Darkyn: Für die Ewigkeit (German Edition)
vor den Spiegel, damit er ihr bei der Arbeit zusehen konnte. Hätte sie sich das eigene Haar nicht so kurz geschnitten, dann hätte er das Gleiche für sie tun können.
Sie hat ihr Haar nicht immer kurz getragen, fiel Byrne ein. An dem Tag, an dem sie ihn rettete, hatte es sich so weich und eng wie Fallstricke aus dunkler Seide um ihn gelegt. Seine Erinnerungen an diese Begegnung waren verschwommen, aber er glaubte sich zu erinnern, dass er mit ihrem Haar gespielt hatte …
»Mylord?« Ihr Blick traf seinen im Spiegel. »Gefallen Euch die Zöpfe nicht?«
»Doch, sie sind sehr schön.« Es war ihm immer egal, was sie tat, wichtig war nur, dass sie es tat. »Komm herum zu mir.« Er zog sie zu sich nach vorn.
Jayr missdeutete seine Absichten und kniete nieder. »Soll ich Euch die Stiefel ausziehen, Mylord?«
»Nein.« Er fuhr mit den Fingern durch ihre kurzen dunklen Locken, hob sie von ihrem Kopf und versuchte sich daran zu erinnern, was er vor diesen vielen hundert Jahren damit gemacht hatte. Es kam ihm jetzt kürzer vor als vor ein paar Stunden. »Warum schneidest du dir das Haar so kurz?«
»Ich schneide es nicht … ich meine, ich trage es doch immer so.«
»Nein, als du zu mir kamst, reichte dein Haar bis zu deinen Hüften.« Als er mit den Fingerspitzen durch die dunklen Strähnen strich, schimmerten sie rötlich. »Das Erste, womit du mich berührtest, war dein Haar, nicht wahr? Ich dachte, es wären die Satinbänder deines Kleides.«
»Ich besaß nichts aus Satin, das versichere ich Euch.« Jayr senkte das Gesicht und versteckte ihren Gesichtsausdruck. »Die Nonnen wollten mich scheren und mich zwingen, das Gelübde abzulegen. Meine Eitelkeit gab mir einen weiteren Grund wegzulaufen.«
»Ich kann es ihnen nicht vorwerfen, denn sie haben dich zu mir geschickt, sodass du mich retten konntest.« Byrne schob seine Hand in ihren Nacken und tastete nach den feinen Haaren, die dort wuchsen. »Es fühlt sich noch immer wie Satin an, nur ist es jetzt ein Saum und kein Band mehr.« Er hob ihr Kinn hoch. »Was ist denn mit dieser trotzigen Eitelkeit passiert?«
»Sie fand einen neuen Haarschopf, den sie liebte. Einen, der viel schöner ist als ihr eigener.« Sie hob die Hand und richtete einen Zopf neben seiner Schläfe. »Ihr seht großartig aus, Mylord.«
»Deine Hände können zaubern.« Byrne lächelte und beugte sich vor, um ihren Duft einzuatmen. Als sie sich versteifte und aufstehen wollte, legte er ihr die Hände auf die Schultern. »Lass dein Haar wieder lang wachsen, Jayr, dann flechte ich dir Zöpfe.«
Verwirrung verscheuchte die Bestürzung in ihren Augen. »Mylord, das kann ich nicht.«
»Warum nicht?« Er legte die Hand an ihre Wange. »Hast du Angst vor deiner Eitelkeit?«
»Vor der Umständlichkeit. Es würde mir im Weg sein.« Ihre Kehle bewegte sich, als sie schluckte. »Ich sollte mich jetzt umziehen, damit wir nicht zu spät kommen.« Sie schlüpfte unter seinen Händen hindurch und stand auf. »Ich bin gleich zurück.«
Byrne sah ihr nach und musste den Impuls unterdrücken, sie wieder einzufangen. Er verstand diesen neuen, drängenden Hunger nicht, den er empfand, oder warum er in seinem Innern wütete, aber er wollte sie einfangen und zurück in sein Zimmer bringen. Er würde die Tür verrammeln, ihr die Handgelenke zusammenbinden, alles, was nötig war, um sie in seiner Nähe zu halten. Und dann … dann … würde er ihr geben, was sie sich selbst und ihm versagte.
Was ihn davor bewahrte, sich dem Wahnsinn zu ergeben und den Freuden, die er versprach, war die Tatsache, dass er jenem merkwürdigen Zustand ähnelte, den er so fürchtete. Wer wollte behaupten, dass es etwas anderes war?
»Ich bin ein denkender Mensch«, spie er aus und krümmte sich beinahe, während er um Beherrschung rang. »Kein … wütendes … Monster.«
Sein Duft folgte ihm, als er aus seinen Gemächern floh.
Jayr schloss ihre Tür ab und lehnte sich dagegen. Ihr Herz hämmerte wild in ihrer Brust. Ihr Gesicht brannte heiß und kalt; unsichtbarer Sand füllte ihren Mund. Ihre Brust wollte in sich zusammenfallen.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte sie und merkte nicht, dass sie es laut aussprach, während sie zum Schrank ging, um sich ihre Sachen für den Ball zu holen. »Es liegt an der Spritze. Die Ärztin hat gesagt, dadurch würde ich solche Dinge empfinden.«
Nur nicht so schnell, zumindest hatte sie das angenommen.
Jayr zog sich das feuchte Wams und die Hose vom Leib und ging zum Waschbecken, füllte
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