Darkover 10 - Die zerbrochene Kette
Tochter. Bis dahin wünsche ich dir alles Gute.«
Magda war so überrascht, daß sie kaum fähig war zu sprechen. Sie stammelte ein paar Worte des Dankes. Rohana wehrte freundlich ab, rief ihre Anstandsdame und den schwitzenden Gardisten und ging.
Mit Magda allein gelassen, explodierte Montray: »Also, was halten Sie denn davon?«
»Ich denke, die arme Frau ängstigt sich um ihren Sohn zu Tode.«
»Beinahe so, wie Sie sich um Haldane ängstigen, wie?«
»Sehr viel mehr. Peter ist ein erwachsener Mann und kann auf sich selbst aufpassen. Warum sollte ich…«
»Verdammt will ich sein, wenn ich wüßte, warum Sie es sollten , aber Sie tun es«, behauptete Montray. »Und ich nehme an, auch ihr Sohn ist ein erwachsener Mann. Aber auf einer verdammten Feudalwelt wie dieser, wo das Ausfechten von Duellen die populärste Sportart ist, muß man sich wohl um einen Mann Sorgen machen, der nicht nach Hause gekommen ist.«
»Feudalwelt ist kaum die richtige Beschreibung für…«
»Okay, okay, Magda, Sie sind Expertin für all die kleinen Nuancen und Feinheiten; ich bin es nicht, ich will es gar nicht sein. Ich wünsche mir nur, von diesem verdammten Planeten wegzukommen. Sie können meinen Job jederzeit haben, sobald ich meine Versetzung durchdrücken kann - oder vielmehr, von mir aus könnten Sie ihn haben, nur wird man ihn auf einer Welt wie dieser einer Frau nicht geben. Ich könnte mir vorstellen, daß auch Sie gern anderswo arbeiteten. Aber Tatsache ist: Ich habe das meiste von dem, was die Lady Ihnen sagte, verstanden. Es sieht ganz so aus, als hätten Sie einen nützlichen Kontakt hergestellt. Für eine Frau ist es auf dieser Welt nicht leicht, etwas Vernünftiges zu tun. Wenn Sie jedoch einen Draht zu jemandem auf der obersten Ebene, bei den Comyn haben…«
Magda hatte im Augenblick keine Lust, diesen Punkt zu ventilieren. Ziemlich gereizt erinnerte sie Montray daran, daß sie in ihrer Freizeit hergekommen war. Er sagte ihr, sie solle einen Beleg für Überstundenbezahlung einreichen, und entließ sie.
Wieder in ihrem eigenen Zimmer, dachte Magda über Montrays Worte nach. Rohana hatte anfangs förmlich mit ihr gesprochen, und wenn sie »mein Kind« sagte, so benutzte sie die Form, mit der sie eine Dienerin oder eine im Rang unter ihr stehende Frau angeredet hätte - oder jemanden wie eine Dolmetscherin. Aber zum Schluß hatte sie Magda im intimen Modus »meine Tochter« genannt, als sei sie eine junge Frau ihrer eigenen Kaste. War das nur eine Freundlichkeit gewesen, die nichts weiter zu bedeuten hatte?
Draußen war aus dem Schneefall ein schwerer Graupelschauer geworden. Magda trat ans Fenster, zog die Vorhänge zurück und blickte durch die schalldichten Doppelscheiben hinaus in das stumme Toben des Sturms.
Du bist irgendwo da draußen, Peter , dachte sie. Was treibst du? Wenn es wirklich so etwas wie übersinnliche Wahrnehmung gibt, sollte ich imstande sein, dich irgendwie zu erreichen. Verdammt noch mal, Peter, komm nach Hause, ich mach’ mir Sorgen!
Sie dachte: Wie würde Peter über mich lachen! Er ist bestimmt auf irgendeine obskure Spur gestoßen und folgt ihr nun . Magda wußte, daß sie eine gute Agentin war und daß Peter als genial galt. Eine Frau konnte auf einem Planeten wie Darkover im Nachrichtendienst nicht viel tun, denn strenge Moralvorschriften und Tabus beschränkten sie auf ein bestimmtes Verhalten. Anderswo, auf weniger patriarchalischen Planeten, wo Männer und Frauen gleichberechtigt waren, hätte Magda mehr Spielraum für ihre Talent gehabt. Aber Darkover ist meine Heimat…
In den angespannten Wochen vor dem endgültigen Zusammenbruch ihrer Ehe hatte Peter ihr in einer scheußlichen Szene vorgeworfen, sie sei eifersüchtig, weil ihm hier auf Darkover wichtigere Aufgaben anvertraut wurden als ihr. Und das stimmte natürlich…
Oh, Peter, komm nach Hause! Ich mache mir Sorgen . Obwohl sie sich dumm dabei vorkam, konzentrierte sich Magda - wie sie es im New-Rhine-Rakakowski-Institut auf Terra getan hatte, um mit den ESP-Karten ein signifikant besseres als ein Zufallsergebnis zu erzielen - und versuchte, eine Botschaft hinauszusenden. Peter, Peter, wir alle machen uns Sorgen. Gib uns wenigstens Nachricht, daß du in Sicherheit bist .
Sie spürte nichts von einem Kontakt; schließlich gab sie es erschöpft auf und ging zu Bett.
In der Nacht träumte sie von Peter Haldane, aber er lachte sie aus.
7
Das Jahr
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