Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich musste die Höhle zerstören, bevor er die Hommage herausholen konnte.«
Jema sog scharf die Luft ein. »Mutter.«
»Sieh mich nicht so an.« Sie ließ Jemas Hand los. »Ich war jung und dumm und verliebt. Ich wollte ihn retten. Ich weiß nicht, was schiefgegangen ist. Ich brachte die Sprengladungen an, aber eine explodierte zu früh, bevor ich die Höhle verlassen konnte. Sie stürzte über mir ein, und das Gewicht der Felsbrocken brach mir das Rückgrat. Dein Vater grub mich aus, und wenige Minuten später wurdest du geboren.«
Jema versuchte, wütend zu sein, aber der unglückliche Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter war zu stark. »Er muss sich große Sorgen um dich gemacht haben.«
»Nicht genug, dass es ihn davon abgehalten hätte, sich die Hommage zu nehmen. Er fand sie im Geröll und schmuggelte sie mit dem Nottransport, der mich zurück in die Staaten brachte, außer Landes.« Meryls Hände zitterten, als sie einen Schluck Wasser trank. »Er hat sie irgendwo versteckt, aber er hat mir nicht gesagt, wo. Dann flog er zurück und verunglückte.« Der Tonfall ihrer Mutter änderte sich. »Seitdem versuche ich, die Hommage zu finden.«
»Was hat mein Vater noch gestohlen?«, fragte Jema leise.
»Nichts. Es war nur dieses eine Mal. Aber es reicht aus. Wenn jemals herauskäme, dass dein Vater ein Dieb war, dann würde uns das unseren Ruf kosten, unsere Stellung in der Gesellschaft. Alles, was wir getan haben, alles, was wir der Welt geschenkt haben, würde sofort misstrauisch beäugt. Du weißt nicht, wie sehr mich diese Vorstellung quält. Wie oft ich dir schon davon erzählen wollte.«
Jema dachte daran, wie oft Meryl ihr von ihrem Vater erzählt hatte; wie viele Gelegenheiten es gegeben hätte, ihr von dieser Geschichte zu berichten. Warum hatte sie es nicht getan? »Stattdessen hast du Sachen aus dem Museum genommen, um … was? Sie zu durchsuchen?«
»Es war nur hin und wieder eine Kiste. Mit Dingen, die noch nicht untersucht waren. Davon gibt es so viele unten im Lager. Ich glaube nicht, dass sie vermisst wurden.« Die Stimme ihrer Mutter brach. »Ich habe sie mir nur ausgeliehen, um sie zu untersuchen. Ich ließ alles zurückbringen, womit ich fertig war. Ich habe nichts aus der Sammlung gestohlen.«
»Was hättest du mit der Hommage gemacht, wenn du sie gefunden hättest?«, fragte Jema. »Sie zerstört?«
»Nein, natürlich nicht. Ich hätte sie – anonym – an die griechische Regierung zurückgegeben – und gehofft, dass die Sache damit erledigt ist.« Ihre Mutter trocknete sich ihr Gesicht mit ihrer Stoffserviette ab. »Niemand darf davon erfahren, Jema. Wenn du es der Polizei sagst, dann gerät das in die Schlagzeilen. Der Name deines Vaters würde in den Dreck gezogen. Die griechische Regierung ist sehr nachtragend; sie wollten die Shaw-Sammlung immer zurückhaben. Sie könnten eine Rückerstattung verlangen oder uns anzeigen. Das könnte die Schließung des Museums bedeuten.«
Die Enthüllungen ihrer Mutter verdrängten Jemas Bedürfnis, nach Thierry zu suchen. Für den Moment musste die Sache mit Meryl und der Hommage Priorität haben – nur für den Moment. »Ich gehe besser. Ich rufe dich vom Büro aus an, wenn ich etwas weiß, Mutter.«
»Wenn du etwas weißt? Was willst du denn tun?«, fragte Meryl und sah wieder verzweifelt aus. »Du wirst es doch nicht der Polizei sagen?«
»Nein.« Jema seufzte. »Ich werde ins Museum gehen und dieses Ding suchen.«
18
Die Lage spitzte sich weiter zu, als Jema am Museum ankam.
»Detective Newberry.« Jema blieb in der Halle stehen, die in den Keller führte, wo der Detective an einer Wand lehnte und handgeschriebene Notizen las.
»Morgen, Miss Shaw.« Stephen Newberry richtete sich auf und steckte seine Notizen ein. »Sie haben von den Morden vor dem Museum letzte Nacht gehört?«
»Ich … ja, habe ich.« Jema wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. Die Enthüllungen ihrer Mutter gaben ihr das Gefühl, vor der Polizei etwas zu verbergen zu haben. Dann war da noch Thierry – hatte er diese Männer umgebracht, um sie zu beschützen? Jema erinnerte sich, dass sie einen großen, dunklen Schatten auf die Männer hatte zukommen sehen, kurz bevor sie von einem von ihnen in die Gasse gezogen wurde. Wenn Thierry die drei getötet hatte, dann wurde er vielleicht des Mordes angeklagt. Weil sie merkte, dass der Detective sie anstarrte, sagte sie: »Tut mir leid, aber ich habe noch keinen Kaffee getrunken.
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