Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer
Anomalien der inneren Struktur und die unverkennbaren Gehirnwellen. Bei den Genitalien waren zwar die wesentlichen Teile beider Geschlechter in rudimentärer Form vorhanden (wie es natürlich auch bei menschlichen Embryos der Fall ist), aber die männlichen waren nahezu verkümmert. Es mußte zumindest minimale geschlechtliche Unterschiede bei den Chieri geben. Missy hat jede Frage, die wir ihr stellten, mit einer Lüge beantwortet. Warum? Wenn sie nicht daran gewöhnt ist, unter Telepathen zu sein, weiß sie dann überhaupt, daß wir wissen, daß sie gelogen hat? Vielleicht wird sie mit der Wahrheit herausrücken, sobald sie Vertrauen zu uns gefaßt hat. Sie sieht jünger aus als vierundzwanzig; ich hätte sie auf etwa vierzehn geschätzt. Zähne - nun, sie hat zweiundzwanzig, was etwas zu bedeuten haben mag oder auch nicht, und vier sind noch nicht durchgebrochen, wohingegen Keral vierundzwanzig hat. Heißt das, daß sie jünger ist als er?
Kerals Karte. Ähnlicher Bau. Ich wünschte, ich beherrschte seine Sprache! Ich glaube, sogar Regis ist im Gespräch mit ihm durch die Sprachbarriere behindert. Das wäre ein wirklich wichtiges Anwendungsgebiet für die Telepathie!
Wenn er an Keral dachte, stieg seit jenem Augenblick des Rapports ein Gefühl der Wärme in ihm auf. Er unterdrückte es und zwang sich zu wissenschaftlicher Objektivität. Äußerlich wirkte Keral mehr männlich als weiblich. Die Fluoroskopie zeigte unentwickelte, aber durchaus vorhandene und vielleicht sogar funktionierende weibliche Organe. Doch Jason und David hatten ihn beide, als sie ihn nackt sahen, für männlich gehalten, bis das Fluoroskop sie eines Besseren belehrte. Warum störten ihn unsere Fragen über sexuelle Dinge? Bei seiner Intelligenz und dem Mangel an Nacktheit-Tabus verstehe ich das nicht.
David steckte die beiden Karten wieder in seine Mappe. Conner kam mit einem vollen Tablett quer durch die Cafeteria auf ihn zu. Das dunkle Gesicht wirkte traurig, geistesabwesend und einsam, hellte sich jedoch ein bißchen auf, als er vor Davids Tisch stehenblieb.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Ja, gern.« David machte Platz. »Zurück aus der Stadt? Wie ist sie?«
»Faszinierend, obwohl ich in der Galaxis schon merkwürdigere gesehen habe.«
»Seid ihr alle zurückgekommen? Rondo, Missy… .«
»Nein, die anderen wollten noch bleiben«, antwortete Conner. »Offenbar ertragen sie Menschenmengen besser als ich. Regis behauptet, ich könne lernen, meine - ESP-Sensoren, so nannte er das wohl, abzuschirmen und es auszuhalten. Er räumte jedoch ein, glücklich würde ich mich im Gedränge wahrscheinlich nie fühlen. Vermutlich ist das eine Folge davon, daß - wir sind, was wir sind.«
»Wie haben Sie herausgefunden, was Sie sind?« erkundigte David sich. Conner zuckte so deutlich zusammen, daß er schnell hinzusetzte: »Lassen Sie nur. Vergessen Sie, daß ich gefragt habe.«
»Eines Tages. Wenn ich - mehr Objektivität gewonnen habe«, sagte Conner. »Es ist angenehm, nicht der einzige Telepath weit und breit zu sein, nur muß man sich erst daran gewöhnen.«
Sie aßen in freundschaftlichem Schweigen. Allerdings war David unbehaglich im Gedanken daran, welche Aufgabe noch vor ihm lag. Wie, zum Teufel, teilte man einem nahezu Fremden mit, daß man unbeabsichtigt den Voyeur bei einem Erlebnis gespielt hatte, das diesem Fremden offenbar sehr viel bedeutete? Verdammt, daß Regis es auf mich abgeschoben hat! Es wäre einfacher, wenn ich Missy sympathisch fände oder ihr vertrauen könnte, aber in anbetracht dessen, daß alles, was sie zu Jason oder mir gesagt hat, Lüge war, ist sie mir unangenehm.
Und je besser ich Conner kennenlerne, desto weniger wohl ist mir in meiner Haut. Sie kann kein Interesse an ihm als Mensch haben. Er ist zu - zu anständig. Zu nett. Beziehungsweise muß er so gewesen sein, bevor er diesen Unfall hatte.
Conner blickte von seinem Teller auf, der mit einer merkwürdig schmeckenden Mischung - Obst und Bohnen? - gefüllt war. Sein Grinsen war ein bißchen ironisch.
»Regis machte heute eine Bemerkung, aus der ich entnehmen konnte, daß es in einer Telepathen-Gesellschaft eine ausgeklügelte Etikette über Privatsphären und anständiges Verhalten gibt, um die scharfen Kanten abzuschleifen. Natürlich hat noch keiner von uns Gelegenheit gehabt, sie sich anzueignen, aber ganz bestimmt gilt es als unfein, über einen Anwesenden nachzudenken, Dr.
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