Darkover 01 - Landung auf Darkover
gesellen, doch er lächelte nur, hauchte dem Mädchen einen Kuß entgegen und eilte wie ein junger Mann in den Wald.
Weit voraus sah er einen hellen Schimmer - einen Vogel? Einen nackten Körper? Er sollte niemals mehr erfahren, wie weit er rannte, wie lange er das hastige Pochen seines Herzens kaum spürte, wie lange er, in die herrliche Euphorie der Schmerzlosigkeit gehüllt, dem weißen Schimmer der fernen Gestalt - oder eines Vogels? - hinterherjagte und in einer Mischung aus Entsetzen und Qual ausrief: »Warte… warte… «
Der Gesang gellte und schien seinen gesamten Schädel und sein Herz auszufüllen. Sanft, ohne den geringsten Schmerz zu empfinden, stürzte er in das hohe süß duftende Gras. Das Singen dauerte an und an, und schließlich sah er ein hübsches Gesicht über sich schweben; lange, farblose Haare fielen tief in ihre Stirn, eine Stimme, zu lieblich, zu herzzerreißend süß, um menschlich sein zu können, sang weiter und weiter, und die Sonnenstrahlen, die schräg durch die Bäume einfielen, verwandelten ihr Haar in Silber, und als das Gesicht der Frau, süß und wahnsinnig, in seine sterbenden Augen eingeprägt war, tauchte er glücklich und freudig in die Finsternis hinunter…
Rafe stürmte mit heftig klopfendem Herzen durch den Wald, rutschte auf dem steilen Pfad aus und fiel. »Camilla!« rief er im Laufen. »Camilla!«
War was geschehen? Noch vor wenigen Minuten hatte sie friedlich in seinen Armen gelegen - und plötzlich war pures Entsetzen in ihr Gesicht geätzt gewesen, und sie hatte geschrien und etwas von Gesichtern auf den Höhen, Gesichtern in den Wolken, in weiten, offenen Räumen, gestammelt, von Gesichtern, die darauf lauerten, auf sie zu fallen und sie zu zermalmen -, und im nächsten Moment hatte sie sich von ihm losgerissen und war wild schreiend zwischen den Bäumen untergetaucht.
Die Bäume schienen vor seinen Augen zu wanken, sich zu heben und zu senken, lange Hexenklauen zu bilden und damit nach ihm zu greifen; sie wollten ihn in ihrem Gespinst verstricken, wollten ihn straucheln lassen und ihn der vollen Länge nach in jene Dornensträucher werfen, die an seinen Armen entlangkratzten und wie Feuer brannten. Ein Blitz von der Farbe des Schmerzes loderte in seinem Arm empor, und er verspürte ein wildes und jähes Grauen, als sich vor ihm ein unbekanntes Tier seine Bahn durch den Wald brach, eine wilde Panik… wirbelnde, schlagende Hufe, Hufe, die ihn zermalmten… Er warf die Arme um den Stamm eines Baumes und klammerte sich daran fest, und das Pochen seines Herzens trieb alles andere Denken aus. Die Baumrinde war weich und glatt, wie der Pelz eines Tieres. Er preßte sein erhitztes Gesicht dagegen. Gesichter beobachteten ihn aus den Bäumen heraus, Gesichter, Gesichter…
»Camilla«, murmelte er benommen, rutschte zu Boden und blieb besinnungslos liegen.
Auf den Höhen sammelten sich Wolken; Nebel begann aufzusteigen. Der Wind legte sich, und ein dünner, feiner Regen strömte vom Himmel und verwandelte sich langsam in Graupelschauer - zuerst auf den Höhen, dann im Tal. Die Blumen schlossen ihre Blütenkelche; die Bienen und Insekten suchten ihre Löcher in den Baumstämmen und im Unterholz auf, und die Blütenpollen sanken nach vollbrachtem Werk zu Boden…
Camilla erwachte benommen in düsterer Finsternis. Sie konnte sich an nichts von dem erinnern, was nach ihrem Davonlaufen geschehen war - nach diesem schreienden Loslaufen, in Panik wegen dieser Weite, die an die Weite des interstellaren Raumes erinnerte, nichts zwischen sich und den sich ausdehnenden Sternen… Nein. Das war Delirium gewesen. War alles Delirium gewesen? Konzentriert und forschend starrte sie in die Dunkelheit und wurde mit einem hellen Fleck belohnt - ein Höhlenausgang. Sie kroch darauf zu und zitterte vor plötzlicher Eiseskälte.
Sie trug nur ein dünnes Baumwollhemd und ebensolche Hosen, zerrissen und unordentlich - nein. Gott sei Dank - ihre Parka war mit den Ärmeln um ihren Hals gebunden. Rafe hatte das getan, als sie gemeinsam am Bachufer gelegen hatten.
Rafe. Wo war er? Und weil sie gerade daran herumgrübelte - wo war sie selbst? Wieviel von den wilden und wirren Träumen war echt gewesen und wieviel wahnsinnige Phantasie? Offenbar hatte sie Fieber bekommen - irgendeine heimtückische Krankheit. Dieser fürchterliche Planet! Dieser fürchterliche Ort! Wieviel Zeit mochte vergangen sein? Warum war sie allein… ? Wo waren ihre wissenschaftlichen Instrumente, wo ihr
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