Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
Mitarbeiterin der Gerichtsmedizin auswies. Er betrachtete sie mit beleidigender Gründlichkeit. »Ich bin sofort gekommen, als ich die Nachricht auf dem Pieper erhielt und bestätigt bekam.« Nach einer inneren Debatte von nicht mehr als zehn oder fünfzehn Minuten , fügte sie in Gedanken hinzu.
»Wir warten seit zwanzig Minuten auf Sie«, erklärte ihr Newberry. Sein kurzes kupferfarbenes Haar entzog seinem blassen Gesicht alle Farbe, während die tief eingegrabenen Fältchen um seine Augen und seinen Mund ihn zehn Jahre älter aussehen ließen. »Vielleicht könnten Sie das nächste Mal ein bisschen schneller fahren. Ich werde das Ihrem Boss berichten.«
»Ich bin unabhängige Beraterin der Gerichtsmedizin, Detective, keine städtische Angestellte«, erwiderte Jema, während sie Schuhschutzhüllen und den Plastikanzug anzog, die verhindern würden, dass sie in der Nähe der Leiche Fasern hinterließ. »Wenn Sie mir Schwierigkeiten machen wollen, dann sprechen Sie mit dem Besitzer des Shaw-Museums. Soll ich Ihnen die Telefonnummer meiner Mutter geben?«
»Schon gut. Im Moment bin ich dafür zu wütend.« Newberry führte sie durch das Chaos aus Mitarbeitern der Spurensicherung und Ermittlern, bis sie die Leiche erreichten. »Sie haben schon ein paar von denen untersucht, oder?«
»Ja.« Jema lächelte ein wenig. »Ich wurde erstmals von der Chicagoer Gerichtsmedizin als Beraterin hinzugezogen, als ein Importeur ermordet aufgefunden wurde. Der Mörder hatte ihn mit etwas erstochen, das wie ein alter Dolch der Spartaner aussah. Ich identifizierte die Waffe als Fälschung, aber ich fand auch ein archaisches griechisches Symbol, das in der Nähe des Opfers mit Blut aufgemalt war. Das führte zur Verhaftung eines bekannten Sammlers. Offenbar hatte ihm der Importeur einige Fälschungen verkauft.«
»Nur weil man alte Messer identifizieren kann, kriegt man noch keinen Job bei der Gerichtsmedizin«, meinte Newberry.
»Nein, aber wenn man einen Abschluss in Forensik hat und bereit ist, nachts zu arbeiten, dann schon.« Sie blieb stehen, als sie das Opfer sah.
Der nackte Körper eines Mannes lag mit dem Gesicht nach unten im braunen Gras. Am Hinterkopf klaffte eine so tiefe Wunde, dass der gesamte Schädel deformiert war, und der Rest des Körpers zeigte Spuren von zahllosen brutalen Schlägen.
Jema hatte täglich mit dem Tod zu tun, wenn sie Artefakte katalogisierte, von denen viele als Beigaben in Gräbern oder Gruften gefunden wurden. Doch der getrocknete, brüchige Oberschenkelknochen des Bediensteten eines Edelmannes, der tausend Jahre vor Christi Geburt rituell geopfert worden war, ließ sich nicht mit dem misshandelten Körper eines Mannes vergleichen, der noch vor wenigen Stunden gelebt hatte.
Es war real. Es war abscheulich. Man konnte es nicht wegreden.
»Man hat mir gesagt, wenn man so etwas ständig sieht, entwickelt man mit der Zeit eine emotionale Distanz«, sagte sie und ballte die Hände in den Taschen zu Fäusten. »Wie lange dauert das?«
»Ungefähr fünfzig Jahre, plus minus ein paar Jahrzehnte«, antwortete Newberry mit schmalen Lippen. »Es hilft, wenn man trinkt.«
Jema zog ein Paar Latexhandschuhe an und holte eine Spurensicherungstüte aus ihrer Tasche. Der Detective blieb zurück, während sie zuerst um die Leiche herumging, dann innehielt und sich das Gras und die Erde genauer ansah. »Da ist nicht genug Blut. Er wurde wahrscheinlich nicht hier umgebracht.«
»Das sehen wir auch so.« Newberry deutete auf einige kleine Schildchen der Spurensicherung, die in einem Stück Erde einen Meter von der Leiche entfernt steckten. »Keine Fußabdrücke neben den Reifenspuren. Vielleicht wurde er von der Ladefläche eines Pick-ups geworfen, der durch die Einfahrt für die Gärtner kam.« Er klang leicht überrascht, so als hätte er ihre Beobachtung nicht erwartet.
»Hat er hier gearbeitet oder gelebt?« Jema wusste, dass Morde oft in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Opfers oder in der Nähe von beidem passierten.
»Er hat sechs Blocks entfernt einen kleinen Laden geleitet.« Newberry kam näher. »Der Angestellte der Nachtschicht hat ihn zuletzt vor zwei Tagen lebend gesehen. Er verließ den Laden um zehn Uhr abends und kam nie zu Hause an.«
»Die Leiche lag zuerst mit dem Gesicht nach oben; sie wurde umgedreht.« Jema deutete auf zwei Erdflecken am Rücken und den Beinen. »Aus irgendeinem Grund wollte man, dass er mit dem Gesicht nach unten liegt.« Sie ging in die Hocke und nahm mit
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