Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
es an die Kundschaft rausgeht. Ich nehme natürlich nicht viel. Ich bin ja nicht bescheuert. Aber das bin ich den Kunden einfach schuldig. Und ich muss sagen, dass mir das Crystal heute besonders gut gelungen ist.
Das habe ich von meinem Vater. Nicht das Crystal. Aber das Probieren. Und die Liebe zur Kundschaft. Die Herstellung und der Verkauf von Drogen hat in meiner Familie eine lange Tradition. Mein Vater hat sie noch innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen betrieben. Wir hatten eine Apotheke, die beste in Porterville, Hincks Apotheke am Cleveland Drive, und mein Daddy hat sich immer gewünscht, dass sein kleiner Jason einmal sein Nachfolger wird. Das bin ich auch geworden, allerdings anders, als mein alter Herr sich das gedacht hat.
Daddy hat den alten Damen ihre Appetitzügler verkauft. Natürlich ging es dabei nur ums Abnehmen und nie um die Amphetamine in den Pillen. Natürlich. Wir wollen doch den alten Damen nicht ein dezentes Drogenproblem unterstellen! Und bei ihren Valium-Tabletten ging es immer nur um den gesunden, ruhigen Schlaf, weil Mamis kleiner Sohn nach Kuwait verlegt worden ist und sie seitdem kein Auge zubekommt. Kuwait, ich bitte Sie, da hat man natürlich Verständnis. Und für ein gemischtes Doppel aus Aufputschmittel und dem Zeug, das einen wieder runter bringt, natürlich auch.
Daddy hat keine Fragen gestellt, und ich tue es auch nicht. Was geht’s mich an, was meine Kunden mit meinen Produkten machen? Ich bin nicht ihr Arzt, nicht ihr Pfarrer und nicht ihre Eltern. Ich bin Geschäftsmann, und ich verkaufe ihnen alles, was sie brauchen, um aus Porterville einen bunten, abwechslungsreichen Ort voller guter Laune zu machen, falls ihnen ihre gute Laune abhanden gekommen ist. Bei mir bekommen sie Poppers, Speed, Hasch, Koks, LSD, GHB, MDMA, Ecstasy, Diazepam und eben Crystal. Aber kein Heroin oder Crack. Das passt nicht nach Porterville, finde ich.
Das Telefon klingelt und ich gehe aus meinem Labor, schiebe die Geheimtür zu und nehme die steile Holztreppe, die aus dem Keller nach oben führt. Das Haus sieht immer noch aus wie früher, als meine Eltern noch lebten. Eine hellblaue Tapete mit aufgedruckten Magnolienblüten, pseudoantike Tischchen und ein hellbraunes Cordsofa. Würden nicht überall leere Pizzaschachteln, volle Aschenbecher, DVD-Hüllen und meine dreckigen T-Shirts rumliegen, könnte man meinen, Mum würde noch in der Küche stehen und Hackbällchenauflauf kochen. Und Dad würde gleich zur Haustüre reinkommen, seine Tasche auf den Sekretär im Flur legen und sich dann mit der ›Porterville Times‹ auf das Sofa setzen, um kurz darauf mit strengem Blick über seine randlose Brille zu starren und mich nach der Fünf in Mathe und dem Schulverweis wegen dem Hasch zu fragen. Aber das ist schon vorbei. Das hab ich zum Glück hinter mir.
Das Crystal lässt in seiner Wirkung noch nicht richtig nach, aber weil um diese Zeit eigentlich nur Kunden anrufen und ich für meine Kunden immer einen besonders aufgeweckten Eindruck machen will, schiebe ich mir ein kleines Löschpapierchen auf die Zunge und genieße die fast sofort einsetzende Wirkung, als ich den Hörer abnehme.
»Hallo?«
»Bist du das, Jason?«
»Wer sollte sonst an mein Telefon gehen, Big J.?«
Big J. ist einer meiner Kunden aus den besseren Kreisen von Porterville, der nicht will, dass sein tatsächlicher Name am Telefon fällt. Er hält sich und seinen Job wahrscheinlich für ziemlich solide. Aber sein mintgrüner Anzug spricht Bände, wenn Sie mich fragen, und sein Konsum ist in letzter Zeit ziemlich aus dem Ruder gelaufen. Aber was soll’s? Jedem Tierchen sein Pläsierchen, und Big J.’s Pläsierchen ist eben Koks.
»Hast du noch Seidenhemden?«
»Klar hab ich Seidenhemden, aber meinst du nicht, du solltest etwas kürzer treten, Big J.?«
Pause. Ich höre, wie Big J. nach Luft schnappt, und grinse mir eins. Solche Töne ist er von mir normalerweise nicht gewöhnt.
»Was soll das, Jason? Misch dich da nicht ein! Ich hab alles im Griff. Also, was ist? Hast du Seidenhemden für mich, ja oder nein?«
»Nein.«
»Nein? Aber …«
»Außer du bezahlst deine letzte Lieferung, Big J. Ich bekomm noch zwei Riesen von dir.«
Wieder eine Pause. Big J. seufzt.
»Ich weiß. Hör mal, morgen wird bei mir ein Vertrag unterschrieben, und ich bekomme einen Scheck über viertausend. Dann bekommst du deine Kohle.«
»Dann komm morgen wieder.«
Big J. antwortet nicht. Ich höre so etwas wie Schluchzen am anderen Ende der
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