Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Regent‹.
Ich verlasse Portervilles erste Adresse und stoße direkt vor der Drehtür mit einer Touristengruppe zusammen, die affektiert zu lachen beginnt. Nervös rappele ich mich auf und verschwinde so schnell wie möglich in eine Seitenstraße. Ich ziehe mir dir Kappe tief ins Gesicht, damit man meine Augen nicht sehen kann.
Ich laufe nach Osten, Richtung Thomas Field.
Zügig überquere ich die belebten Straßen und sehe auf den Boden, als wolle ich um jeden Preis verhindern, in Hundescheiße zu treten. Dann taucht endlich das graue heruntergekommene Reihenhaus vor mir auf, das ich suche. Als ich die kurze Treppe vor dem Eingang nach oben laufe, bleibt mein Herz stehen. Reggies Klingelschild fehlt. Bin ich zu spät? Ich schlüpfe in den Flur und gleite geräuschlos die Treppe nach oben in den dritten Stock. Dasselbe Spiel: Kein Name auf Reggies Klingelschild. Plötzlich ein Schrei. Eine Tür fliegt auf. Ich zucke zusammen. Ein Mann in Unterhose rennt auf den Flur und brüllt etwas. Jedoch nicht zu mir, sondern nach oben zum Nachbarn. Ein Streit. Nachdem er sich beruhigt hat, entdeckt der Mann mich.
Mann in Unterhose »Suchst du Reggie?«
Ich nicke verstört.
Mann in Unterhose »Is’ ausgezogen.«
Martin »Wissen Sie, wo er hingegangen ist?«
Der Mann grinst, als würde ihn meine Ungewissheit belustigen.
Mann in Unterhose »Wo soll der schon hingegangen sein? Dahin, wo er hergekommen ist. In den Bau.«
Ich nicke, als hätte ich nichts anderes erwartet.
Der Mann brüllt noch etwas nach oben, dann schlägt er die Tür hinter sich zu. Nette Nachbarn, denke ich, warte, bis es wieder ruhig ist. Ich drücke die Klinke zu Reggies Wohnung. Zu meiner Überraschung ist die Wohnungstür nicht abgeschlossen! Die Tür schwingt auf …
Ich komme zu spät. Reggies Wohnung ist leer. Als wäre er nie hier gewesen. Als hätte er nie existiert. Erneut bin ich nicht sicher, ob ich überhaupt in der richtigen Wohnung bin, so sauber und leer ist alles. Keine Spur mehr von den billigen Campingstühlen, den fleckigen Jalousien oder Reggies Wasserkocher. Selbst das Linoleum auf dem Küchenboden wurde entfernt. Der ›Frozen King‹ ist noch da – bis auf die Spanngurte natürlich - aber das Sofa ist weg. Zu meiner Erleichterung finde ich jedoch die Vertiefungen der Beine im Boden. Stumme Zeugen jenes Ortes, an dem das Sofa viele Jahre lang gestanden hat. An dieser Stelle, nahezu genau in der Mitte, liegt Reggies Versteck. Mich überkommt in diesem Moment ein Anflug von Melancholie. Reggie hat so lange alles richtig gemacht. Er hat sich an die Regeln und aus allem rausgehalten. Und dann, eines schönen Tages, kam ich und habe alles kaputt gemacht. Erst in diesem Moment wird mir klar, dass Reggie sich geopfert hat. Für mich und für Sarah, weil er damals nicht alles riskiert hat, als Martha verschwand, die Frau, die er liebte.
Ich beginne, den Boden abzutasten und klopfe dabei leicht auf die Bretter.
Plötzlich ein hohles Geräusch. Reggies Versteck. Sie haben es tatsächlich übersehen. Ich hebe die erste Diele heraus. Die beiden anderen sind leicht zu entfernen. Alles liegt noch genauso im Loch, wie wir es zurückgelassen haben. Der Rucksack und die Tagebücher. Reggie war nicht in die Wohnung zurückgekehrt. Er muss im Gangsystem überwältigt und verschleppt worden sein, und mit ihm seine Karte. Ich erinnere mich daran, was er zu mir sagte, kurz bevor wir aufbrachen: »Hier liegt alles, was ich über diese Stadt weiß. Fotografien, Tonbänder, schriftliche Aufzeichnungen. Wenn wir diese Nacht überstehen, möchte ich, dass du dir alles ansiehst.«
Ich setze mich neben das Loch, hole ein Tagebuch heraus, schlage es in der Mitte auf und beginne zu lesen: »15. Januar. Mr. Bishop ist der einzige Mann, der sich in der Öffentlichkeit gegen Sheriff Parker und Dr. Barrett ausspricht. Parker bezeichnet ihn als Querulanten. Aus irgendeinem Grund hat er jedoch Angst vor Bishop und lässt ihn in Ruhe. Ich wüsste zu gern, warum. Bishop ist einer der Wenigen, bei denen ich mir nicht sicher bin, auf welcher Seite er steht. Er kennt die Lorenz-Transformation, konnte mir jedoch beim besten Willen nicht den 29. Präsidenten sagen. Normalerweise ist es umgekehrt. Bei diesem Mann ist Physik weit mehr als ein Hobby, doch er ist kein Professor. Im Internet ist nichts über ihn zu finden. Das ist außergewöhnlich. Irgendetwas findet man immer. Gestern bin ich ihm gefolgt und konnte ihn belauschen. In seiner Wohnung sprach er mit einem
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