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Darkover 10 - Die zerbrochene Kette

Titel: Darkover 10 - Die zerbrochene Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Vergangenheit zu erinnern noch an die Zukunft zu denken, sondern einfach jeden Augenblick zu genießen.
   Dennoch kam es vor, daß sie nachts in den Armen ihres Liebsten erwachte und es sie quälte, daß sie nicht mehr wußte, was sie tat, wer sie war und was auf ihn und auf sie zukam. Keine der tausend Ungewißheiten konnte zu einer Frage formuliert oder gar beantwortet werden. Dann klammerte sie sich verzweifelt an ihn und verlangte das eine, dessen sie sicher war, die eine Gewißheit, die sie teilten. Sie hatte aufgehört, vorsichtig zu sein. Warum sollte sie verheimlichen, was zwischen ihnen war? Natürlich mußte das den Eintritt der Krise beschleunigen, aber sie hatte das Gefühl, selbst das wäre eine Erlösung aus der schrecklichen Ungewißheit.
   Und dann hörte sie eines Nachts rings um die Türme das leise Tropfen des Regens und das Fließen des abtauenden Schnees. Die Frühjahrsschmelze hatte begonnen. Jetzt brach die Realität von neuem in ihre verzauberte Isolierung ein, und Jaelle hatte nicht die leiseste Ahnung, ob etwas davon bestehenbleiben würde. Sie wagte nicht einmal zu weinen, um Peter nicht zu wecken. Er hatte ihr ja nur einen Trost zu bieten, und es war angesichts des Unvermeidlichen kein Trost mehr.
   Als ich den Amazonen-Eid leistete, glaubte ich, kein Mann könne mich mehr versklaven. Und jetzt liege ich hier in Ketten, die ich selbst geschmiedet habe! Was kann ich tun? O gnädige Göttin, was soll ich tun?
   Als die Sonne aufging, rot und tropfend hinter Nebelbänken, hatte sie ihre Unruhe bezwungen und war imstande, gleichmütig über ihre bevorstehende Abreise zu sprechen. »Ich muß mir die Haare schneiden. Sie sind hier zu lang geworden.«
   Peter ließ die Hand durch die seidigen Strähnen gleiten, die ihr schon bis auf die Schulterblätter fielen. »Mußt du? Sie sind so schön.«
   »Nichts in dem Eid zwingt mich dazu«, räumte sie ein. »Es ist ein Brauch, mehr nicht. Wenn wir mit Männern zusammen arbeiten, wollen wir zeigen, daß es nicht unsere Absicht ist, sie mit weiblichen Listen zu verführen.«
   Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. »Dann müssen wir uns trennen, mein Herz? Ich weiß, du hast gelobt, nicht zu heiraten, aber - gibt es keine, gar keine Möglichkeit, daß du bei mir bleiben kannst? Ich bringe es nicht über mich, dich gehen zu lassen. Willst du mich wirklich so bald schon verlassen?«
   Mit hämmerndem Herzen erwiderte sie: »Ich kann eine Zeitlang als Freipartnerin mit dir leben, wenn du es möchtest.«
   »Jaelle, Geliebte, brauchst du zu fragen, ob ich es möchte?« Er drückte sie so fest an sich, daß es weh tat, und beinahe begrüßte sie den Schmerz.
   Traurig dachte sie: Ist es so weit mit mir gekommen?
   »Schneide dein Haar nicht«, bat er, ihren Nacken streichelnd, und sie lächelte und seufzte.
   »Dann werde ich es nicht tun.«
   Er wußte es nicht, und Jaelle dachte nicht daran, ihn aufzuklären, daß Freie Amazonen, die sich entschlossen, eine Zeitlang als Freipartnerin mit einem Mann zu leben, ihr Haar im allgemeinen nicht schnitten. Kurzes Haar war bei ihnen ein Symbol, daß sie sich der Einsamkeit ergeben hatten.
   Jaelle war vor ihm fertig angezogen. Da sie immer darauf geachtet hatten, getrennt nach unten zu gehen, machte sie sich auf den Weg in das kleine Frühstückszimmer. Heller Sonnenschein flutete durch die Bogenfenster. Zu jeder anderen Zeit hätte Jaelle sich nach den vielen dunklen Tagen darüber gefreut. Jetzt bedeutete das gute Wetter nur das Ende einer Zeit, die nie wiederkommen würde. Auch wenn sie mit Peter zusammenblieb, waren sie nie mehr so völlig isoliert, so ganz auf sich selbst beschränkt. Die Außenwelt würde sich mit neuer Arbeit, neuen Aufgaben eindrängen, und sie trauerte über das Ende ihrer kurzen Flitterwochen.
   Eine Hand faßte ihren Arm. Im ersten Augenblick dachte sie, Peter sei ihr nachgeeilt, und lächelte. Aber das Lächeln verschwand, als sie die sechs Finger an dieser Hand erkannte und gleichzeitig die Stimme ihres Cousins Kyril hörte. So ähnlich und so verschieden…
   »Allein, chiya! Hast du Streit mit dem gemeinen Mann, der dein Liebhaber ist? Wäre ich nicht ein annehmbarer Stellvertreter, um dich zu trösten? Oder hast du ihn genommen, weil du es bereust, mich verschmäht zu haben, als wir beide noch jünger waren?«
   Sie pflückte seine Hand von ihrem Arm, als sei sie ein kriechendes Insekt. »Cousin, wir alle werden bald

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