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Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost , Ivar Leon Menger , John Beckmann , Raimon Weber , Hendrik Buchna , Christoph Zachariae
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Nachhilfe aufstemmen. Im Inneren herrschte modrige Finsternis. In der Luft lag ein durchdringender Geruch von feuchtem Holz, Rattenkot und verfaulendem Laub. Langsam durchschritt ich Raum für Raum. Chaos und Verfall, wohin ich auch blickte. Von den hohen Wänden hingen abgeplatzte Tapetenreste wie geisterhafte Algen herab. Geborstene Rohrleitungen ragten aus den Wänden, und ein Meer aus Putz und Scherben bedeckte den Boden. Umgestürzte Schränke, scharfkantiger Bauschutt und undefinierbare Möbeltrümmer erschwerten zusätzlich das Vorankommen. Als ich einmal kurz innehielt, um mich zu orientieren, nahm ich hinter mir ein Geräusch wahr, das jedoch augenblicklich verstummte. Es hatte wie schlurfende Schritte geklungen, sehr leise, irgendwo in einem der vielen schwarzen Flure.
    Vermutlich Ratten oder eine streunende Katze, versuchte ich mich zu beruhigen. Nachdem ich nochmals angestrengt in die Stille hineingehorcht hatte, setzte ich meinen Weg fort. Schließlich gelangte ich über den langen Hauptflur ins Treppenhaus. Zwar sahen manche Stufen schon bedenklich morsch aus, dennoch wagte ich den Aufstieg in die oberen Etagen. Schaudernd schritt ich endlos erscheinende Korridore entlang, an deren Seiten vergitterte Türen zu winzigen Zellen führten. In früheren Zeiten mussten hier an die 200 Menschen eingesperrt gewesen sein – hilflos der Willkür ihrer Wärter ausgesetzt.
    ›Irrenschließer‹ wurden diese Aufseher genannt. Ein ebenso bezeichnender wie erschütternder Name. Beim Blick in einige der Zimmer entdeckte ich die schrecklichen Relikte jener dunklen Tage: Karge Stahlbetten mit Ledergurten zur Fixierung der Patienten, hölzerne Knebel, Schlagstöcke und Zwangsjacken, die im Laufe der Jahrzehnte fast vollständig verrottet waren. Dieses entsetzliche Haus verkörperte alles, wogegen sich zeitlebens mein berufliches Denken und Handeln gerichtet hatte. Alles, was nie hätte geschehen dürfen und doch allgegenwärtig war.
    Unvermittelt erinnerte ich mich an einen Satz aus einem alten Märchenbuch, das meine Mutter mir als Kind vorgelesen hatte: »In diesem Haus wohnen böse Träume.«
    Fürwahr, wenn es einen Ort gab, auf den dieser Satz zutraf, dann war es das ›Abidias Asylum‹. Eine gigantische Gruft geraubter Seelen.
    Am liebsten hätte ich auf der Stelle kehrtgemacht, doch ich musste weitersuchen. Irgendetwas existierte in diesem Haus, das alle quälenden Fragen würde beantworten können, dessen war ich jetzt gewiss. Schließlich, im dritten Stock, fand ich am Ende eines weiß getünchten Flures das Büro des Anstaltsdirektors. Noch immer hing ein emailliertes Schild mit der Aufschrift ›Dr. Leland Horace‹ an der schweren Eichenholztür. Mit einem beklommenen Gefühl drückte ich die Klinke herunter. Die Tür öffnete sich völlig lautlos, so als hätten sich ihre Scharniere den fünfzig Jahren Rost und Verfall einfach widersetzt. Zögernd trat ich ein und schwenkte mit meiner Taschenlampe den stockfinsteren Raum ab. Schockiert taumelte ich zurück.
    Vor mir lag … das böse Zimmer.
    Ich konnte es kaum fassen, und doch war jeder Irrtum ausgeschlossen: Dieser Raum glich bis ins kleinste Detail dem Bild in Falkners Katalog! Jeder einzelne Einrichtungsgegenstand stimmte exakt mit der Abbildung überein. Das langgestreckte Regal, der Schreibtisch, die gepolsterten Sessel, die gerahmten Bilder – und die Uhr. Eine riesige, aus schwarzem Holz gefertigte Pendeluhr, die drohend an der gegenüberliegenden Wand emporragte wie ein aufrecht stehender Sarg. Und plötzlich wurde mir alles klar.
    Nicht der Shaden Forest war den unglückseligen Menschen zum Verhängnis geworden, sondern die Einweisung in diese Anstalt! Hier erst war ihr Schicksal besiegelt worden – hier, im Zimmer des Direktors. Ohne zu wissen, wie ihnen geschah, waren sie in diesen Raum gesperrt worden, und dann … ja, was dann?
    Mit klopfendem Herzen schritt ich langsam auf die riesige schwarze Standuhr zu. Einige Sekunden zögerte ich noch aus Angst vor dem, was mich erwarten würde. Doch mein brennendes Verlangen nach der Wahrheit war stärker. Zitternd beugte ich mich vor, blickte in das Innere des Uhrenkastens … und zuckte keuchend zurück. In der allumfassenden Finsternis hinter dem mächtigen Pendel erkannte ich in weiter Ferne eine helle Gestalt, so als befände sie sich am Ende eines langen Tunnels. Und diese Gestalt … tanzte.
    Ich weiß nicht, ob tanzen das richtige Wort ist für das, was ich damals in jener schrecklichen Nacht

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