Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
wie der Druck, der die Bö antrieb, nachließ. Noch einen Moment, dann hätte er die Luftströmung umgekehrt, und das tödliche Pulver würde wieder auf sein ursprüngliches Ziel zutreiben.
»DU DÄMON!«
Ein Schrei, so heiser, dass er kaum menschlich sein konnte, riss Rumail aus seiner Konzentration. Blinzelnd kehrte er in die materielle Welt zurück und sah einen Mann in Hastur-Farben auf sich zueilen. Der Mann stolperte, hielt das Gleichgewicht jedoch und hob die Arme. Sonnenstrahlen verfingen sich in seiner Hellebarde, die nach oben auf Rumails Bauch gerichtet war.
Ohne nachzudenken riss Rumail den Kopf des Mulis herum und drehte sich im Sattel. Etwas traf ihn an der Seite, ein schwerer Schlag wie der Tritt eines wilden Oudrakhi, der ihn stürzen ließ. Der Boden kam auf ihn zugerast und hämmerte ihm die Luft aus den Lungen. Ein gellender Schrei erhob sich über der brüllenden, wiehernden Masse.
Mit einem Kreischen äußerster Panik bäumte das Muli sich auf.
Rumail versuchte sich zur Seite zu wälzen. Sein Körper fühlte sich wie Blei an und reagierte nicht. Schwere Hiebe schmetterten auf ihn ein. Er wusste nicht zu sagen, ob das Muli ihn trat oder die vorbeilaufenden Männer. Er erhaschte das Bild vom Bauch des Mulis, als es über ihn hinwegsetzte. Er rollte sich zu einer Kugel zusammen und schlang schützend die Hände um den Kopf.
Jemand packte ihn unter den Achseln und zerrte ihn über den Boden. Steine durchbohrten seine Kleidung und schürften ihm die Haut ab. Die Schmerzen wichen, als hätten sie ein anderes Opfer gefunden. Ein Brüllen erfüllte seine Ohren.
Für einen langen Moment lag er reglos da und wappnete sich gegen den nächsten Tritt eines Hufes oder Stiefels, doch es kam keiner. Schmerz pulsierte in seiner Seite, in Höhe des unteren Rippenbogens, so plötzlich und intensiv, dass es ihm den Atem verschlug. Er streckte sich und versuchte sich aufzusetzen. Die geringste Bewegung steigerte seine Schmerzen. Vor ihm drehte sich alles, doch er sah, dass er am Fuß einer kleinen Felsanhöhe lag, außer Reichweite der Armee.
Behutsam betastete er mit der unverletzten Hand seine blutige Wunde.
Rumail legte sich nach hinten und schloss die Augen, sammelte seine Kraft. Er dankte allen Göttern zugleich, er hatte seinen Sternenstein noch. Die Kette war beim Sturz nicht gerissen. Ohne sich unnötig zu bewegen, hob er sie auf.
Er hatte nur eine sehr oberflächliche Ausbildung als Überwacher, denn ihm fehlte die Empathie, die erforderlich war, wenn man diese Arbeit wirklich gut machen wollte. Aber nun hing sein Leben von seinem Können ab.
Die Schmerzen würden eine Ablenkung darstellen, also musste er sich damit befassen, doch wenn er diesen Bereich betäubte, würde er nicht mehr feststellen können, welcher Art seine Verletzungen waren. Er lag ganz still, atmete nach und weit oben in der Brust.
Geh in den Schmerz hinein, sagte er sich. Verlier dich darin. Beweg dich durch ihn hindurch auf dein Ziel zu. Einen Moment lang erinnerte er sich an den starren Ausdruck auf Ginevras Gesicht, als sie das Leid des jungen Mädchens in sich aufnahm - wie war noch gleich ihr Name gewesen? Aber das spielte jetzt keine Rolle.
Er verstärkte den Griff um seinen Sternenstein und konzentrierte sich auf das zerrissene Gewebe - Haut, Muskeln, Kapillare, Nerven. Es würde lange dauern, bis er sie so weit wieder verschmolzen hatte, dass er die Reise fortsetzen konnte.
Das erste Teilchen Knochenwasser-Staub berührte ihn.
In Rumails Zustand erhöhter Wahrnehmung durch Laran brannte es wie Haftfeuer, obwohl es weder heiß noch ätzend war.
Verzweifelt errichtete er eine Energiebarriere zwischen sich und dem Teilchen und spürte, wie es durch die Abstoßungskraft wieder nach oben stieg. Er verlagerte sein Bewusstsein und spürte Tausende davon, vielleicht Millionen, die mit der Bö trieben.
Die Windbö, dachte er verbittert bei sich, die er nicht hatte aufhalten können. Er fragte sich, ob sein Tod ein angemessener Preis für sein Scheitern war.
Aber er hegte noch immer den tiefen Wunsch zu leben. Er hatte noch längst nicht alles erreicht, was er vollbringen wollte. Vielmehr hatte er gerade erst begonnen herauszufinden, worum es ihm ging. Irgendwie musste er eine Möglichkeit finden zu überleben.
Rumail zog die Knie an seine Brust, machte seinen Körper so klein wie möglich und benutzte das Laran, um zwischen sich und dem giftigen Staub einen Schutzschild zu erschaffen.
Als er in eine tiefe Trance
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