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Darkover 05 - Zandrus Schmiede

Titel: Darkover 05 - Zandrus Schmiede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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dieser Winter war der schlimmste gewesen, der ihm je untergekommen war. Die trüben Tage schienen kein Ende nehmen zu wollen, während eine wogende graue Wolkenbank der anderen folgte. Stürme machten es selbst in den Tiefländern unmöglich, dass Luftwagen flogen. Straßen und Felder erstarrten unter dem Eis, und das Vieh fröstelte in den Scheunen. Wölfe kamen heißhungrig aus den Wäldern herab, um die ganz Jungen und die ganz Alten zu reißen. Viele Babys erkrankten und starben.
    In Hestral gab es, wie in allen anderen Türmen innerhalb des Relais-Netzwerks, mehr als genug zu tun. Varzil war auch dankbar, sich nützlich machen zu können. Es gab viele kranke Menschen aus dem Dorf und der Umgebung, alle möglichen Fälle, von Erfrierungen über Lungenfieber bis zu Geisteskrankheiten. Manche Patienten konnten nicht gleich nach Hause geschickt werden, sondern brauchten eine gewisse Zeit der Erholung. Schließlich wandelte Loryn den Gemeinschaftsraum des Turms in ein Krankenzimmer um. In der Küche wurden immer öfter Arzneien hergestellt, sodass die Düfte verschiedener Kräuter und Tinkturen die Luft erfüllten.
    In viel zu vielen Nächten begab sich Varzil, wenn er eine lange Schicht beendet hatte und zu erschöpft war, um Schlaf zu finden, hinab in den Steinkeller. Nicht lange nach Mittwinter, als der Platz im Krankenzimmer für andere benötigt wurde, war Felicia auf Orannas Vorschlag hierher verlegt worden. Auf Loryns Geheiß hatte Oranna ein kleines Gitter geschaffen, dass das Stasisfeld ohne den ständigen Zustrom von Gedankenenergie aufrechterhalten konnte. Sie hatte es in Felicias Pritsche eingebaut.
    Eine weiße Decke reichte der Liegenden bis ans Kinn. Sie diente eher dem Trost derer, die sie liebten, denn obwohl der Keller fast so kalt war wie der Boden, in den er eingebettet war, nahm Felicia durch die Kälte keinen Schaden. Innerhalb des schwach schimmernden Feldes war sie vor jedem Zerfall geschützt. Die Zeit kroch für sie kaum wahrnehmbar dahin. Jahrhunderte mochten ohne das geringste Anzeichen einer Veränderung vergehen, abgesehen davon, dass sich langsam der Staub sammelte, dem es gelang, Teilchen für Teilchen durchs Energienetz zu sickern.
    In solchen Nächten hatte Varzil nicht mehr die Kraft zu weinen. Das Herz tat ihm weh wie eine alte Wunde. Er dachte an Soldaten, die Verletzungen in der Schlacht davongetragen hatten, Wunden, die noch Jahrzehnte, nachdem das Fleisch geheilt war, in der Erinnerung an den gewaltigen Schmerz pochten, und an Greise, deren geschwollene, arthritische Gelenke sie vor nahenden Stürmen warnten.
    Dann nahm er den Ring zwischen seine Hände und presste das schwache Leuchten an sein Herz. Manchmal schien ihm der Stein zu antworten; und ein Flüstern erfüllte seine Gedanken, lieblich wie die ersten Knospen im Frühling.
    Geliebter, ich bin hier…
    Aber irgendwann umfing ihn dann immer wieder die Dunkelheit. Dann konnte er die schreckliche Eiseskälte nicht mehr aushalten, schleppte sich ins Reich der Lebenden zurück, setzte sich in seinen Räumen neben das kleine Feuer und sammelte sich für die Arbeit des nächsten Tages.
     
    Wie alles fand auch dieser schreckliche Winter einmal ein Ende. Der Frühling kam zögernd, als wäre er sich nicht sicher, willkommen zu sein. Die Männer, die weiter durch die schlammigen Felder stapften oder zum blassen Himmel hinaufstarrten, hatten nicht mehr genug Kraft, um daran zu glauben. Langsam, Tag für Tag, durchstieß ein Grashalm nach dem anderen die Schneedecke. Eines Tages lagen die Felder bloß, gesäumt von den Skeletten der Bäume. Gegen Abend gesellte sich dem satten, feuchten Geruch der Erde der linde Duft junger Blätter und der ersten Blüten hinzu. Überall kauerten Vögel und schlugen mit den Schwingen. Nester entstanden, als sprossen Schösslinge einer neuen Baumart.
    Im Turm von Hestral verspürte Varzil Aufbruchstimmung. Hier und im Dorf unten lachten die Menschen, während sie die Arme reckten und ihre Gesichter der Sonne entgegenstreckten. Bauern sangen auf den Feldern. Das Vieh begann sich an dem neuen Gras satt zu essen.
    Sobald die Nachmittage warm genug waren, dass man die Fenster weit öffnen konnte, begann der Coridom systematisch einen Flügel des Turms nach dem anderen zu putzen und zu lüften. Die Zahl der Kranken im Krankenzimmer nahm ab, und der Gemeinschaftsraum wurde wieder seinem eigentlichen Verwendungszweck zugeführt. Varzil stieg zwar noch regelmäßig in den Steinkeller hinab, verbrachte dort

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