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Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)

Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)

Titel: Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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nach New Orleans und Chicago hatte John das Gefühl, dass alle seine Schulden für alle Zeit beglichen waren. Mercer würde ihm bestimmt genug Geld leihen, um irgendwo neu anzufangen. Es war die Angst in den Augen des jüngsten Bruders, die ihn davon abhielt, seine Koffer zu packen. Er hatte die gleiche Verzweiflung in seinen eigenen Augen gesehen, als er Rom verließ.
    Besser, er fand zuerst heraus, was hier vorging, dann konnte er entscheiden, ob und wie weit er sich da reinziehen lassen wollte.
    John wartete, bis Mercer ihn bat, in die Stadt zu fahren, um einige Vorräte zu kaufen. Normalerweise erledigte das Bruder Ignatius oder einer der älteren Mönche, aber der Abt erklärte ihm, dass er sie für eine Gebetsstunde brauchte.
    »Hier ist eine Liste mit allem, was wir brauchen«, sagte Mercer und gab ihm einen langen Zettel und mehrere Hundert Dollar in bar. »Ich kann dir das Geld doch anvertrauen, oder?«
    »Wenn ich ein Dieb wäre, Mercer«, erklärte ihm John, »dann würde ich deine Eltern erpressen. Sie haben mehr Geld als Gott, oder?«
    Der Abt lachte und gab ihm den Schlüssel zum alten, aber zuverlässigen Kombi des Klosters. »Und achte darauf, dass du die gelben Pfirsiche kaufst. Bruder Nicholas ist überzeugt davon, dass die weißen nicht reif sind, und weigert sich, sie zu essen.«
    John befürchtete, dass ihn einer der anderen Brüder begleiten würde, aber niemand wartete beim Auto. Er fuhr durch das Tor, das er mit der Fernbedienung, die an der Sonnenblende befestigt war, öffnete und wieder schloss. Ein paar Blocks vom Kloster entfernt befand sich ein belebter Wohnkomplex mit Gästeparkplätzen für Besucher, wo er den Kombi abstellte.
    Ich könnte mich irren , haderte er mit sich selbst, während er zurück zum Kloster lief. Es könnte einfach eine Glaubenskrise sein oder die Brüder wollen Mercer loswerden, weil er trinkt . Je länger er darüber nachdachte, desto mehr schien ein solcher Grund Sinn zu machen.
    John blieb vor dem Maschendrahtzaun am hinteren Teil des Klostergeländes stehen und zögerte. Wenn er das hier tat, dann würde er damit seine Freundschaft zu Mercer aufs Spiel setzen. Er würde einen Mann bespitzeln, der ihm Zuflucht gewährt hatte, als er sich an niemand anderen wenden konnte.
    Mercer belügt mich , dachte er. Ich kann nicht so tun, als würde das nicht passieren, und ich wäre kein guter Freund, wenn ich wegrenne, anstatt zu versuchen, ihm zu helfen .
    Das Klettern über den Zaun fiel ihm leicht, und er hielt sich im Schatten der Bäume, während er zu der ausziehbaren Leiter ging, die an der Außenseite der Klostermauer lehnte. Er stieg weit genug hinauf, um zu sehen, ob die Luft rein war, dann schwang er sich hinüber und ließ sich fallen.
    Das Gelände war verlassen, aber er konnte die Stimmen der Brüder aus der Kapelle hören. Leise ging er zur Seite des Gebäudes und stellte sich auf Zehenspitzen, um durch eines der Fenster ins Innere zu blicken.
    Die Brüder standen nicht wie sonst in Zweierreihen, sondern hatten sich in der Mitte der Kapelle zu einem Kreis zusammengefunden. Sie knieten, die Hände gefaltet, und beteten auf Latein miteinander. Nach einem Moment des Zuhörens wurde ihm klar, dass sie immer und immer wieder das gleiche Gebet aufsagten.
    » Pater noster qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum. Adveniat regnum tuum. Fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra …«
    John kannte das Vaterunser auf Englisch, Latein und Italienisch; er war gezwungen worden, es jeden Tag Dutzende Male aufzusagen, während die Brüder ihn in Rom »initialisiert« hatten. Es aus den Mündern der friedlichen Mönche des Klosters zu hören, ließ ihn beinahe vor Wut aufschreien – aber es war ein Gebet, das Priester, Mönche und Ordensbrüder auf der ganzen Welt sprachen. Die Brüder hatten mit diesem Ort nichts zu tun. Wenn es so gewesen wäre, dann wäre John tot.
    Es bedeutet nichts.
    John kam sich dumm vor. All diese alberne Geheimniskrämerei, und dabei beteten die Brüder nur formlos miteinander, vielleicht taten sie das immer, wenn sie nicht vor Fremden wie ihm auftreten mussten. Er entfernte sich von der Kapelle und ging den Weg zurück, den er gekommen war, wollte zum Auto, die Besorgungen für Mercer erledigen und niemals wieder seinen Freund oder dessen Motive infrage stellen.
    Vielleicht könnte ich herausfinden, ob es hier in der Nähe einen Psychiater gibt, der auch für die Wohlfahrt arbeitet . Er musste auf jeden Fall seinen Kopf untersuchen

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