Darkover 05 - Zandrus Schmiede
ihre eigenen Gedanken in den uralten Rhythmen hoben und senkten. Als das letzte Echo verklang, erkannte er, dass sie ihn verlassen hatte. Er beugte sich über sie und drückte ihr die Lippen auf die Stirn. Sie sah friedlicher aus als je zuvor in ihrem Leben.
»Möge der Heilige Cristoforos, Träger der Lasten der Welt, deinen Geist stützen.« Vielleicht stimmten die Worte nicht, denn er wusste wenig über ihren Glauben, aber er sprach sie mit Ehrfurcht. Sicherlich würde ihr Gott es verstehen. Sicherlich würde ihr Gott sie und ihr ungeborenes Kind aufnehmen.
Geräusche vor der Tür rissen ihn in die Gegenwart zurück. Er musste den König, Rakhal und Lyondri informieren. Maura würde sich um die Kinder kümmern. Unterstützt von ihrer sanften Weisheit würde er eine Möglichkeit finden, es den Jungen zu sagen. Als Erstes jedoch nahm Carolin die Gebetsperlen aus Alianoras schlaffen Fingern. Er konnte sie dort nicht lassen, denn das würde ihr Geheimnis verraten. Die Perlen zu begraben oder zu zerstören war unmöglich, wäre ein Leugnen ihres gemeinsamen Lebens gewesen. Es gab jedoch einen Ort, an den er sie bringen konnte - ins Kloster des Heiligen Valentin vom Schnee in Nevarsin. Sie hatten ohnehin geplant, die Jungen dorthin zu schicken, wenn sie ein wenig älter waren, wie es mit Kindern aus Königsfamilien oft geschah, denn die Mönche boten eine hervorragende Erziehung und Ausbildung in Selbstdisziplin. Wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde er mit ihnen gehen und die Perlen mitnehmen.
Als er die Tür öffnete, um die Welt mit all ihren Sorgen und all ihrem Lärm hereinzulassen, dachte Carolin, dass Alianoras davoneilender Geist über ihm lächelte.
30
Ein Unwetter fegte über die Ebenen von Arilinn und begrub die Stadt unter Schnee. Wind heulte, und der Hagel drosch auf die Häuser ein. Hinter den Turmwänden sammelte sich die Gemeinschaft von Arilinn zum Feiern. Wärme und Licht füllten den Gemeinschaftsraum, und sie gingen nicht nur von dem gewaltigen Feuer aus, sondern auch von Laran-betriebenen Lampen und Heizgeräten. Einstmals hatte die ganze Stadt von dem blauweißen Licht geleuchtet, das die Kreise produzierten. Nun gab es nur noch genug für besondere Gelegenheiten, in der Verborgenen Stadt und im Turm selbst.
»Vielleicht wird einmal eine Zeit kommen, in der ganz Darkover solchen Luxus genießen kann«, sagte Varzil und trank den starken Acosta-Wein, den Carolin als Feiertagsgeschenk geschickt hatte. Der Jahrgang war dunkel und berauschend, erfüllt von subtilen, komplizierten Aromen.
Von Alianoras Tod und dem Verlust ihres Kinds zu erfahren, hatte diesem Geschenk eine gewisse Schmerzlichkeit verliehen. Carolin war auch dann noch großzügig, wenn er selbst trauerte. Aber Wein selbst war wie Leben - gewöhnliche Trauben, transformiert zu einem Zaubertrank, der alte Wunden heilte oder sie aufriss; er gewährte Freude ebenso wie Verzweiflung.
Felicia an Varzils Seite hob ihren Kelch. »Auf die neuen Zeiten, die uns bevorstehen. Auf Träume, die Wirklichkeit werden.«
»Lasst uns hoffen, dass es Träume von Frieden und Wohlstand sind«, sagte Cerriana. »Und keine anderen.«
Fidelis, der ihnen gegenübersaß, sagte: »Wünschen nicht alle Menschen ein Ende der Kämpfe?«
»Selbstverständlich«, erwiderte sie. »Es ist nur… nun, dies ist eine Zeit der Hoffnung und der Erneuerung, oder nicht? Dann lasst uns nicht von anderen Dingen sprechen, sonst wird es unseren Ängsten nur größere Macht verleihen.«
Varzils Stimmung, die wegen Felicias Nähe, dem bevorstehenden Jahresendritual und der Gesellschaft des Abends überschäumend gewesen war, verfinsterte sich. Es gab Nachrichten über Unruhen in der Stadt Hali, über eine Häufung illegaler Waffen, über Uneinigkeit zwischen den Hasturs und eine Intensivierung der Konflikte in den Kilgard-Hügeln.
Trotz seiner Trauer waren Carolins Briefe hoffnungsvoll gewesen, voller Vertrauen in die Fähigkeit ehrenhafter Männer zusammenzuarbeiten. Varzil betete, dass sein Freund sich nicht irrte.
Dann schob er den Gedanken von sich. Es würde noch Zeit genug sein, sich um solche Sorgen zu kümmern. Heute Abend würden alle, die im Turm lebten, den Jahreszeitenwechsel feiern.
Die Mahlzeit ging zu Ende, und der Tisch wurde beiseite gerückt, damit sie Platz zum Tanzen hatten. Barak und Lunilla, die ältesten Mitglieder der Gemeinschaft, griffen nach den Symbolen des alten Ritus. Barak hob ein Schwert - nicht das wirkliche Schwert des Aldones,
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