Darkover 06 - Die Flamme von Hali
versucht, diesem Mann Schaden zuzufügen?«
Dom Rodrigo fiel auf die Knie. Das einzige Geräusch, das er von sich gab, war unverständliches Stottern. »Ich… ich… « Das blaue Licht auf seinem Gesicht flackerte und erlosch.
Einen Augenblick lang senkte sich verblüfftes Schweigen über den Raum. Dann sprang Eduin auf. »Mylord, ich bitte Euch, erlaubt mir im Auftrag des gesegneten Sandoval eine oder zwei Fragen, bevor Ihr das Urteil sprecht.«
Romilla berührte den Arm ihres Vaters. »Ja, lass ihn sprechen. Wir wollen wissen, was Sandoval in dieser Sache wünscht, denn schließlich ist er es, in dessen Schuld ich stehe, und er war es, der von diesem verräterischen Schurken angegriffen wurde.«
Eduin beugte sich vor, bis sein Mund neben Saravios Ohr war. »Pass genau auf, was ich sage, und beobachte die Reaktion des Mannes. Denke daran, dass es Naotalbas Wunsch ist, dass alle Menschen sie lieben und freudig in ihren Dienst treten. Sie will nicht, dass ihre Diener unter ihren Feinden leiden.«
Saravio nickte. Eduin machte einen Schritt auf den auf den Knien liegenden Arzt zu und hob die Stimme nun, damit alle ihn klar hören konnten. » Dom Rodrigo, schieben wir einen Augenblick beiseite, ob Ihr allein gehandelt habt oder im Auftrag anderer. Stattdessen frage ich Euch im Auftrag des Mannes, den Ihr verletzen wolltet: Was wisst Ihr über Naotalba?«
Dom Rodrigo schaute nun nicht mehr schuldig drein, sondern verwirrt. Das blaue Licht des Wahrheitsbanns erschien abermals über seinen Zügen. »Naotalba? Ich - ich weiß nichts über sie. Ich habe nichts mit ihr zu tun. Warum auch? Sie existiert nicht einmal, nur in einer Geschichte, mit der man dumme Mädchen erschrecken kann.«
Eduin beugte sich wieder zu Saravio und tat so, als nähme er Anweisungen für die nächste Frage entgegen. »Hast du das gehört? Er streitet sogar ihre Existenz ab.«
Saravios Augen blitzten. Er biss die Zähne zusammen.
»Aber er ist kein Anführer«, fuhr Eduin fort. »Wir müssen herausfinden, wem er dient.«
Darin richtete er sich wieder auf und fragte so laut wie zuvor: »Was ist mit Varzil Ridenow? Kennt Ihr ihn ebenfalls nicht?«
»Selbstverständlich habe ich von ihm gehört! Ich bin schließlich kein Dummkopf.« Er gewann ein gewisses Maß an Fassung wieder und stand auf. Nun wurde das blaue Leuchten beständiger. »Varzil von Neskaya wurde im Turm von Arilinn ausgebildet und ist vielleicht der bemerkenswerteste Bewahrer der Gegenwart.«
»Ihr erkennt ihn also an? Ihr glaubt an ihn?« Während er diese Worte aussprach, spürte Eduin, wie von Saravio Angst und Zorn ausgingen. Romilla wich sichtlich zurück. Mhari erbleichte in ihrer Aura blauen Lichts.
»Was sind das für Fragen? Anders als die mythologische Gestalt, von der Ihr zuvor spracht, ist dieser Mann wirklich, ebenso wie das, was er erreicht hat. Zusammen mit Carolin Hastur hat er den Turm von Neskaya wieder erbaut. Nun ist er ein Botschafter ebendieses Königs Carolin, und er wird häufig als Mann des Friedens und der Gerechtigkeit gelobt. Viele nennen ihn Varzil den Guten.«
»Und Ihr? Bewundert Ihr ihn ebenfalls?«, hakte Eduin nach.
»Man ehrt ihn, wohin er auch geht.«
Wieder ging von Saravios Geist Zorn aus, diesmal heftiger, wie Säure auf nackte Haut. Die Höflinge murmelten und wurden unruhig. Mehrere Stimmen erhoben sich.
»Verräter!«
»Er hat uns verkauft!«
»Die Hasturs? Könnten sie dahinterstecken?«
Einer der wichtigsten Berater, ein älterer Mann mit würdevoller Haltung, trat vor. » Vai Dom , muss das hier weitergehen? Der Angeklagte hat bereits die Prüfung durch den Wahrheitsbann nicht bestanden.«
Lord Brynon lehnte sich ein wenig nach vorn. Der Wahrheitsbann ließ seine Züge karg und grimmig wirken. »Ich verstehe nicht, worum es Euch bei diesen Fragen geht.«
»Er hat uns noch nicht gesagt, wer ihn hierher geschickt hat, um Kirellas Hoffnung auf die Zukunft zu zerstören«, sagte Eduin. »Wir müssen die ganze Wahrheit wissen.«
»Varzil Ridenow?«, fragte der alte Ratsherr verblüfft. »Warum sollte er sich mit Aillard-Angelegenheiten abgeben? Ihr könnt doch nicht ernsthaft… «
»Still!«, schnitt Lord Brynon ihm das Wort ab. Er richtete sich auf wie ein Raubtier, das gleich zuschlagen will, und fragte: » Dom Rodrigo Halloran, habt Ihr Sandovals Essen vergiftet?«
Der Arzt stand da wie ein in die Enge getriebenes Tier.
Weitere Kostenlose Bücher