Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Küchentisch, vor ihr stand die Keksdose, daneben ein seltsamer Apparat, eine Art Diktiergerät. Ich war mit Händen und Füßen an einen Stuhl gefesselt, es war immer noch Nacht. Peggy schaltete das Gerät an.
»Wie heißt du?«
»Peggy … was …?«
Ich bekam nur mühsam ein Nuscheln zustande. Sie stand auf, kam lächelnd zu mir hinüber und verpasste mir eine Ohrfeige. Mein Kopf flog nach hinten und stieß gegen die Lehne.
Freundlich fragte sie erneut: »Wie heißt du?«
Ich sog krampfhaft Luft ein, zitterte.
»Peggy, was soll das? Warum machst du das?«
»Du kannst ruhig schreien, niemand wird dich hier draußen hören. Beantworte einfach meine Fragen, und es wird bald vorbei sein. Wie heißt du?«
»Ich heiße Chip Parker, verdammt, Peggy, was soll das? Warum hast du das getan? Lass mich frei!«
»Du glaubst also wirklich, dass du Chip Parker heißt?«
»Ob ich …? Aber …«
»Ich stelle dir jetzt eine Frage: Stell dir vor, du wartest auf die Bahn, es ist frühmorgens, du bist auf dem Weg zur Arbeit. Der Bahnsteig ist leer, abgesehen von dir und einem Betrunkenen. Einem groben, ungewaschenen Kerl, der die ganze Zeit über Flüche ausstößt. Er beschimpft dich und droht, dir die Fresse zu polieren. Aber vorher müsse er noch … pissen. Er stellt sich also an den Rand des Bahnsteigs und uriniert auf die Gleise. Auf der Anzeige siehst du, dass die Bahn in einer Minute kommt. Was tust du?«
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Was?? Was soll denn das für eine Frage …?«
»Hast du dich jemals gefragt, warum an Weihnachten immer ein Strumpf zuviel am Kamin hängt?«
In meinem Kopf herrschte nacktes Chaos. »Peggy, ich … ich verstehe nicht, was du …«
»Du hast doch die Fotos gesehen. Erinnerst du dich?«
Die Fotos. Panik kroch meinen Rücken hoch, als ich an die Bilder in der Keksdose dachte. Die Aufnahme aus dem Abbruchhaus. Der Junge, der mir etwas zuschreit.
»Was sind das für Fotos, woher hast du die? Wer bist du? Arbeitest du für die Polizei? Ich hab nichts getan, ich …«
»Nichts getan? Immerhin bist du hier eingebrochen. Immerhin wolltest du das Geld stehlen. Du hättest die alte Frau umgebracht, wenn es hätte sein müssen, oder nicht?«
»Ich …«
»Oder nicht?«
Sie lächelte mich sanft an. Kalter Schweiß brach mir aus allen Poren, und ich riss mich zusammen, um nicht loszuflennen.
»Peggy, bitte! Sag mir, was hier los ist! Sag mir, was mit dir los ist!«
Ihr Lächeln wurde breiter.
»Ich stelle hier die Fragen. Besser du gewöhnst dich daran. Kennst du den Darkside Park, Toby?«
»Toby? Wer ist Toby? Ich heiße Chip!«
»Ist das so, Toby? Bist du ganz sicher?«
»Ob ich sicher bin? Ob ich, verdammt noch mal, sicher bin?«
Diesmal schrie ich. Blut und Spucke spritzten aus meinem Mund, und sie stand wieder auf, ging um den Tisch herum und verpasste mir mit gespielt bedauerndem Schmollmund eine Ohrfeige. Ihr Ring schnitt mir die Wange auf, und mein Kopf dröhnte wie eine Glocke aus Schmerz. Diesmal konnte ich die nackte Panik in meiner Stimme nicht mehr unterdrücken.
»Warum machst du das, Peggy? Warum?«
»Kennst du den Darkside Park, Toby?«
»Nein!«, schrie ich heraus. »Nein, ich kenne ihn nicht! Was willst du eigentlich von mir? Was soll das alles?«
»Gut. Zumindest das hat funktioniert. Kein Wunder, deine Watson-Werte sind unnatürlich hoch …«
Meine Augen füllten sich mit Tränen. »Was? Watson-Werte? Was hat funktioniert? Sag mir doch bitte endlich, was hier los ist!«
Peggy lächelte kühl.
»Du hast versagt, Toby Jenkins, das ist los. Du hast eine zweite Chance bekommen, nachdem du vor Jahren etwas gesehen hast, was du nicht hättest sehen dürfen. Aber du hast sie vergeigt, deine zweite Chance.«
»Meine zweite Chance? Was habe ich denn getan? Was? Was hätte ich nicht sehen dürfen? Die Monteure?«
Sie nahm eines der Fotos auf und deutete auf den Jungen. Den anderen Jungen. Der, der mir etwas zurief.
»Als dieses Foto aufgenommen wurde, warst du zehn Jahre alt. Du bist mit einem Jungen namens Scott Harrison in ein abgesperrtes Gebäude eingedrungen, und ihr habt dort gespielt. Das war dumm, aber das konntet ihr nicht wissen. Erkennst du den Jungen, Toby?«
»Ich heiße nicht Toby, verdammt! Ich …«
Meine Stimme versagte. Ich hielt den Blick auf das Foto fixiert und hörte plötzlich die Stimme des Jungen in meinem Kopf: »Lauf weg, Toby, lauf! Lauf, Toby!!«
Peggy beobachtete mich. »Du erinnerst dich also, hm? Scott
Weitere Kostenlose Bücher