Darkover 18 - Hasturs Erbe
der Treppe zu ihrem Turm verlassen, doch sie umklammerte fest meine Hand.
»Bitte, Lew. Bleib bei mir. Wie neulich.«
Ich wollte schon zustimmen, dann merkte ich etwas anderes.
Ich traute mir nicht.
Ob es der kurze körperliche Kontakt zu Thyra gewesen war oder die Aufregung durch den Streit oder die alten Lieder und Balladen. Ich vertraute mir nicht!
Selbst jetzt bedurfte es all meiner schmerzhaft erworbenen Disziplin, wirklich aller , mich zurückzuhalten, um sie nicht in die Arme zu schließen, sie wild zu küssen, die Treppe hinaufzutragen in jenes Zimmer, zu dem Bett, das wir so keusch miteinander geteilt hatten…
Genau hier hielt ich mich zurück. Aber unser Kontakt war enorm intensiv. Sie hatte jenes Bewußtsein in mir gesehen, gefühlt, geteilt. Sie errötete, wandte jedoch die Augen nicht ab. Schließlich sagte sie ruhig: »Du hast gesagt, wenn wir wie jetzt arbeiten, könne nichts passieren, das mich verletzten oder… in Gefahr bringen könnte.«
Erstaunt schüttelte ich den Kopf. »Ich verstehe es auch nicht, Marjorie. Normalerweise, in diesem Zustand… « - und hier lachte ich, es war ein kurzer, freudloser Ton - »… könnten du und ich nackt nebeneinander liegen und wie Brüder oder unschuldige Kinder schlafen. Ich weiß nicht, was geschehen ist, Marjorie, aber ich wage es nicht. Götter!« Ich schrie sie fast an. »Glaubst du nicht, daß ich dich will ?«
Jetzt blickte sie einmal kurz beiseite. Flüsternd sagte sie: »Kadarin sagt, es ist nur ein Aberglaube. Ich… ich nehme das Risiko auf mich, wenn du zustimmst.«
Jetzt war ich wirklich beschämt. Eigentlich war ich disziplinierter. Ich holte tief Luft und löste die Hände vom Treppengeländer. »Nein, Liebes. Vielleicht kann ich herausfinden, was hier falsch ist. Aber ich muß allein sein.«
Ich hörte ihr Flehen, nicht durch Worte, sondern direkt in meine Gedanken, in mein Herz hinein: Verlaß mich nicht! Laß mich nicht allein, Lew… Abrupt brach ich den Kontakt ab, schloß sie aus. Es tat schrecklich weh, aber ich wußte, wenn ich es weiter anhörte, würde ich sie nicht verlassen können, und ich wußte auch, wie es enden würde. Und ihre Disziplin gewann wieder die Oberhand. Sie schloß die Augen und holte tief Luft. Ich sah jenen merkwürdigen Blick mit einer Mischung aus Distanz, Zurückziehen und Isolation über ihre Züge gleiten. Der Blick Callinas am Abend des Festes. Der Blick, den ich so oft auf Jannas Gesicht gesehen hatte in meinem letzten Jahr auf dem Arilinn. Sie hatte gewußt, daß ich sie liebte, sie begehrte. Es schmerzte, aber ich fühlte mich auch erleichtert. Marjorie sagte ruhig: »Ich verstehe, Lew. Geh schlafen, mein Liebling.« Sie wandte sich um und ging die lange Treppe hinauf. Und ich ging blind vor Schmerz fort.
Ich kam an der geschlossenen Tür vorbei, hinter der man Regis und Danilo untergebracht hatte. Ich wußte, ich sollte mit Regis reden. Er war krank und erschöpft. Doch mein eigenes Elend ließ mich vor dieser Aufgabe zurückweichen. Er hatte mir deutlich zu erkennen gegeben, daß er meine Sorgen nicht wollte. Er war wieder mit seinem Freund zusammen. Warum sollte ich die beiden stören? Er würde auch schon schlafen, hoffte ich, sich nach dieser entsetzlichen Reise allein durch die Hellers ausruhen.
Ich ging in mein Zimmer und warf mich, ohne mich auszukleiden, aufs Bett.
Irgend etwas lief falsch. Irgend etwas lief entsetzlich falsch.
Ich hatte eine derartige Unterbrechung einmal gespürt, eine Schlange aus Wut, Lust, Raserei und Zerstörung, die sich in uns allen erhob. So sollte es nicht sein. Es konnte nicht so sein!
Normalerweise ließ die Arbeit mit der Matrix die Teilnehmer erschöpft, ausgelaugt, ohne jegliche Energien für heftige Gefühle zurück. Außerdem hatte ich mich bereits daran gewöhnt, daß für so etwas wie Sexualität nichts übrigblieb. So war es diesmal nicht.
Zuerst war ich auf Thyra wütend gewesen, nicht erregt von ihr. Ich war wütend, als sie offensichtlich Marjorie verspottete, und dann plötzlich hatte mich mein Trieb so überwältigt, daß ich sie leicht nehmen, ihr die Kleider vom Leib reißen und sie vor dem Feuer hätte lieben können!
Und Marjorie. Eine Bewahrerin. Ich sollte nicht einmal fähig sein, so über sie zu denken. Und dennoch hatte ich es getan. Ich sehnte mich immer noch schmerzlich nach ihr. Weinte sie jetzt allein in ihrem Zimmer, weinte die Tränen, die sie aus Stolz vor
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