Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
dampfenden Rundbroten und Fleischklöpsen in die Küche.
Rumails Kreuz schmerzte, als er sich aus dem Sattel schwang und die Zügel einem Diener in makelloser Livree übergab. Die jahrelange Arbeit in den Türmen hatte Raubbau mit seiner körperlichen Leistungsfähigkeit getrieben, und doch hätte er diesen Preis gern noch Tausende von Malen bezahlt. Sollten gewöhnliche Menschen ihn doch für einen Zauberer halten; ihr abergläubisches Entsetzen war eine bessere Behandlung, als er sie als verarmter Bastard jemals erfahren hatte. Sogar die Hochachtung, die man ihm als Gesandter seines Bruders, als Stimme des Königs, entgegenbrachte, verblasste im Vergleich mit dem berauschenden Gefühl der Macht, das seine eigenen Fähigkeiten in ihm hervorbrachten.
Der Coridom von Burg Ambervale hieß Rumail mit einer tiefen Verbeugung willkommen und geleitete ihn persönlich zu seinen Unterkünften, statt diese Aufgabe an einen Untergebenen zu delegieren. Nachdem er gebadet, sich rasiert und ein Festmahl aus gebratenem Truthahn mit Brombeerkompott und weichem weißem Brot zu sich genommen hatte, wurde Rumail bei seinem Bruder vorstellig.
Damian Deslucido, König von Ambervale und nun auch von Linn und morgen von Werweißwasnoch, saß in seinem geschnitzten Hochstuhl auf einem Podium und plauderte mit seinem Coridom und zwei Männern, die Rumail nicht kannte, die vermutlich aber dem niederen Adel angehörten. Dem Schnitt ihrer Westen und den geprägten Lederriemen an den Stiefeln nach stammten sie möglicherweise aus Linn. Leere Schwertscheiden hingen von ihren Gürteln.
»Euer Majestät«, sagte einer von ihnen, als Rumail sich näherte, »die Abgaben sind einfach zu hoch. Wir haben nicht genug Arbeiter, um die Ernte einzubringen. Seit Eurem… seit dem Krieg sind unsere Kornkammern nicht wieder gefüllt worden.«
»Darüber reden wir später. Wenn erst der Frieden gesichert ist, dürfen die satten Bäuche mit Sicherheit folgen.« Damian entließ den Mann mit einer Geste. Als der Coridom die beiden Männer aus dem Audienzsaal geleitete, ging Damian die Stufen des Podests hinab und umarmte seinen Bruder.
Wie schon viele Male zuvor, war Rumail erstaunt, was für ein einnehmendes und gleichzeitig unkompliziertes Wesen Damian hatte. Nicht unbedingt gut aussehend, strahlte er etwas aus, was tiefer reichte, etwas, das die Menschen anzog und sie mit seinen Visionen erfüllte. Man hätte es Charisma oder Glamour nennen können, obwohl diese Worte es nicht genau trafen, denn dann hätte Rumail sich mit seinem Laran davor schützen können.
Nein, es war etwas anderes. In Gegenwart seines Bruders schmolz jeder Unmut über seinen geringeren Rang dahin, und er überließ sich bereitwillig Damians Sache.
Und was für eine Sache das war? Ihr Vater, der unbetrauerte König Rakhal, hatte Ambervale halb zerfallen zurückgelassen, und das Volk darbte auf Liegenschaften, die keine Früchte mehr trugen, um für seine Spielschulden, seine Frauen und seine Suche nach dem Elixier des ewigen Lebens zu bezahlen. Das Nachbarreich Linn hatte schon viele der ertragreichsten Felder zwischen ihnen annektiert.
Nun hatte Linn sich Damian unterworfen, und die Bauern bestellten ihr Land ohne die Drohung durch Haftfeuer oder einer der anderen Teufeleien, die das vom Krieg zerrissene Zeitalter der Hundert Königreiche erfüllt hatte. Alles erblühte unter Damians goldener Sonne. Nur einige Unverbesserliche knurrten über die bewaffnete Streitmacht, die erforderlich war, um diesen Frieden zu bewahren.
»Also, Bruder, welche Neuigkeiten bringt Ihr mir aus Verdanta? War der alte Mann vernünftig?« Damian legte Rumail den Arm um die Schulter, da er nicht an die Etikette gebunden war, die den gelegentlichen körperlichen Kontakt unter Telepathen einschränkte, und schritt mit ihm durch die Halle zu den Privatunterkünften.
»Verdanta fügt sich Euren Bedingungen«, entgegnete Rumail, und sein Tonfall drückte den Respekt aus, den er seinem Lord schuldig war. »Ihr hattet Recht… «
Rumail stockte, als der junge Belisar auf sie zugestürmt kam.
Seine Stiefel polterten auf dem Steinboden zwischen den Streifen des kostbaren Ardcarran-Teppichs. Mit seinem rot angelaufenen Gesicht und seinem goldenen Haar sah Belisar jünger aus als sechzehn. Seine Augen strahlten hell und blau wie Sternensteine und brachten sicher das Herz jeder Maid zum Schmelzen, obwohl Rumail sich in solchen Belangen nicht gern ein Urteil erlaubte.
Seine eigenen Liaisons in Neskaya und
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