Darkover 05 - Zandrus Schmiede
ihm bereits ein paar neue Einsichten in sein eigenes Volk verschafft.
Carolin biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten, und stand auf. Sobald er das Eis auf dem Waschbecken gebrochen hatte, hatte er das Schlimmste hinter sich. Er zwang sich, sich richtig zu waschen. Wenn er schon sein Kältegefühl nicht beherrschen konnte wie die Mönche, würde er zumindest seine eigenen Taten kontrollieren und seine Morgenhygiene nicht beschleunigen.
Er zog sich sorgfältig an und nahm sich einen Moment Zeit, um den breiten Ledergürtel zurechtzurücken. Wie sein Wollhemd und die Hose war auch der Gürtel grau gefärbt. Darüber zog er den Tartan aus Hastur-Blau und Silber. Er lächelte, als er sich an den roten Gürtel erinnerte, um den er sich mit Orain geprügelt hatte, als sie beide noch Jungen gewesen waren.
Orain…
Er hatte in diesen letzten paar Zehntagen nicht an seinen Pflegebruder gedacht. Orain war in Hali, im Dienst von Lyondri.
Carolin ging hinunter zum Refektorium des Gästehauses, wo einer der Cristoforos-Brüder ihm einen Napf mit dampfendem Haferbrei reichte. Eine Schale mit Wildblumenhonig und ein Krug mit Sahne, eindeutig aus der gleichen Töpferei, standen mitten auf dem kahlen Holztisch, zusammen mit einer Schüssel mit frischen Äpfeln. Carolin dachte, dass kein großartiges Frühstück in Hali, serviert auf vergoldetem Porzellan und mit kostbarem Silberbesteck, je so befriedigend gewesen war.
Er blieb einen Augenblick auf einem Hof stehen, um seinen fellgefütterten Umhang zu schließen, und lauschte dem Chor, der in der nahe gelegenen Kapelle übte. Die Jungenstimmen erhoben sich ätherisch und beinahe anderweltlich über die der Mönche. Was für ein unkompliziertes Leben sie führten, eingeschränkt, vorgeschrieben… vorhersehbar.
Es gibt Vögel, die man nicht im Käfig halten kann, dachte er. Ohne die Freiheit des Himmels mit all seiner Unsicherheit und seinen Gefahren siechen sie dahin.
Carolin hatte erst ein paar Schritte zurückgelegt und kaum die grau ummauerten Straßen der Stadt erreicht, als ein Junge auf ihn zugerannt kam.
»Dom Carolin Hastur.« Eine Aussage, keine Frage.
Carolin erkannte den Jungen als einen der Novizen des Turms von Nevarsin. Er war der Sohn von Dom Valdrin Castamir von Hochgart. Die Kälte hatte ihm das Blut in die Wangen gepeitscht.
»Junger Derrek.« Carolin nickte freundlich und sah, wie der Junge vor Freude strahlte. »Was bringt dich an einem so kalten Morgen nach draußen?«
»Vai dom, man hat mich gebeten, Euch zum Turm zu bringen. Vor kurzem ist eine Botschaft durch die Relais gekommen. Aus Hali.«
Es ist also geschehen. Die Nachricht konnte nur eines bedeuten, dachte Carolin, als er Derrek Castamir durch den Irrgarten schmaler Straßen folgte. Hier standen die Steingebäude so eng beieinander, dass die Sonne einige schattige Ecken niemals erreichte.
Nachdem er das äußere Tor und die Halle des Turms hinter sich hatte, betrat Carolin eine Kammer, die dem Gemeinschaftsraum in Arilinn nicht unähnlich war. Wärme und Licht erfüllten den Raum, gingen sowohl von dem großzügigen Feuer als auch den Laran-betriebenen Leuchtkugeln aus.
Der Bewahrer des Turms von Nevarsin kam auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Seinen Zügen nach war er ein Alton. Er schien ein wenig zur Dicklichkeit zu neigen, war aber immer noch kräftig und in den besten Jahren. Carolin hatte ihn kurz nach seiner Ankunft in Nevarsin aufgesucht, aber seitdem nicht mehr gesehen.
Der Bewahrer zog Carolin beiseite. Sein sonst stets heiteres Gesicht war ernst. »Wir haben über die Relais eine Nachricht aus Hali erhalten.«
»Mein Onkel… König Felix… «
»Ist zu seinen berühmten Ahnen gegangen.«
Carolin senkte den Kopf und gestattete sich einen Augenblick des Schweigens. Das Chieri-Blut hatte den Hasturs viele Gaben gebracht, aber in diesem Fall hatte sich das lange Leben nicht als Geschenk erwiesen. Der Mann, König und Onkel, den Carolin als Kind geliebt hatte, hatte schon vor Jahren aufgehört zu existieren.
Und nun, nach so langem Warten, bin ich König. Aldones gewähre mir, dass ich mich des Amtes würdig erweise!
Das Ausmaß dessen, was vor ihm lag, wurde immer gewaltiger, wie ein Fluss bei Hochwasser. Die Beisetzung, die Krönung, die Etablierung eines eigenen Hofes, die Beziehungen zu den benachbarten Königreichen, das Beschwichtigen abweichender Stimmen, die Wiederbelebung des Hastur-Rats, um den Missbrauch von Laran-Waffen zu kontrollieren - und vor allem
Weitere Kostenlose Bücher