Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Ufer zu erreichen, durchquere den Hafen und erreiche die Außenviertel der Stadt. Nervös und immer darum bemüht, möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Doch das wird mir kaum gelingen, so wie ich inzwischen aussehe: Jackett und Hose sind von der Nacht im Wald vollkommen verdreckt, und der linke Ärmel hängt nur noch an ein paar Fäden. Meine leichten Schuhe sind komplett durchweicht und werden sich höchstwahrscheinlich bald in ihre Bestandteile auflösen. Ich brauche dringend andere Kleidung, oder ich kann mir gleich ein Schild mit der Aufschrift ›Flüchtling‹ um den Hals hängen. Um als Obdachloser durchzugehen, fehlt meinem Gesicht noch deutlich zu viel Behaarung.
In einem kleinen Gärtchen entdecke ich eine Wäscheleine, von der ich ohne groß nachzudenken ein T-Shirt und eine Jeans abstreife. Zwei Straßen weiter hocke ich mich hinter einen großen Müllcontainer und ziehe mich hastig um. Das T-Shirt schlabbert ziemlich, dafür bekomme ich die Jeans nur mit roher Gewalt zu. Gleicht sich alles aus. Jackett und Hose lasse ich im Container verschwinden. Fehlen nur noch Schuhe …
Auf dem Parkplatz des Walmart beobachte ich eine junge Frau dabei, wie sie zwei Papiertüten und einen verlockenden ›Nike‹-Karton auf dem Beifahrersitz ihres schwarzen Cadillac Escalade verstaut. Als sie sich umwendet, um den Einkaufswagen zurückzubringen, lässt sie das Auto unverschlossen zurück. Diese Gelegenheit kann ich mir nicht entgehen lassen! Im richtigen Moment schleiche ich zum Wagen, öffne die Beifahrertür und nehme die neuen Turnschuhe an mich, die sie vermutlich für ihren übergewichtigen Mann gekauft hat, um ihn endlich zum Sport zu motivieren. Sie sind mir mindestens zwei Nummern zu groß, aber ordentlich geschnürt sind sie allemal besser als meine verrottenden Mokassins.
Als ich wenig später mein Spiegelbild in einem Schaufenster erblicke, stelle ich überrascht fest, wie sehr ich mich verändert habe. In meinem neuen, brillenlosen Look mit T-Shirt, Jeans und Turnschuhen sehe ich glatt um zehn Jahre jünger aus. Das sollte ich nutzen. Ich brauche Verbündete. Als erstes fällt mir Reggie ein. Was ist aus ihm geworden? Sarah und ich sind aus den Gängen entkommen. Gut möglich, dass Reggie unserem Verfolger direkt in die Arme gelaufen ist. Wer oder was auch immer das war. Ich beschließe, zu Reggie zu gehen, doch nicht als erstes. Das wäre ein Umweg. Wenn ich schon mal da bin, werde ich auf einen Sprung im ›Olympic Regent‹ vorbeischauen.
Martin »Wo finde ich Douglas Benchley? Ihre Angestellte … die … die hat gesagt, der Name wäre niemals registriert worden.«
Die blonde Frau an der Rezeption, laut Namensschild die Vize-Managerin Melinda McFaden, erinnert mich verblüffend an Doris Day. Langsam, geradezu anmutig, legt sie die Hände in einer Art religiösen Geste aneinander und lächelt mich an. Es ist kein echtes Lächeln. Ihr Mund lacht, aber ihre Augen bleiben kalt. Es ist ein Lächeln, um Zeit zu gewinnen. Douglas Benchley ist der Mann aus New York, der mit seinem Sohn Jerry nach Porterville kam, um nach Sarah und Tom zu suchen. Er hatte mich in der Bibliothek angesprochen und um meine Hilfe gebeten.
An den Falten auf Mrs. McFadens Stirn kann ich erkennen, dass sie angestrengt darüber nachdenkt, woher sie mich kennen könnte, doch zu keinem Schluss kommt.
Mrs. McFaden »Ich muss Sie enttäuschen, Sir. Ein Douglas Benchley ist mir nicht bekannt.«
Martin »Das wissen Sie einfach so aus dem Gedächtnis?«
Ich bleibe ruhig. Tue, als gehe es um eine wichtige, aber eben nicht lebenswichtige Sache.
Martin »Ich muss ihn dringend sprechen. Kennen Sie eventuell seine Adresse in New York?«
Mrs. McFaden »Ich kann Ihnen leider nicht helfen. Vielleicht wenden Sie sich an die Polizei, Mr. … wie war doch gleich Ihr Name?«
Einen Moment lang blicke ich Mrs. McFaden schweigend an, dann entschließe ich mich, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Zu gefährlich.
Ich nicke lächelnd, drehe mich möglichst beiläufig um und bewege mich zügig zum Ausgang. Ich beiße die Zähne zusammen, doch ein leichtes Hinken kann ich nicht verhindern. Ich spüre Mrs. McFadens Blicke im Nacken und beschleunige meinen Schritt. Plötzlich entdecke ich im Souvenir-Shop des Hotels eine rote Baseballmütze mit einem grünen Monster darauf. Perfekt für meine Tarnung. Der Shop ist leer, kein Verkäufer weit und breit. Schnell greife ich mir die Kappe und eile aus der Empfangshalle des ›Olympic
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