Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
ihr.
Dann lächelte er, und seine Augen verschwanden beinahe in den Falten seines Gesichts. »Und jetzt stell mich bitte dieser jungen Dame hier vor, ja?« Marguerida hatte Illona fast vergessen und merkte nun, dass die Kleine ein bisschen eingeschüchtert war von so vielen vornehmen Fremden. »Natürlich – Illona, das ist mein Schwiegervater, Dom Gabriel Lanart. Dom Gabriel, das ist Illona Rider, eine Freundin von Domenic.« »Illona – was für ein hübscher Name. Komm, setz dich neben mich, mein Kind. Ich höre in letzter Zeit nicht mehr so gut, und ich will, dass du mir alles über dich erzählst.« Der Alte lächelte herzlich, und zu Margueridas Überraschung grinste die junge Frau zurück. Sie spürte, wie Illonas Furcht nachzulassen begann; anscheinend fand sie Dom Gabriel nicht bedrohlich. Nun, er verstand sich auch sehr gut mit Yllana und mit Rafaels Tochter.
Illona stand auf, ging um die Bank herum und setzte sich auf Gabriels freie Seite, das schmutzige Taschentuch noch immer fest in der Hand. Marguerida brauchte eine Weile, bis ihr klar wurde, dass das Mädchen froh war, ein wenig Abstand von ihr zu gewinnen. Sie seufzte. Wie viel einfacher war ihr Leben doch gewesen, als sie nur Ivor Davidsons treue Assistentin war. Für einen kurzen Moment verweilten ihre Gedanken schwelgerisch bei diesem Abschnitt ihrer Vergangenheit.
Dann trugen die Bediensteten Schalen mit Essen herein, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Sie hatte trotz aller Sorgen ordentlich Appetit bekommen, und es stimmte, was Dom Gabriel sagte. Marguerida schwang die langen Beine über die Bank und griff grimmig lächelnd nach einem Humpen Bier, Was die Zukunft anging, konnte sie nichts weiter tun, als sich ihr zu stellen – aber das hatte noch Zeit.
24
Lew Alton lief in der Eingangshalle von Burg Comyn auf und ab, seine Stiefel hallten auf dem Steinboden. Zum ersten Mal seit Jahren wünschte er sich einen großen Becher Feuerwein oder dass er bereits betrunken wäre. Er trank zwar noch gelegentlich Wein, aber ein derart starkes Verlangen danach hatte er seit Jahren nicht verspürt. Er ärgerte sich über seinen Körper, weil er ihn zu dieser Schwäche verleiten wollte, aber er war zufrieden mit sich, weil er die Signale seines Unbehagens erkannte. Später, wenn alles vorbei war, würde er sich vielleicht einen Schluck genehmigen. Er war klug genug, nicht von Alkohol benebelt in einem Zirkel arbeiten zu wollen.
Zum ersten Mal seit Jahrhunderten, vielleicht seit ihrer Erbauung, war Burg Comyn nahezu leer. Es war ein unheimliches Gefühl, dass sich in der riesigen weißen Steinmasse nicht mehr die Energie der nahezu tausend Leute ballte, die das Gebäude normalerweise bewohnten. Statt Lews vielen Verwandten und ihren vertrauten Gedanken, befand sich nun ein Zirkel von Leroni aus Arilinn hier, dazu Rafe Scott, der es vorgezogen hatte zu bleiben, anstatt dem Trauerzug zur Rhu Fead zu folgen. Die Mehrzahl der Diener hatte man angewiesen, beim Aufbruch der Prozession unauffällig aus der Burg zu schlüpfen, und die Kinder waren am Vortag abgereist. Die Kinder an einen sicheren Zufluchtsort zu schaffen, war nach Lews Dafürhalten der nervenaufreibendste Teil des ganzen Plans gewesen, und er hatte keine Ruhe gehabt, bis ihn die Nachricht von ihrer wohlbehaltenen Ankunft erreichte.
Jetzt konnte er nur noch abwarten, was passieren würde falls er nicht vorher komplett verrückt wurde! Es gab so viele veränderliche Größen, die sich unmöglich alle genau vorhersehen ließen, und Lew hoffte nur, sie hatten die wichtigsten angemessen berücksichtigt. Zweifellos mussten die Spione der Föderation in Thendara irgendetwas bemerkt haben, auch wenn alle erdenklichen Anstrengungen unt ernommen worden waren, den Anschein von Normalität entstehen zu lassen. Oder aber Lyle Belfontaine war sich seiner Sache allzu sicher – es würde zu seinem Charakter passen. Dieser hochnäsige Wicht.
Die geistige Stille in der Burg ging Lew wirklich auf die Nerven, und er unternahm einen bewussten Versuch, sich zu beruhigen. Er würde sich im Griff haben müssen, wenn er sich bei Belfontaines Angriff dem Zirkel anschloss. Falls Belfontaine angriff. Er würde sich nicht gestatten, an seine Tochter zu denken, die in den offenen Rachen einer Gefahr ritt, in der er sie nicht beschützen konnte. Er lachte bitter. Marguerida sorgte schon lange sehr gut für sich selbst, und ihr Mann bot ihr allen Schutz, den sie brauchte. Die Alton-Gabe, die er, Lew, besaß, war
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