Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
in Acosta zu uns stößt.«
Als Coryn nach Thendara kam, um sich dafür einzusetzen, dass sein Turm Neutralität wahren konnte, hatte er alles Mögliche erwartet, aber sicher nicht die Gelegenheit, sein Heimatland zu befreien. Eddard, Margarida und Tessa wieder zu sehen - er sollte sich besser keine einfache, glückliche Wiedervereinigung vorstellen. Er wusste nicht, was Deslucido ihnen angetan hatte. Vielleicht würde Coryn sie nirgends finden können, oder sie hatten durch das, was sie erdulden mussten, tiefe Narben davongetragen. Er musste sich ebenso sehr auf Leid wie auf Freude gefasst machen.
»Wenn Ihr mich darum bittet, will ich es gern versuchen, obwohl ich keine Erfahrung darin habe, Soldaten zu führen«, sagte Coryn. »Die Verdanter würden mir aus Patriotismus und Familienloyalität sicher folgen, aber Eddard wäre die bessere Wahl, wenn er noch zur Führung fähig ist, oder sogar einer Eurer Leute. Mein Volk wird Euch als Befreier ansehen.« Er machte eine Pause.
»Ah, Ihr wünscht eine Gegenleistung?« Einen kurzen Moment lang verfinsterte sich Rafaels Stirn.
Coryn holte tief Luft. »Ich möchte Euch bitten, dass ich anschließend meinen Abschied nehmen und nach Neskaya zurückkehren darf. Majestät, ich bin kein Soldat. Ich bin nicht versiert im Umgang mit Waffen. Ich bin ein ausgebildeter Laranzu. Meine Mission, nämlich Euch zu bitten, dass unser Turm neutral bleiben darf, ist sichtlich unmöglich. Solange Deslucido Laran-Waffen besitzt und sie einzusetzen bereit ist, muss ihm mit gleicher Münze heimgezahlt werden. Ich kann Euch keinen größeren Dienst erweisen, als meine Arbeit dort fortzusetzen.«
Sie befanden sich ungefähr einen Tagesritt von Burg Verdanta entfernt und bewegten sich auf Wildpfaden durch den dichtesten Teil des Bergwalds, als Coryn sich bewusst wurde, dass sie nicht allein waren. Er fürchtete keinen Angriff, nicht bei dem Dutzend Leute, das König Rafael ihm an die Seite gestellt hatte. Nicht zum ersten Mal sah er den entschlossenen Blick der Männer; er kannte diesen Blick von Rafe, dem Einäugigen. Zwei der Männer, stumm und immer für sich wie Brüder, waren angeblich früher Attentäter in Aldaran gewesen, berühmt für ihre Tarnfähigkeiten und Zähigkeit. Einer von ihnen hob jetzt den Kopf, weil er die Veränderung im Wald ebenfalls spürte.
Coryn, der an der Spitze ritt, hob eine Hand und gab den Befehl zum Halten. Lange Zeit rührte sich nichts, nicht einmal das Klacken von Hufeisen auf Stein war zu hören, der Schwung eines rastlosen Schweifs, das Flüstern von Blättern in der sonnenerfüllten Brise. Nicht einmal ein Insekt summte, kein Vogel sang.
Zu still, zu lautlos.
Er berührte den Beutel an seinem Hals, in dem der Sternenstein steckte, spürte den harten Umriss des Kristalls und zog ihn heraus. Ein Sonnenstrahl brachte blauweiße Facetten zum Funkeln.
Er spürte, wie die Männer ringsum den Atem einsogen.
Laranzu! Hexer… Zauberer… Ja, so dachten sie von ihm, diese kampferprobten Männer.
Coryn tastete mit seinem Laran in immer größeren Kreisen die Umgebung ab. Lebewesen glühten wie irisierende Juwelen auf.
Sie warteten. Beobachteten. Ihre kleinen Herzen pochten. Eichhörnchen, Vögel, Baumkletterer, eine Schlange in ihrem Loch…
Menschen. Da - wo der Pfad zum Flussbett abfiel, breiter wurde und sich um den Felsvorsprung herumwand. Die Ecke war nicht einsehbar und die freie Stelle gleißend hell nach der Dunkelheit der von den Bäumen geworfenen Schatten.
Coryn bedeutete den Männern zurückzubleiben. Er spornte sein Pferd an, und das Tier trottete weiter, dann blieb es am Flussbett stehen. Er hatte die Positionen der Fremden deutlich vor Augen, ein halbes Dutzend insgesamt. Ihr Selbstvertrauen war von Verzweiflung geprägt.
Coryn holte tief Luft und sondierte noch tiefer. Diese Männer schienen keine gewöhnlichen Banditen zu sein, die sich sicher ein leichteres Opfer als einen Trupp bewaffneter Soldaten ausgesucht hätten. Der Geist der Wegelagerer fühlte sich seltsam vertraut an, doch sie befanden sich auf Verdanta-Land; vielleicht kannte er manche von ihnen. Der Anführer… ja, da hatte er ihn…
Erkennen durchzuckte Coryns Geist. Sein Pferd preschte auf sein Drängen hin vorwärts, platschte durch den Strom und das andere Ufer hinauf. Auf dem breiten Pfad zügelte er das Tier und blieb stehen.
»Petro! Petro, komm heraus!«
Langes Schweigen antwortete ihm. Dann wurde Gesträuch zur Seite gebogen, und ein Zweig knackte. Ein
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