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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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ihre Nerven. Vielleicht lag es daran, dass sie ihn wieder in Fleisch und Blut gesehen und seinen Worten gelauscht hatte. Nein, es war mehr als das. Etwas… etwas war geschehen.
    Himmlische Evanda und alle Gesegneten. Die Totenwache für Padrik.
    »Möge Zandrus kältester Fluch über ihn kommen!«, flüsterte Taniquel.
    Deslucido hatte unter dem Wahrheitsbann gelogen.
    Nein, das war nicht möglich. Und doch war es geschehen. Er hatte gelogen, fast nebenbei, und etwas gesagt, was das Gegenteil dessen war, was sich wirklich ereignet hatte. Es war ein so unbedeutendes Detail, dass es kaum zählte - so klein, dass er nicht auf seine Worte hatte achten müssen, und doch hatte er es gesagt. Das hellblaue Licht war nicht von seinem Gesicht verschwunden.
    Sie hatte ihn für verschlagen, gewissenlos und bereit gehalten, jeden Trick einzusetzen und seine Worte so zu verdrehen, dass sie seinen Zielen dienten, aber nicht mehr als jeder andere ehrgeizige kleine Lord. Die List vor den Toren Acostas, die rasche Machtergreifung und der Versuch, sie zur Heirat mit seinem Sohn zu zwingen, um sich einen rechtmäßigen Anspruch zu sichern - all das war zwar unangenehm, aber es waren Handlungen, die ein normaler Mensch im Krieg durchaus ergreifen mochte.
    Aber er hatte unter dem Wahrheitsbann gelogen.
    Ihr Onkel beging einen furchtbaren Fehler, wenn er meinte, Deslucido bändigen, ihn in den Comyn-Rat aufnehmen und ihren gemeinsamen Einfluss nutzen zu können, um ihn vom Einsatz der Laran-Waffen abzubringen. Wenn Deslucido einen Kniff gefunden hatte, sich durch Laran gegenüber dem Wahrheitsbann immun zu machen, konnte er ihnen alles versprechen und dann nach Belieben verfahren.
    Taniquels Knie wurden butterweich. Sie fing sich auf der Armlehne ab, Ihre Haut verwandelte sich in Eis, als wäre sie wieder in den Fluss gefallen.
    »Was hast du denn?«, rief Caitlin sichtlich aufgeschreckt. Sie eilte an Taniquels Seite. »Was ist geschehen? Fühlst du dich nicht wohl?«
    Taniquel öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, als vor der Tür Schritte erklangen und Rafael Hastur eintrat. Obwohl der Morgen mild war, wirbelte eine kühle Brise herein. Seine Augen waren verhangen und stürmisch, sein Mund verkniffen. Gerolamo schloss die Tür wieder hinter ihnen.
    Taniquel wünschte, sie hätte überhaupt kein Laran, weil sie schon wusste, was im Rat geschehen war. Sie folgte ihm mit ihrem Blick, als er zu dem Beistelltisch ging und sich einen Kelch Wein einschenkte, ohne Wasser hinzuzufügen. Er stürzte ihn in großen Schlucken hinunter, die einzigen Laute in dem stillen Zimmer.
    Die Luft ringsum waberte, aufgeladen mit einem Gefühl tödlicher Entschlossenheit. Sie hatte, ohne es zu merken, einen Schritt vollzogen, von dem es kein Zurück mehr gab. Dass es ihren und den Tod ihres Sohnes und den unzähliger Menschen, die sie nie kennen lernen würde, bedeuten konnte, spielte keine Rolle. Sie wollte unter Tränen aus dem Zimmer laufen, sich in den wintergrauen Bergen und der einsamen Schutzhütte verkriechen. Diese Erinnerungen mussten, wie die Träume anderer Unmöglichkeiten, geheim bleiben, unter Verschluss. Als Königin, als Comynara, als rechtschaffene Frau musste sie die Wahrheit sagen, egal wie hoch der Preis war.
    Wenn sie nur nicht gewusst hätte, was sie wusste… doch sie wusste es, und so blieb ihr keine andere Wahl als zu sprechen.
    »Onkel«, sagte sie mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte, »es gibt da etwas, was ich dir mitteilen muss, bevor du von der Entscheidung des Rates sprichst.«
    Sein Blick veränderte sich, als wappnete er sich gegen ein letztes, verzweifeltes Argument.
    »Damian Deslucido hat einen Weg gefunden, unter dem Wahrheitsbann zu lügen.«
    Es war heraus. Einfach, schmucklos. Tödlich.
    Sie sah, wie der Schock über Rafaels Miene huschte. Hinter ihm keuchte Gerolamo auf.
    »Rede keinen Unsinn, Kind«, rief Caitlin. Ihre sonst blassen Wangen waren puterrot.
    Mit finsterer Miene machte Rafael einen Schritt auf Taniquel zu. Einen Moment lang fürchtete sie, er könnte sie schlagen, so zornig wirkte er. Durch zusammengebissene Zähne sagte er: »Mit solchen Sachen treibt man keinen Scherz.«
    Er dachte, sie brächte unbegründete Anschuldigungen vor, um zu verhindern, dass man sie nach Acosta zurückschickte.
    »Sie weiß sicher nicht, was sie sagt«, warf Caitlin ein. Rasch erlangte sie ihre Fassung wieder, wandte sich zu Taniquel um und begann sie zu schelten wie ein kleines Kind. »Die Menschen sagen

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