Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer
sie ein Findelkind ist, wie sie sagte, muß jemand auf den ersten Blick entschieden haben, sie sei ein Mädchen, und wer will auch dem Zeugnis seiner eigenen Augen mißtrauen? Aber müssen wir uns darauf gefaßt machen, daß etwas in der Art auch mit Keral geschieht? Welchen Ausdruck hat er da benutzt - der Wahnsinn der Veränderung? Oh, verdammt«, platzte Jason heraus, »ich werde nicht damit fertig! Was für einen Sinn hat dies ganze Projekt überhaupt?«
David spürte die plötzliche Verzweiflung Jasons, die nichts mit seiner Patientin zu tun hatte. Schnell fragte er: »Jay, was ist los?«
Jason schüttelte den Kopf. »Persönliche Probleme. Ich habe soeben Nachricht bekommen, daß meine eigenen Leute sterben wie die Fliegen - das weißt du noch nicht - ich bin selbst unter Nichtmenschen aufgewachsen, den Waldläufern. Du wirst noch nichts davon gehört haben in der kurzen Zeit, die du auf Darkover bist, aber es hat Waldbrände gegeben, und die Bewohner des Waldes sterben… Was hat es für einen Sinn, dies Projekt durchzuführen oder ein paar Leute zu retten, wenn diese ganze Welt untergeht?«
David wußte nicht, wie er ihn trösten sollte. Schließlich sagte er gehemmt: »Ich finde, wir müssen einfach tun, was wir können, Jason. Ich werde mit Keral reden und sehen, was sich machen läßt.«
Er verschob die Unterredung auf später, ohne sich bewußt zu sein, warum es ihm schwerfiel, dem Chieri gegenüberzutreten. Es war Nacht geworden, und die hohen Türme des Raumhafens funkelten durch die regnerische Dunkelheit, als er in sein eigenes Zimmer zurückkehrte. Dort fand er Keral vor, still, reserviert und blasser als je zuvor. Keral begrüßte David kaum, und dem jungen Arzt war es, als falle das Gebäude aus Freundschaften und Rapporten, das er seit seiner Ankunft auf Darkover aufgebaut hatte, um ihn in Stücke. Conner krank vor Verzweiflung über Missy - David hatte es noch nicht übers Herz gebracht, ihm Bescheid zu sagen. Regis erfüllt von seinen eigenen Ängsten. Jason, der unter dem Schicksal der Waldläufer litt. Eine auseinanderbrechende Welt, die vor Qual stöhnte… und er selbst mit seiner tiefen Empathie für Keral, der sich jetzt innerlich vor ihm zurückzog. David dachte an Missys weißes, entsetztes Gesicht und meinte, den Widerhall von Panik und Wahnsinn in Kerals hellen Augen zu finden. Und dann zuckte er zusammen, als ihm jener Morgen einfiel, der schon so weit zurückzuliegen schien. War das erst ein paar Wochen her? Er hatte Keral zum ersten Mal unten in dem Büroraum gesehen, und ursprünglich war er unsicher gewesen. Erst war ihm Keral wie ein Junge, dann wie ein zartes Mädchen vorgekommen, und bis zu der Untersuchung war die Unsicherheit geblieben.
»Wie geht es deinen Händen, Keral?«
»Recht gut. Missy?«
»Noch betäubt. Ich hoffe, sie wacht geistig gesund auf. Vielleicht könnten wir mit Hormonen helfen, aber ich weiß nicht recht.«
»Ich fühle mich verantwortlich«, erklärte Keral langsam. »Der Kontakt mit mir hat das ausgelöst.«
»Keral, du hast nur versucht, ihr zu helfen, und wenn sie bei klarem Verstand gewesen wäre, hätte sie es eingesehen.«
»Nein. Ich glaube, es war… der Kontakt mit mir… der sie in die Veränderung getrieben hat.«
»Das verstehe ich nicht… «
»Ich auch nicht, und ich habe Angst«, stieß Keral schmerzlich hervor, »denn ich hätte es selbst sein können.«
David sah ihn verwundert an. Er wagte jedoch nicht, ihn zu unterbrechen, denn er spürte, daß Keral seine Zurückhaltung aufgab. Und nach einem Augenblick fuhr Keral immer noch mit dieser harten, beherrschten Stimme fort:
»Versuch, es zu verstehen. In all den langen Jahren meines Lebens habe ich gewußt, daß ich das einzige und letzte Kind meines Volkes bin. Alle anderen unserer Rasse sind alt, zu alt - nicht zu alt für eine Paarung, aber zu alt, um Kinder zu bekommen. Und ich wuchs unter ihnen auf, jung, jung… Jetzt bin ich zum ersten Mal unter anderen jungen Leuten, die, wenn man die Unterschiede in der Art, wie wir die Zeit erleben, berücksichtigt, etwa in meinem eigenen Alter sind. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich unter… « - er hielt inne und würgte an dem Wort, und David konnte sich nur schwach vorstellen, wie stark emotional die Vorstellung befrachtet war - »… unter potentiellen Paarungspartnern. Und deshalb weiß ich, daß ich jederzeit unstabil werden und mich verändern kann, wie es bei Missy
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