Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)
er.
Lucan ging neben dem Sessel in die Hocke, um sich Samanthas Gesicht besser ansehen zu können. Ihr glattes dunkles Haar bedeckte eine ihrer Wangen und bildete einen starken Kontrast zu ihrer zarten Haut. Nichts betonte ihre gebogenen Wimpern oder ihre hübschen Lippen; ihre Haut war ganz leicht sonnengebräunt, roch jedoch dämmrig, als bade sie in der Nacht. Sie war nicht schön und auch nicht mädchenhaft oder auch nur hübsch, und doch waren ihre Züge geheimnisvoller und verlockender, als Frances’ offener, argloser Gesichtsausdruck es je gewesen war.
Er beugte sich über sie, um ihren Duft einzuatmen, der so köstlich und unerwartet war wie der Zimtgeruch in ihrem Bad. Samantha kleidete sich vielleicht möglichst unauffällig und lebte wie eine Nonne, aber sie roch nach den grünen, erdigen Tiefen des Amazonas, wo nachts gefährliche Dinge lauerten.
Die Frau war ihm ein völliges Rätsel.
Sie lebte freiwillig allein in einer Wohnung, die man kaum ein Zuhause nennen konnte. Verbarg sie ihr wahres Wesen? Sehnte sie sich heimlich nach einem Gefährten, der diese Einsamkeit verstand, so wie er?
Er sah ihren Puls an ihrem schlanken Hals und konnte nicht widerstehen, seine Lippen einen Moment daraufzupressen und seine Zunge auf die pulsierende Stelle zu legen. Ihr Blutfluss war stark, genau wie ihr Körper. Obwohl er sich bereits vor nicht einmal einer Stunde gesättigt hatte, spürte er, wie seine Fangzähne schmerzten, so sehr wollte er sie. Er hatte sie nicht gebissen, als sie zu der Befragung bei ihm gewesen war, und er wollte seine Zähne in ihr spüren, wollte fühlen, wie ihr Fleisch sich ihm ergab.
Lucan hob den Kopf und hörte sie leise seufzen, während sie sich im Sessel bewegte. Sie wandte sich ihm zu und streckte ihm ihren Hals wie eine Einladung entgegen. Es kostete ihn seinen ganzen Willen, sich nicht auf sie zu legen und sie zu nehmen.
»Bist du wie ich?«, flüsterte er. »Lieber allein als ungeliebt, geschmäht?«
»Lucan«, murmelte sie.
Er lächelte. Sie schlief, aber auf einer anderen Ebene nahm sie seine Anwesenheit wahr, und dadurch gewann er einen gewissen Einfluss auf sie. Er konnte nicht in ihre Träume eindringen, so wie Thierry Durand das vermochte, aber während sie schlief, war sie empfänglicher für l’attrait . Er konnte damit beginnen, sie von diesem trostlosen Leben wegzulocken.
Er strich mit seinen samtüberzogenen Fingern über ihren Hals. »Du bist jung und stark und gesund. Du gehörst in die Arme eines Liebhabers, der dich versteht. Ich glaube, das könnte ich sein, Samantha.«
Sie runzelte die Stirn. »Liebhaber?«
»Ja.« Er sah, wie sich ihre Augenlider einen Spaltbreit öffneten, und legte seine Hand über ihr Herz. »Schlaf weiter. Hör mir zu.« Einen Moment lang glaubte er, sie würde aufwachen, doch dann atmete sie wieder gleichmäßig und tief. »Ich will, dass du davon träumst, in meinen Armen zu liegen. Davon, bei mir zu sein. Ich werde das Gleiche tun. In unserem Schweigen und unserer Einsamkeit können wir füreinander brennen, Samantha. Würde dir das gefallen?«
Sie seufzte und rückte näher an ihn heran. »Mmmhhhh.«
Erst jetzt merkte Lucan, dass er die vollen, reifen Hügel ihrer Brüste streichelte, und der Rest von ihm wollte so viel mehr tun. Wenn er jetzt nicht ging, dann würde er es nicht tun, bis er sie auf ein Dutzend verschiedene Weisen gehabt hatte.
Er fing das Ende ihres Atems mit dem Mund auf und hauchte es zurück gegen ihre Lippen. »Komm noch einmal zu mir, Samantha. Wann immer du mich willst. Ich werde jede Leere ausfüllen, die du empfindest.«
Vater Mercer Lane beendete die Führung durch Barbastro Abbey, indem er die drei Treppen an der Rückseite des Klosters hochstieg, damit sein Freund über sein kleines Reich blicken konnte.
»Das hier war vor vierzig Jahren nichts als von Krokodilen und Schlangen verseuchtes Sumpfland«, erklärte er John. »Nichts als Sumpfgras und Ungeziefer, so weit das Auge reichte.«
John trat an das Geländer. »Wie lange gibt es das Kloster schon?«
»Im November ist der erste Spatenstich neununddreißig Jahre her.« Mercer holte sein Zigarrenetui heraus. »Ich nehme nicht an, dass du seit deinem Kirchenaustritt mit dieser dummen Angewohnheit begonnen hast?«
»Nein, aber rauch ruhig.«
»Das hier ist der einzige Ort, an dem ich es tun kann, ohne Gefahr zu laufen, dass Bruder Ignatius es riecht.« Mercer benutzte ein Taschenmesser, um das Ende abzuschneiden, bevor er die Zigarre
Weitere Kostenlose Bücher