Darkover 06 - Die Flamme von Hali
»Erzählt mir von Felicia«, sagte Dyannis. »Ich glaube, Ihr habt ihre Mutter gekannt, Königin Taniquel.«
»Tani? Du erinnerst mich an sie. Nicht das Haar, denn ihres war schwarz, weißt du, aber irgendwie durch die Art, wie du dich hältst. Nein, weit besser kannte ich Coryn, schon von seiner Kindheit an. Ich begleitete Liane Storn nach Tramontana - das war, bevor es bis auf die Grundmauern niederbrannte -, und ich weiß noch… Diese Klarheit der Stimme«, sie klopfte sich an die Schläfen. »Diese Kraft. Ich fand, alle in den Hellers müssten von diesem Ruf erwacht sein.« Lady Bronwyn verstummte, und ihre Augen wurden trübe, als sich ihr Blick nach innen wandte, einer Vergangenheit zu, die nur sie sehen konnte.
Behutsam sagte Dyannis: »Coryn half Taniquel, König Deslucido zu besiegen. Wisst Ihr etwas darüber?«
»Ich erinnere mich an Deslucido und die schrecklichen Dinge, die er tat, wie er die Türme gegeneinander aufbrachte.« Ein Schauder durchlief die Gestalt der alten Frau, selbst durch die Decken noch zu erkennen. »So viele begabte Leronyn verloren ihr Leben, und noch mehr lebten als Krüppel weiter. Bernardo, den ich wie einen Bruder liebte, konnte danach nicht mehr arbeiten. Sein Herz hatte schweren Schaden genommen, sagten die Heiler, aber ich glaube, die schlimmsten Schäden hatte nicht sein Körper genommen, sondern sein Lebensmut.«
»Könnte jemand aus dieser Familie, der von Deslucido, überlebt haben?«, fragte Dyannis und beugte sich vor.
»Ich glaube kaum. Rafael ließ Vater und Sohn nach der letzten Schlacht erhängen. Seltsam, so eine harte Maßnahme sieht ihm gar nicht ähnlich, nicht, da ihm schon der Sieg gewiss war, aber er muss wohl seine Gründe gehabt haben. Männer verhalten sich in der Schlacht nicht immer ehrenhaft. Und doch, was hätte er davon gehabt? Deslucidos Armee war aufgerieben, seine eroberten Gebiete waren in Aufruhr. Rafael war nie grausam gewesen und war es auch danach nie mehr. Es tat mir Leid, als er starb.«
»Ich dachte, es hätte einen Bruder gegeben, den Laranzu , der in der Schlacht, bei der die Türme zerstört wurden, den Befehl über Tramontana hatte.«
»Ach ja. Rumail. Er war ein Nedestro , hatte aber, soweit ich hörte, nie große Ambitionen auf den Thron. Hatte den Ruf, ein übler Genosse zu sein. Neskaya verbannte ihn wegen des unethischen Gebrauchs von Laran , und ich fürchte, diese Kränkung hat er ihnen nie verziehen.«
»Was wurde aus ihm?«
»Oh, er muss wohl umgekommen sein, als Tramontana brannte, denn er wurde nie mehr gesehen.« Lady Bronwyns Kopf kippte nach vorn, und der Leibdiener, der im Hintergrund gewartet hatte, trat vor.
»Sie bedarf jetzt der Ruhe.«
Dyannis verabschiedete sich und zog sich zurück, nicht ganz sicher, ob sie etwas Wertvolles erfahren hatte. Auch wenn es unwahrscheinlich erschien, musste Eduins Familie unter den wenigen gewesen sein, die den Deslucidos treu ergeben geblieben waren. Die Darstellung von Rafael Hastur und der legendären Taniquel als rachsüchtige Personen, die einen hilflosen, besiegten Widersacher meuchelten, bereitete ihr Kummer. Was immer Damian getan hatte, er war seiner Macht bereits beraubt gewesen. Er hätte in die Verbannung geschickt und sein Sohn als Geisel behalten werden können, wie es gemeinhin üblich war.
Warum sie beide töten? Was war so böse oder so gefährlich gewesen, dass sie hatten sterben müssen? Oder hatten Rafael und seine Nichte aus Bösartigkeit gehandelt und ihre Macht spielen lassen, weil es niemanden mehr gegeben hatte, der sich ihnen entgegenstellen konnte?
Dyannis hatte nicht viel über ihre Rückkehr zum Hali-Turm nachgedacht, wenn man von ihrer Sehnsucht absah, die geliebte Arbeit unter den Menschen wieder aufzunehmen, die ihre besten Freunde waren. Seit sie als junge Frau nach Hali gekommen war, hatte sie den Turm nie so lange allein gelassen. Der Turm und seine Gemeinde waren in ihren Gedanken unverändert geblieben, während ihr Leben seinen Verlauf genommen hatte. Rasch wurde ihr klar, dass ihre bloße Abwesenheit eine Veränderung herbeigeführt hatte. Sie wurde voller Wärme begrüßt, aber ihren Platz im Kreis hatten nun andere inne, in ihren Räumen lebten andere; Beziehungen hatten sich verändert, Arbeiten waren abgeschlossen worden, Nachrichten waren verschickt und empfangen worden.
Als Rorie eine Bemerkung machte, wie sehr sie sich verändert habe, zuckte sie mit den Achseln. Er fand,
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