Darkover 02 - Herrin der Stuerme
wir den Weg aus allen Sorgen heraus finden und wie eine Spielfigur sein, die es schafft, sich vom Brett zu lösen, ohne gefangen zu werden. Geh schlafen, Renata. Die Götter mögen verhüten, daß du die Last unserer Ängste und Sorgen sogar noch im Traum trägst.«
12
Als Allart sich an diesem Abend in der unteren Halle zu den Mitgliedern seines Kreises gesellte, war dort ein aufgeregtes Gespräch im Gange. Alle waren anwesend, nicht nur die sechs, mit denen er an diesem Morgen gearbeitet hatte. Er fing Renatas Blick auf. Sie war blaß vor Angst. Er fragte Barak, der am Rande der Gruppe stand: »Was ist los? Was ist passiert?«
»Wir haben Krieg. Die Ridenows haben mit Bogenschützen und Haftfeuer-Pfeilen einen Angriff auf Burg Hastur gestartet und belagern die Kilghard-Hügel mit Luftwagen. Jeder taugliche Mann der Hasturs und Aillards ist ausgerückt, um das in den Wäldern wütende Feuer zu bekämpfen oder die Burg zu verteidigen. Wir haben es von den Verstärkern in Neskaya erfahren. Arielle war in den Verstärkernetzen und hat gehört…«
»Alle Götter!« entfuhr es Allart. Cassandra erschien und blickte besorgt zu ihm auf.
»Wird Lord Damon-Rafael nach dir schicken, mein Gatte? Mußt du in den Krieg ziehen?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Allart. »Ich war lange im Kloster, und mein Bruder wird möglicherweise glauben, daß ich in Kriegsführung und Strategie zu wenig geübt bin. Vielleicht macht er einen seiner Friedensmänner zum Kommandanten.« Er schwieg nachdenklich. Wenn einer von uns gehen muß, ist es vielleicht besser, wenn ich es bin. Wenn ich nicht zurückkehre, wird Cassandra frei sein. Wir würden dann dieser hoffnungslosen Situation entkommen. Mit tränenerfülltem Blick sah Cassandra zu ihm auf, aber sein Gesicht blieb kalt und gefühllos. Er sagte: »Warum ruhst du nicht? Renata sagte, du seist krank. Solltest du nicht besser das Bett hüten?«
»Ich habe das Gerede über den Krieg gehört und Angst bekommen«, antwortete sie und versuchte, seine Hand zu nehmen. Allart zog sie behutsam zurück und wandte sich Coryn zu.
Der Bewahrer sagte: »Ich hielte es für besser, wenn du hierbliebst, Allart. Du besitzt die Kraft, die unsere Arbeit erleichtert. Zweifellos wird man uns bald auffordern, Haftfeuer herzustellen. Und da wir Renata verlieren werden …«
»Wird sie uns verlassen?«
Coryn nickte. »Sie ist in diesem Krieg neutral. Ihr Vater hat uns wissen lassen, daß sie mit einem Geleitschutz nach Hause geschickt werden soll. Er wünscht, daß sie den Kampfbereich sofort verläßt. Es tut mir immer leid, eine gute Überwacherin zu verlieren,« sagte er, »aber ich glaube, Cassandra wird nach einiger Übung ebenso geschickt sein. Die Überwachertätigkeit ist nicht schwer, aber Arielle ist als Technikerin besser. Glaubst du Renata, daß du genug Zeit hast, Cassandra in der Technik des Überwachens zu unterrichten, bevor du gehst?«
»Ich werde es versuchen«, sagte Renata, die gerade zu ihnen trat. »Solange ich kann, werde ich hierbleiben. Ich will den Turm nicht verlassen …« Sie warf Allart einen hilfesuchenden Blick zu. Er erinnerte sich daran, was sie ihm erst an diesem Morgen erzählt hatte.
»Mir würde es leid tun, dich gehen zu sehen, Cousine«, sagte er, und nahm ihre Hände sanft in die seinen.
»Ich würde lieber bei euch bleiben«, sagte Renata. »Wäre ich doch nur ein Mann und könnte frei wählen!«
»Ach, Renata«, erwiderte Allart, »auch uns steht es nicht frei, dem Krieg oder den Gefahren auszuweichen. Ich kann als Hastur-Fürst ebenso gegen meinen Willen in die Schlacht geschickt werden, wie der rangniedrigste Vasall meines Bruders.«
Sekundenlang standen sie mit verschränkten Händen, ohne zu sehen, daß Cassandras sie ansah und die Halle verließ. Schließlich gesellte sich Coryn wieder zu ihnen.
»Wie wir dich brauchen werden, Renata! Lord Damon-Rafael hat uns bereits beauftragt, einen neuen Vorrat an Haftfeuer anzulegen, und ich habe eine neue Waffe entwickelt, die ich unbedingt ausprobieren will.« Er nahm so unbefangen und vergnügt im Fensterbogen Platz, als entwickele er eine neue Sportart oder ein Gesellschaftsspiel. »Es ist eine Vorrichtung, die zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt. Sie ist auf eine Fallen-Matrix eingestellt und so gerichtet, daß sie nur einen bestimmten Feind tötet, dem es nichts nützt, wenn sich Friedensmänner schützend vor ihn werfen. Selbstverständlich ist es unerläßlich, ein Gedankenmuster des Opfers zur Hand zu haben,
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