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Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost , Ivar Leon Menger , John Beckmann , Raimon Weber , Hendrik Buchna , Christoph Zachariae
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Kumpel drüben im ›Bunks‹ einen aus.«
    »Ich müsste eigentlich noch ’ne halbe Stunde«, sagt Larry.
    »Kein Problem, der Kleine schließt für dich zu.«
    Larry schaut mich prüfend an. Dann nickt er. »Warum nicht?« Er öffnet eine Tür im Maschendrahtzaun und hält mir ein Schlüsselbund hin. »Der Silberne ist für diese Tür hier, der Große für die Haupttür.«
    »Alles klar«, sage ich.
    »Lichtschalter ist da vorne, Liste liegt auf dem Tisch. Und bring hier keine Unordnung rein, ja? Hab gerade erst aufgeräumt!« Larry lacht und schlurft an uns vorbei zur Treppe.
    Herb sagt leise zu mir: »In einer halben Stunde bist du drüben im ›Bunks‹, verstanden?«
    Ich nicke.
    »Und wenn dich jemand hier unten erwischt, hab ich dich nie zuvor gesehen.«
    Ich grinse, aber Herbs Gesicht bleibt ernst. Also höre ich auf zu grinsen.
    »Alles klar?«, fragt er.
    »Alles klar«, sage ich.
    Herb nickt und geht zurück zur Treppe. Und ich bin allein.
    Larrys kindliche Schrift ist kaum zu entziffern. Zum Glück ist der Eintrag, nach dem ich suche, einer der neuesten. Kurz darauf habe ich auch den Lichtschalter gefunden. Erst jetzt erkenne ich, dass der Raum L-förmig ist; die Seite mit dem Eingang und dem Maschendrahtzaun scheint das kürzere Ende zu sein.
    Ich schaue mich ein letztes Mal um. Dann betrete ich den schmalen Tunnel zwischen den Regalwänden. Links von mir stapeln sich vom Boden bis zur Decke Kartons mit Aktenordnern, rechts eine Vielzahl von Flachbild-Fernsehern und DVD-Recordern, später folgt ein Kleintierzoo aus ausgestopften Mardern und Füchsen; alle mit einem kleinen Pappschild versehen. Nach dem Knick auf der langen Seite des Ls bestimmen wieder Klarsichttüten das Regalbild. Der Umzugskarton steht ganz am Ende hinter einem Haufen schlecht gefälschter Marken-Handtaschen.
    Ich stelle den Karton auf den Boden und öffne ihn. Einige Zeitungen, darunter ein Schlafsack – alles rostbraun gesprenkelt. Ich ziehe mir Handschuhe an und beginne, den Karton auszupacken. Eine große Sporttasche, der Gaskocher und einige Kleidungsstücke. Dazwischen immer wieder Zeitungen – hart und wellig vom getrockneten Blut. Schließlich die Hose, in der Shipman gestorben ist. Sie wurde auf Höhe der Knie regelrecht durchgebrochen, damit sie in den Karton passte. Dann auf dem Boden des Kartons einige kleinere Gegenstände: ein Sturmfeuerzeug, eine Brieftasche … und eine Zigarrenkiste. Der Ort, an dem Jungs ihre Baseballkarten aufbewahren. Ich öffne den Deckel. Die Tarotkarten liegen lose in der Kiste, mindestens zwanzig Stück, immer dasselbe Motiv: ein Mann, der kopfüber an einem Seil hängt. Das Licht geht aus. Einige Sekunden lang stehe ich einfach nur da, halte den Atem an und lausche in die Stille. Ein leises Tappen, irgendwo vom Eingang her.
    »Herb?«, rufe ich.
    Wieder ein Tappen. Dieses Mal schneller. Dieses Mal näher.
    »Herb, bist du das?« Aber er kann es nicht sein. Herb könnte sich niemals so leise bewegen.
    Ich stelle die Zigarrenkiste irgendwo in die Dunkelheit und schalte meine Taschenlampe ein. Wieder das Tappen. Wie von Mäusekrallen auf Beton. Nur größer. Ich ziehe die Glock aus dem Holster und gehe langsam zurück. Kurz vor dem Knick höre ich es wieder: ganz nah, rechts von mir. Es kommt aus dem nächsten Gang. Ich bleibe stehen, und auch das Tappen verstummt. Ich überlege kurz, wie ich am schnellsten in den nächsten Gang gelange, entscheide mich für das kurze Ende des Ls und sprinte los. Sofort ist das Tappen wieder da, laut und schnell wie eine elektrische Nähmaschine. Es entfernt sich, mir wird mein Fehler bewusst. Ich stoppe, sprinte zurück zum Knick und leuchte ans Ende des Ganges. Vor dem Umzugskarton auf dem Boden steht die Zigarrenkiste, hochkant aufgeklappt wie ein Buch. Sie ist leer. Ich komme zu spät.
    Plötzlich wieder das Tappen, diesmal aus der anderen Richtung, dreimal, wie ein Klopfen. Ich schaue zur Seite: Zwei gelbe Punkte schweben in der Dunkelheit, Glühwürmchen in der Nacht. Dann ein neues Geräusch, ein Schmatzen. Die Glühwürmchen rucken hin und her, ein Lachen, es sind Augen! Endlich gelingt es mir, die Taschenlampe herumzureißen. Der Gang ist leer, dahinter der Maschendrahtzaun, die Treppe. Die Augen sind verschwunden und mit ihnen das Tappen. Nur mein Herzschlag hallt noch durch den schmalen Gang.

    Ich weiß nicht mehr genau, wie ich ins ›Bunks‹ gekommen bin. Ich weiß nur, dass das mein vierter Whiskey ist, und Herb mich die ganze Zeit anstößt

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