Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
müssen wir eingehender besprechen.«
Sie schritten den Pfad zurück, entfernten sich so weit, dass niemand mithören konnte.
»Du hast davon gesprochen, dass König Rafaels Männer Verdanta befreien werden«, sagte Petro, »und dafür werden wir euch alle dankbar sein. Doch was wird er als Gegenleistung fordern? Sollen wir als Preis für unsere Freiheit ein Vasallenstaat Hasturs werden?«
Coryn blieb stehen und holte tief Luft. Der Geruch und das Aussehen dieser Wälder riefen Erinnerungen in ihm wach. Es gab keinen anderen Ort, der so sehr nach Heimat schmeckte. Ihm ging durch den Sinn, dass er nach der Wiedereinsetzung seiner Familie auch wieder eine Heimat hätte, einen Ort, an den er stets zurückkehren konnte, einen Ort, den er nie mehr zu verlassen brauchte.
»Ich kann weder für Rafael Hastur noch für sonst jemanden sprechen«, sagte Coryn. »Ich weiß, dass er ein Mann starker Prinzipien ist. Ich habe noch nie erlebt, dass er ein Versprechen gebrochen oder sich gegen einen Freund gewendet hätte. Ich glaube ihm, wenn er sagt, er erwarte lediglich, dass die kampferprobten Männer, die verschont bleiben, sich ihm bei einem Angriff auf Acosta anschließen.«
»Ah, aber wie willst du das mit Sicherheit wissen?« Petros Augen funkelten. »Ist dir noch nicht der Gedanke gekommen, dass wir uns dann entblößen und für jeden ein leichtes Opfer werden? Oder hast du dich schon so gründlich auf seine Seite geschlagen, dass du die Gefahr nicht mehr erkennst? Bist du ein Schoßtier und Lakai dieses Tiefland-Königs geworden?«
»Ich diene dem Turm von Neskaya, und Neskaya gehorcht Hastur«, erwiderte Coryn mit ruhiger Würde. Er schaute dorthin zurück, wo Margarida und die Männer inmitten der Flecken aus Schatten und Sonnenlicht warteten. »Helft uns, in die Burg zu gelangen. Zusammen werden wir Deslucido vertreiben. Anschließend… «
»Anschließend werden wir freie Männer sein und niemandem verpflichtet«, sagte Petro mit Bitterkeit in der Stimme. »Du könntest diesen Männern natürlich auch befehlen, hier zu bleiben und unsere Verteidigung zu stärken.«
»Ich habe nicht die Befugnis, den Männern Befehle zu erteilen, die nicht mit ihrem Herrn zusammenhängen. Lass uns einstweilen gemeinsam kämpfen, Seite an Seite, wie Brüder es sollten, für Eddard und unsere Schwestern. Für Verdanta.«
»Für Verdanta.«
Petro unterteilte die Gruppen in kleinere Abteilungen, die alle einen anderen Weg zur Burg nahmen, alle mit einer anderen Aufgabe betraut. Als sie drinnen waren, überwältigten Rafaels Männer den Hauptmann der Wache und die fünf höchsten Offiziere von Ambervale und nahmen sie gefangen. Margarida führte eine kleinere Streitmacht zur Waffenkammer und zu den Ställen. Coryn begann in Begleitung der zwei Attentäter-Brüder und einem von Petros Männern die Familiengemächer zu durchsuchen. Sie beförderten rasch jeden in Schwarz und Weiß, dem sie begegneten und der sie herausforderte, ins Jenseits. Zwei ältere Diener erkannten Coryn und liefen davon, um die Kunde zu verbreiten.
Alarmrufe erklangen wie aus weiter Ferne. Coryn und die anderen bahnten sich einen Weg zur Zimmerflucht seines Vaters, die von vier bewaffneten Ambervale-Soldaten bewacht wurde.
Coryn hielt sich zurück und ließ Rafaels Männer ihre Arbeit tun.
Innerhalb weniger Augenblicke lagen zwei Soldaten tot und ein weiterer mit durchtrennten Kniesehnen am Boden; der letzte war verwundet geflohen. Coryn legte die Hand auf die Türklinke.
»Wer da? Was wollt Ihr?«, drang eine zittrige Stimme aus dem Inneren.
Die Tür schwang auf. Einer der Attentäter-Brüder hielt den Finger an die Lippen. Er schlüpfte durch die Öffnung, und sein Kamerad deckte ihn mit blitzendem Stahl.
»Wer ist da?«, erklang die Stimme erneut. Eine Männerstimme, alt und gebrechlich. Sie rief etwas in Coryns Erinnerung wach. Wilde Hoffnung flammte in ihm auf - sein Vater, lebte er noch? Waren die Berichte ein Scherz gewesen, ein Plan, um alle in die Irre zu führen und Verzweiflung zu säen? Nein, er hatte die schwarze Leere an der Stelle der Lebensenergie seines Vaters gespürt!
Coryn betrat das Zimmer. Es war leer. Die jetzt murmelnde Stimme kam aus dem hinteren Raum. Coryn stürmte nach vorn, an Rafaels Männern vorbei.
Weiß an Haar und Haut stand ein älterer Mann neben dem Bett, mitten im Schritt erstarrt. Betttücher umschlangen seine Hüften und bildeten eine Schleppe auf dem Boden. Zwei Diener, eine untersetzte Frau mittleren Alters
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