Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
versank, wurde ihm klar, dass er keine Kraft mehr hatte, um sich selbst zu heilen. Und ohne die Fähigkeit zu gehen, konnte er auch das verseuchte Gebiet nicht verlassen. Kein lebender Mann und keine lebende Frau vermochten ohne Hilfe eines Kreises und großer, künstlicher Matrix-Schirme zu teleportieren. Vielleicht würde er hier unentdeckt und ungestört liegen, eingesperrt hinter den Barrieren, die sein eigenes Bewusstsein errichtet hatte, während seine Lebensenergien schwanden und versickerten, Asche zu Asche.
Er saß in der Falle.
Irgendwo da draußen waren Hasturs Laranzuin, jene, die sich vor ihm abgeschirmt und die Umzingelung der Armee getarnt hatten. Wenn er sie nur erreichen könnte…
Die Feinde seines Bruders um Rettung anflehen?
Aber er musste überleben, er musste. Wenn nicht um seinetwillen, dann für die Vision, die er mit Damian teilte, und den noch erheblich größeren Traum, den er allein verfolgte.
Seine letzte bewusste Handlung bestand darin, sein mentales Gedankenmuster zu verschleiern, während er einen Hilfeschrei ausschickte…
29
Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, als ein Reiter in Hasturs Lager geprescht kam. Coryn hörte Rufe aus dem Zelt, das er sich mit einem jungen Offizier teilte. Er hatte eigentlich gar nicht mitkommen wollen, aber im letzten Moment zugestimmt, in der Hoffnung auf eine Chance, seinen Fall Rafael privat unterbreiten zu können. Sicher würde der König ihm beipflichten, dass unabhängig von der Rolle, die Laran-Waffen spielen konnten, die Türme selbst in die Sache nicht verwickelt werden durften.
Hier auf dem Schlachtfeld schien das alles durchaus nicht mehr so klar zu sein. Ihm war die Ernsthaftigkeit - oder die Verzweiflung -, mit der Männer ihre bewaffneten Auseinandersetzungen bestritten, nicht bewusst gewesen. Kein geistig gesunder König würde seine mächtigste Waffe einfach fortwerfen.
Gleichzeitig war Coryn davon überzeugt, dass weder König Rafael noch sein Gegner das Ausmaß der Kräfte, die ein Turm kontrollierte, wirklich begriff. Sie waren nie viele Meilen unter die Oberfläche getaucht, um kostbare Mineralien zu fördern, oder hatten Energie manipuliert, die winzigste Partikel zusammenband, und sie hatten auch nicht die gewaltigen magnetischen und elektrischen Felder des Planeten selbst berührt. Wenn Laran einen Luftwagen antreiben oder über Hunderte von Meilen hinweg Botschaften verschicken konnte, was war dann nicht noch alles möglich? Aber was immer Coryn auch sagen konnte, würde Rafael nur in dem Entschluss bestärken, in diesem oder einem anderen Krieg die Macht der Türme, die ihm zu Gebote stand, auch einzusetzen.
Coryn, der noch immer den richtigen Augenblick abwartete, fand die Wächtervögel interessant, da er nie gelernt hatte, mit ihnen umzugehen. Weder in Tramontana noch in Neskaya waren die Vögel, die der Obhut eines erfahrenen Falkners bedurften, eingesetzt worden. In diesem Fall war der Abrichter ein stämmiger Laranzu mittleren Altes namens Edric, der alle Fragen von Coryn mit einsilbigem Grunzen beantwortete und seine Laran-Barrieren so stark aufrechterhielt, dass Coryn vermutete, er fühle sich nur in der Gegenwart seiner Tiere wohl. Er war zusammen mit Lady Caitlin und dem dritten Arbeiter, einer jungen Frau namens Graciela, sowie dem Hauptteil der Armee zwei Tage vor ihm aufgebrochen.
Nun lockten das Gebrüll und der Hufschlag des Reiters alle, die im Lager geblieben waren, aus den Zelten. Der Reiter trug eine Offizierstunika in den Farben Hasturs, zerrissen und mit schweißdurchzogenen Staubplacken bedeckt. Das Pferd kam schlitternd zum Stehen. Seine Flanken pumpten wie Blasebälge. Schaum tropfte von der Schnauze und verschmierte die Stellen am Hals, an denen die Zügel gerieben hatten. Sein Mantel war so dunkel von Schweiß, dass er schwarz wirkte.
Der Reiter stolperte in den Kreis, der das Zentrum des Lagers bildete. Zwei von Rafaels persönlichen Wachen kamen herbeigelaufen, um ihn aufzufangen, sonst wäre er zweifellos gestürzt.
»Seid Ihr verletzt, Mann?«
Der Reiter schüttelte den Kopf. »Ich muss… den König… sprechen.«
»Die Schlacht - hat sich das Schicksal gegen uns gewendet?«
Der Reiter schüttelte nur erneut den Kopf und riss sich dann los, stolperte auf das Zelt des Königs zu. In diesem Moment erschien Rafael Hastur, schob die Zeltklappe zur Seite. Der rötliche Sonnenuntergang brach sich in dem einfachen Kupferreif um seine Stirn. Coryn spürte die Aura der Energie, die den
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