Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
glaubst du, wie ich geguckt habe, als die Stadtverwaltung auf mich zukam. Früher habe ich im Gerichtskeller Akten entstaubt, jetzt bin ich der Leiter der Stadtbibliothek.«
Sarah »Der hier sieht merkwürdig aus.«
Martin lachte halbherzig und lehnte sich an die Wand.
Martin »Das ist Stewart Falkner. Er hatte einen Nervenzusammenbruch und wurde ins ›St. Christopher’s‹ eingewiesen. Er war dort bis zu seinem Tod.«
Sarah »Oh … schrecklich. Was ist passiert?«
Martin »Das weiß niemand so genau.«
Er tippte nervös mit den Fingern.
Martin »Du hast gesagt, du brauchst meine Hilfe.«
Ich erzählte ihm die Geschichte. Als ich fertig war, stützte Martin sich auf einen Bücherstapel und rieb sich das Kinn.
Martin »Vielleicht hat der Sheriff recht und dein Freund ist durch eins der Löcher gefallen.«
Sarah »Aber dann hätten wir ihn doch gefunden.«
Martin »Vielleicht ist er … auf den Kopf gefallen.«
Ich stutzte.
Sarah »Du willst mir sagen, dass er sein Gedächtnis verloren hat und jetzt in der Stadt herumirrt?«
Martin »Wenn ihn wirklich jemand entführt hätte, hätten sich die Entführer doch bei dir gemeldet und Forderungen gestellt, oder? Eine Entführung macht nur Sinn, wenn man Forderungen stellt.«
Sarah »Okay. Aber auch wenn man auf den Kopf fällt, verliert man doch nicht gleich das Gedächtnis.«
Martin »Ist ja auch nur ’ne Vermutung. Du wolltest wissen, was ich denke. Was soll ich dir sonst sagen?«
Ich dachte nach. Wenn Tom wirklich etwas zugestoßen sein sollte, wenn er wirklich herumirren sollte, ohne sich erinnern zu können, musste ich dafür sorgen, dass andere ihn erkannten. Plötzlich wusste ich, was ich zu tun hatte.
Sarah »Ich muss los. Danke, Martin.«
Martin »Keine Ursache. Ich drück dir die Daumen, dass du ihn findest.«
Sarah »Hoffentlich. Wir sehen uns später.«
Ich lief nach Hause, gestaltete am Laptop ein Flugblatt mit Toms Portrait und meiner Handynummer und druckte es aus, bis mein Papiervorrat erschöpft war. Ich klemmte mir den Stapel unter den Arm, schwang mich aufs Fahrrad und begann, die Gegend mit Flugblättern zu tapezieren. Ich wählte die üblichen Stellen: Ampeln, Litfaßsäulen, Verteilerkästen, Hauswände, um die sich niemand kümmerte. Wobei es in Porterville davon nicht viele gab. Auf Plakatwänden klebte ich Zettel an den Rand. Mir war bewusst, dass die meisten nicht lange hängen würden. Hausmeister mögen diese Art Außenkommunikation nicht besonders.
Wenn Leute vorbeikamen, hielt ich ihnen den Zettel hin und fragte sie. Niemand hatte Tom gesehen. Ich merkte nicht, wie ich bei meiner Runde wieder an der Stelle ankam, an der ich angefangen hatte. Erst als ich weitergehen wollte, erkannte ich den Ort. Ich stand in der Brackett Street in der Nähe einer Imbissbude. Vor mir rauschte der Verkehr über die Congress Street in Richtung Highway 1. Es war Rushhour und eine Frage von Minuten, bis sich der Stau bilden würde. Wo war mein Zettel? Ich wusste, ich hatte ihn zu Beginn meiner Runde hier aufgehängt. Er war weg. Irgendjemand hatte ihn entfernt. Ich sah mich um. Die alte Plakatwand sah nicht aus, als würde sich jemand an privaten Zetteln stören. Die Autowerbung war umrandet von handgemachter Werbung für lokale Musikbands und Kulturveranstaltungen. Die Werbung für das ›Spirit Now‹, einen Esoterikladen außerhalb der Stadt, stach besonders ins Auge. Die exzentrisch aussehende Besitzerin, eine gewisse Meredith Young, saß mit weit aufgerissenen Augen über einer Kristallkugel und hielt eine Tarotkarte in die Höhe. Während ich mich noch über ihr Foto amüsierte, entschloss ich mich, den Besitzer der Imbissbude zu fragen, ob ihm etwas aufgefallen war. Doch der konnte sich nicht mal daran erinnern, dass ich überhaupt etwas aufgehängt hatte. Ich beschloss, die anderen Orte zu prüfen. Dort das gleiche Bild: Meine Zettel waren verschwunden. Nur drei fand ich wieder, an Stellen, die ohnehin niemand entdeckt hätte. In einer Hausnische und in zwei schmalen Durchgängen, in denen niemand stehen blieb, um etwas zu lesen. Ich wollte den letzten Zettel gerade deprimiert abreißen, als ich eine Entdeckung machte. Vergilbt und von anderen Flyern verdeckt, fand ich zwei hastig geschriebene Gesuche. Eine junge Japanerin namens Maki hatte vor zwei Jahren eine Backpacker-Tour mit ihren Freundinnen Betty und Gloria unternommen. Als die Frauen Station in Porterville gemacht hatten, war Maki spurlos verschwunden. Der Text war eilig und
Weitere Kostenlose Bücher