Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry
der Antonio mich so fürstlich bewirtet hatte, wollte er mich nur zum Drogenkurier machen. Er musste es mir in die Tasche geschoben haben, als ich nach dem Essen ein Nickerchen gemacht hatte. Zweifellos gab es hier einen Kontaktmann, der Mittel und Wege gefunden hätte, es mir zur rechten Zeit wieder abzunehmen. Ich war wütend. Und traurig. Aber hauptsächlich wütend.
28. August, Sonntag
Habe die letzte Nacht im Hochsicherheitstrakt des Flughafens verbracht. War überrascht, als ich dort Adrian und Samantha wiedersah. Haben ein bisschen geklönt. Wer hätte je gedacht, dass die beiden international gesuchte Juwelendiebe sind? Aber immerhin erklärt das, warum sie so ausweichend waren. Offen gesagt, bin ich erleichtert. Ich hatte schon befürchtet, sie hätten was gegen Stephen.
29. August, Montag
Endlich wieder zu Hause. Gott sei Dank mussten sie mich schließlich freilassen. Als das Laborergebnis zurückkam, konnten sie mich nicht anklagen, im Besitz einer Geheimmischung von elf verschiedenen Kräutern zu sein. Der Wein, den wir zum Essen getrunken hatten, muss stärker gewesen sein, als ich gemerkt hatte. Ich hoffe, Antonios Mutter verzeiht mir, dass ich bei meinem kleinen Schwips ein paar Proben ihrer Geheimmischung eingesteckt habe.
30. August, Dienstag
Was soll’s. Der Alltag hat uns wieder. Stephen ist heute Morgen wie immer mit dem Taxi losgefahren, und ich habe mich ans Kofferauspacken gemacht. Komisch – ich kann mich nicht erinnern, einen Spielzeugdino mitgenommen zu haben.
31. August, Mittwoch
Der Nachurlaubskater ist noch immer nicht ganz weg, und ich habe mir in der Stadt ein bisschen Shoppingtherapie verordnet. Der neue Adventskalender und die Ostereier haben mich auch gleich aufgeheitert.
September
1. September, Donnerstag
Großartige Neuigkeiten! Stephen junior ist in die Theaterakademie für straffällige Jugendliche aufgenommen worden. Ein Fry in der Schauspielbranche! Wer hätte sich das wohl träumen lassen? Stephen musste natürlich wieder seine »Kein Sohn von mir …«-Nummer abziehen (die muss ich echt schon tausendmal gehört haben; am denkwürdigsten natürlich nach der Geburt von Hugh junior), aber am Ende musste er einlenken, wenn auch nur widerwillig, und Montag in einer Woche geht Stephen junior dann erstmals in die TASJ.
2. September, Freitag
Stephen ist doch ein Mann wie aus dem Bilderbuch. Jetzt hat er den Spielplan der Fußballliga an die Schlafzimmerdecke geklebt. Vom Spiegel ist kaum noch was zu sehen.
3. September, Samstag
War mit den Kindern heute bei Poundsweater, um ihnen die neuen Schuluniformen zu kaufen. Normalerweise würde ich eine so haarsträubende Verschwendungssucht niemals dulden – für gewöhnlich trägt Hugh junior die alten Sachen von Stephen junior auf, Brangelina die von Viennetta und jeder Zwilling die des anderen. Dann müssen nur Stephen junior und Viennetta eingekleidet werden, aber da die beiden sowieso die meiste Zeit vom Unterricht ausgeschlossen werden – meistens wegen fehlender Schuluniformen (bei Viennetta wegen allgemein fehlender Kleidung; sie neigt zu frühzeitiger Freizügigkeit) –, war das noch nie ein Problem.
Dieses Jahr sieht das alles aber ganz anders aus. Nicht nur sind Grund- und Mittelschulen sowie Kindergärten zusammengelegt worden, um Geld zu sparen (ein logistischer Alptraum, denn laut Vorschrift braucht jetzt jedes Klassenzimmer hochmoderne Computer, eine Shakespeare-Gesamtausgabe und einen Sandkasten), sondern nach Miss Tripplemounts Frühpensionierung hat der Gemeinderat auch einen neuen »Super-Direx« namens Mr. deClarkson eingesetzt, der in einem letzten verzweifelten Versuch »im Bildungswesen die Wende schaffen« soll.
Laut der von Mr. deClarkson gestern verschickten Mail gilt die Maxime »Gut gekleidet ist halb gelernt«, und deshalb wird als Erstes eine brandneue Schuluniform eingeführt. Her mit den knallroten Pullovern mit dem aufgeprägten Schulwappen, den gestreiften Schulkrawatten und den Schulmützen; weg mit denSchul-Kapuzen-Shirts, den »N-Dubz«-Schul-T-Shirts und den Schul-Holstern.
Was ja alles gut und schön ist, nur sind wir armen Eltern wieder mal die Leidtragenden. Es sollte mich wundern, wenn ich von den 20 Pfund noch was rausbekomme.
4. September, Sonntag
Ich habe Stephen gesagt, ich hätte heute Morgen keine Lust, Gutsherrin und unartiger Landarbeiter zu spielen, aber er pflügt unbekümmert weiter.
5. September, Montag
Erster Tag des
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