Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)
bevor er aufsprang.
» Abuelo sagen, ich soll diesmal übersetzen für dich«, erklärte ihm der Junge und griff mit seiner kleinen dreckigen Pranke nach seiner Hand. »Er sagen, dein Spanisch scheiße.«
Mercer wollte lachen über die kleine Kirche, über den Jungen mit der Zigarre und seinen bösen, bösen Großvater. Er wollte nach draußen laufen, wo die Luft klar war, wo verzweifelte Männer sich nicht mit dem Unheiligen verbündeten. Aber dieser Mann hatte ihm schon mehrmals geholfen, und jedes Mal war genau das passiert, was er versprochen hatte.
Lukumi unterschied sich gar nicht so sehr vom Katholizismus. Ganz sicher hatte es die Praktiken und Riten der Kirche übernommen. Einige meinten, sie seien jedoch mit bösen heidnischen Praktiken aus Afrika verquickt worden, die mit den Sklaven nach Kuba gekommen waren. Was es auch war, manchmal glaubte Mercer, dass es vielleicht die einzige echte Magie auf der Welt war. Sie war in der Wiege der Menschheit geboren worden und hatte sich mit dem stärksten Glauben der Welt verbunden. Vielleicht war sie deshalb so mächtig.
Der alte Mann saß wie üblich in seinem Schaukelstuhl und trug ein verblasstes Panama-Jack-T-Shirt und ausgefranste Boxershorts. Er hielt eine noch viertel volle Flasche Rum in der Hand, aus der er trank, bevor er unsicher aufstand.
» Padre .«
» Santero .« Mercer gab ihm nicht die Hand, aber er neigte respektvoll den Kopf. »Sag deinem Großvater, dass ich eine Bedrohung von unserem Kloster abwenden muss. Sag ihm, es muss geheim bleiben, so wie beim letzten Mal.«
Der Junge nickte und rasselte etwas in schnellem Spanisch herunter. » Mi abuelo rufen sein Orisha«, sagte der Junge. »Er wird ihn befragen und dir sagen, was du musst tun.«
Mercer wusste wenig von den bösen Geistern, die der Santero anrief und die in Trance von ihm Besitz ergriffen. Er wusste, dass die Anhänger des alten Mannes glaubten, dass jeder Mensch unter dem Schutz eines bestimmten Orisha geboren wurde und dass mehrere Hundert von ihnen über alles im Universum herrschten; die Menschen beschwichtigten sie durch Gebete und rituelle Opferungen, um ein besseres Leben zu führen und ihren Geist zu reinigen. Farben und Zahlen und Wochentage wurden den einzelnen Geistern zugeordnet, und die Gläubigen ehrten sie mit Perlenketten und kleinen Hausaltären.
Der alte Mann lehnte sich in seinem Schaukelstuhl zurück und stellte die Flasche Rum vorsichtig zur Seite. Er umklammerte die Armlehnen des Stuhls und begann, in monotonem Spanisch ein Gebet zu singen, machte sich dabei ganz steif.
Der Junge hielt seinem Großvater die Rumflasche an den Mund, aber anstatt zu trinken, spuckte er die Flüssigkeit in vier Richtungen auf den Boden um seinen Stuhl. Sein Gesicht war dunkelrot geworden, und Krämpfe schüttelten ihn, als habe er einen Anfall.
»Orisha kommt«, flüsterte der Junge.
Der alte Mann fiel nach vorn und richtete sich dann langsam wieder auf. Seine gesamte Haltung änderte sich, wurde so aufrecht wie die eines viel jüngeren Mannes. Er sah Mercer an und sagte etwas mit einer tieferen, furchterregenden Stimme.
»Sag, weswegen du hier bist«, übersetzte der Junge.
»Es gibt da einen Mann, von dem ich glaube, dass er mich vernichten will«, erklärte Mercer. »Ich muss etwas tun, um ihn aufzuhalten, aber ich weiß nicht wie. Es darf nichts sein, das man mit mir in Verbindung bringen kann, sonst wäre alles umsonst gewesen.«
Der Santero kicherte und stellte eine weitere Frage.
»Orisha fragt, ob du hast genug Mut für was muss getan werden«, übersetzte der Junge.
Mercer nickte. »Ich tue alles.«
Der alte Mann holte ein Säckchen aus seiner Hemdtasche und reichte es dem Jungen zusammen mit einer Reihe von Anweisungen.
»Orisha sagt, du das hier benutzen. Nicht mit irgendetwas mischen. In den Mund geben.« Der Junge reichte ihm das Säckchen.
Mercer spürte, wie seine Knie weich wurden. »Was ist das?«
Der alte Mann grinste und sagte in perfektem Englisch: »Herzmörder.«
»Ich kann meinen Job nicht machen , wenn du Sachen vor mir verheimlichst «, hörte Philippe Alexandra schreien.
»Es gibt Dinge, die du nicht verstehen kannst«, erwiderte sein Meister und klang genauso ruhig, wie seine Sykenis wütend war. »Das habe ich dir bereits erklärt.«
»Hast du mich gerade dumm genannt?«
Der Seneschall seufzte und fuhr fort damit, der persönlichen Leibgarde von Cyprien Befehle zu erteilen. »Patrouilliert bis zum Morgengrauen über das Grundstück.
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