und überblickte das vor ihnen ausgebreitete Land. Jenseits eines weiteren engen Tales, das von einem schmalen Bach mit eilends strömendem Wasser durchquert wurde, erhoben sich die letzten Hänge des hohen Gipfels, der ihr Ziel war.
»Mit ein bißchen Glück müßten wir heute abend in der Nähe des Gipfels sein, und morgen, genau zur Mittagszeit, können wir unsere Vermessungsergebnisse notieren. Du kennst die Theorie - zuerst die Triangulation der Entfernung zwischen unserem Standort und dem des Schiffes; dann die Berechnung des Schattenwinkels; und darauf basierend können wir die Größe des Planeten schätzen. Archimedes oder irgend jemand aus dieser Fakultät hat es auf die Erde angewandt, und das Tausende von Jahren, bevor die höhere Mathematik überhaupt erfunden worden ist. Und wenn es heute nacht nicht regnet, dann wirst du erstklassige Sichtungen vornehmen können.«
Sie lächelte. »Ist es nicht wunderbar, was selbst eine kleine Wetterveränderung bewirken kann? Wird der Aufstieg schwierig?«
»Ich glaube nicht. Von hier sieht es so aus, als könnten wir den Hang geradewegs hinaufmarschieren - offenbar liegt die Waldgrenze auf diesem Planeten höher als auf den meisten anderen Welten. Nahe dem Gipfel gibt es keine Bäume mehr - nur noch bloßen Fels, aber nur ein paar tausend Fuß unterhalb existiert noch Vegetation. Wir haben die Schneegrenze noch nicht erreicht.«
Auf den höheren Hängen fand MacAran trotz allem zu seinem alten Enthusiasmus zurück. Dies hier mochte zwar eine fremde Welt sein, aber dennoch… ein Berg erhob sich vor ihm und damit die Herausforderung eines Aufstiegs. In der Tat ein leichter Aufstieg, ohne Felsen oder Eisspalten, aber das gab ihm nur Gelegenheit, das Bergpanorama, die dünne, klare Luft zu genießen. Nur Camillas Gegenwart, das Wissen, daß sie die freien Höhen fürchtete, war es, was ihn überhaupt noch mit der Realität in Kontakt hielt. Er hatte erwartet, sich über die Notwendigkeit zu ärgern, einer Amateurin über leichte Strecken hinweghelfen zu müssen, die er selbst
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