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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Hali erlebt hatte, schmollend zurück oder erging sich in Temperamentsausbrüchen, bei denen er seinen Eltern mitunter offen die Stirn bot. Rohanne hatte den Versuch nie aufgegeben, Dyannis zum Nähen und zum gemeinsamen Tratsch zu bewegen, zwei Dinge, die Dyannis verabscheute. Als Dyannis schließlich höflich aber bestimmt ablehnte, ärgerte das ihre Schwägerin.
   Harald erging es nicht besser. Am Tag vor dem Mittsommerfest kam Kunde aus Serrais, der Hauptstadt der Ridenows. Dom Eiric Ridenow hatte einen Präventivschlag gegen Asturias beschlossen und Harald befohlen, zwanzig Männer und Pferde zu schicken. Harald konnte sich das kaum leisten, und Dyannis sah, wie es ihn schmerzte, Männer, die er sein Leben lang gekannt hatte, in die Schlacht zu schicken. Deshalb hing, auch wenn die Haupthalle mit Blumengirlanden geschmückt war und die Tische sich unter Tabletts mit geröstetem Lamm, Geflügel und Sommerkürbissen bogen, unter Töpfen mit honigsüßem Obst und Körben voller Teigzöpfe, über allem ein düsterer Schatten.
   Während des Festmahls gerieten Harald und Lerrys beinahe aneinander, als der Knabe erklärte, er wolle sich den Kriegern anschließen. Harald entgegnete mit rotem Gesicht, dass das nicht in Frage käme.
   Lerrys starrte seinen Vater an. »Siann geht auch, und er ist nur ein Jahr älter als ich! Außerdem reitet er Socke!« Der alte Braune, der drei weiße Socken hatte und eine Blesse auf der Stirn, war als Kind sein Lieblingspferd gewesen.
   Rohanne schrie: »So etwas darfst du nicht sagen, Lerrys! Harald, verbiete es ihm! Er ist noch ein Kind!«
   »Er ist schon fast ein Mann«, entgegnete Harald, »aber er ist der Erbe von Sweetwater, und ich werde nicht unnötig sein Leben aufs Spiel setzen.«
   »Tante Dyannis!« Lerrys wandte sich an Dyannis, der Blick strahlend und flehentlich. »Sag ihm, dass ich es kann… Ich habe geübt… Ich bin so weit!«
   Dyannis schüttelte mit einem leisen, traurigen Seufzer den Kopf. »Lord Harald hat Recht, wenn er es dir verbietet, Chiyu . Keiner von uns - nicht du, nicht dein Freund Siann, nicht ich - sollte sich jemals solchen Schrecknissen stellen. Normale Schlachten sind schon furchtbar genug, aber sobald Haftfeuer und andere Laran -Waffen ins Spiel kommen, gibt es keine Ehre und keinen Ruhm mehr, nur noch den Tod.« Ihre Kehle schnürte sich zu, und sie konnte nicht weiterreden. Sie fragte sich, ob sich jene nicht glücklich schätzen konnten, die im ersten Kampf erschlagen wurden. Sie dachte an Francisco und die anderen Bewohner von Cedestri, an die geflüchteten Bauern und Soldaten, die sie in Hali verarztet hatte. Niemand, fand sie, sollte mit solchen Erinnerungen leben müssen, wie sie sie in den Gedanken der Überlebenden gesehen hatte.
   »Ihr seid alle gegen mich!«, schrie Lerrys und sprang vom Tisch auf. Rohanne wollte sich erheben, aber Harald hielt sie mit einer Geste zurück und sagte: »Lass ihn. Er wird darüber hinwegkommen, sobald sein Freund und die anderen aufgebrochen sind.«
   Rohanne starrte Dyannis an, als wäre die Rebellion des Knaben einzig und allein ihr Werk.
   Harald seufzte. »Letzten Endes werden wir wohl keine große Wahl haben, wenn der Krieg einmal tobt. Dom Eiric hat seine Söhne in die Schlacht geschickt, und wir müssen uns darauf gefasst machen, unser Zuhause zu verteidigen.«
   Danach war das Fest nicht mehr das gleiche. Niemand wollte mehr tanzen. Harald und Rohanne zogen sich früh zurück, damit jene Bediensteten, die gern weiterfeiern wollten, sich keinen Zwang antun mussten.
   Nach einer angemessenen Zeitspanne, in der sich die Gemüter beruhigt haben konnten, suchte Dyannis Lerrys auf. Sein Zimmer lag etwas weiter hinten im selben Gang wie ihres. Als sie anklopfte, hörte sie ein Schlurfen, das Klingen von Metall und den Deckel einer Truhe, die zugeschlagen wurde. Sie verhielt mit der Faust, die gerade wieder anklopfen wollte, lächelte und schüttelte den Kopf. Der Junge war dem jugendlichen Varzil sehr ähnlich.
   Lerrys öffnete die Tür einen Spaltweit. Eine einzelne Kerze auf einem Sims gegenüber erhellte das Zimmer.
   »So geht das nicht, weißt du?«, sagte sie.
   Lerrys zog die Brauen zusammen, ganz ähnlich seinem Vater, wenn er sich einer unangenehmen Situation stellen musste. Obwohl sie ihr Laran nicht eingesetzt hatte, um das geborgte Schwert, den Regenmantel und die übrige Ausrüstung am Grund der Truhe zu spüren, fing sie doch den unbedachten

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