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Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Titel: Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mrs. Stephen Fry
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Flow«.
    12. September, Montag
     
    Stephen juniors erster Tag an der TASJ. Es ist schön zu sehen, dass er sich mal für was anderes als blinde Gewalt und Lion-Schokoriegel interessiert. Heute gab es einen Einführungsvortrag, bei dem die verschiedenen Module der Ausbildung vorgestellt wurden. Das ist eine ganz schöne Palette, finde ich – von Straßenmusik bis hin zu Stimmprojektion für Verkäufer von Obdachlosenblättern. Stephen junior hat sich vorläufig für »Komparsenarbeit für Anfänger: Mit dem Hintergrund verschmelzen« und »Chargieren auf dem Trockenen: In die Videothek ohne Umweg übers Kino« entschieden.
    13. September, Dienstag
     
    Ich bin ganz aufgeregt! Erst sein zweiter Tag, und Stephen junior hat schon eine Rolle in der Weihnachtsinszenierung
A Little R ’n’ R der Schule,
Stephen Sondheims Musical über die Kray-Zwillinge. Er spielt den Mann in der Kebab-Bude. Sogar Stephen war beeindruckt, als ich ihm davon erzählte, obwohl er immer noch der Meinung ist, Schauspielen sei kein anständiger Beruf und er sollte sich einen Job für »echte Männer« suchen – wahrscheinlich denkt er an einen »echten Mann in einer echten Kebab-Bude«.
    14. September, Mittwoch
     
    Von Stephen juniors Beispiel angespornt, habe ich heute Abend ebenfalls einen neuen Kurs angefangen. Creative Writing wird diesmal leider nicht angeboten, weil der Dozent ein Freitrimester beantragt hat und eine Reise um die Welt macht (er reist im Ballon – sollte also in knapp drei Monaten zurück sein), also habe ich mich für einen Lyrikkurs eingetragen. Angela Wordsmith, die Dozentin, ist einfach wunderbar. Sie hat schon Gedichte veröffentlicht, ist selbstsicher und elegant – eigentlich eine unwesentlich jüngere Ausgabe meiner selbst –, und anscheinend hat sie mich richtig ins Herz geschlossen. Wahrscheinlich spürt sie unsere Seelenverwandtschaft – schließlich habe ich die Seele einer Dichterin. Bei Lichte besehen, frag’ ich mich, warum ich das nicht viel früher gemacht hab’. Wenn ich mir vorstelle, all die Jahre kreativer Brillanz vergeudet zu haben. Gott sei Dank ist es mir rechtzeitig aufgefallen, sonst wäre mein Genie der Welt vorenthalten worden.
    Heute Abend war die zwanglose Einführungssitzung, die sich eindeutig an die Kursteilnehmer richtete, die nicht meine Begabung mitbringen. Wir saßen im Kreis und diskutierten unsere prägendsten Einflüsse. Ich muss gestehen, dass ich peinlich berührt war, als die anderen mit den üblichen Verdächtigen ankamen – Keats, Byron, Coleridge … Man könnte meinen, nach dem 12. Jahrhundert hätte niemand mehr ein Gedicht geschrieben. Danach gab es einen kleinen Workshop, und jeder hatte zehn Minuten Zeit, ein Gedicht oder einen Bewusstseinsstrom, wie Miss Wordsmith das nannte, zumThema Herbst zu schreiben. Anschließend wurden die Texte in der Gruppe vorgelesen. Am Anfang war ich ein bisschen nervös, aber als ich die lyrischen Gehversuche der anderen gehört hatte, wusste ich, dass ich mir keine Sorgen machen musste. Als ich an die Reihe kam, stand ich zuversichtlich auf, hielt mein A4-Blatt auf Armeslänge und trug es vor. Ich bin so stolz auf meine Leistung, dass ich es für die Nachwelt hier ins Tagebuch klebe …

     

     
    Erschöpft setzte ich mich wieder. Ich darf wohl ohne Übertreibung sagen, dass die Urgewalt meiner Darbietung der Gruppe den Atem verschlug. Eine kleine Ewigkeit lang saß sie völlig baff da, bevor Angela begeistert in die Hände klatschte und das Ende der Stunde bekanntgab.
    Ich bin ja nicht unsensibel, und so wartete ich, bis die anderen Kursmitglieder gegangen waren, bevor ich Miss Wordsmith um eine Einschätzung meiner Arbeit bat. Sie war des Lobes voll, legte mir einen Arm um die Schulter und sagte, ich besäße »eine unverkennbare lyrische Stimme«. Ich halte ja nun nicht viel von der öffentlichen Zurschaustellung von Gefühlen – von der privaten übrigens auch nicht, außer am Sonntagmorgen –, aber ich muss doch sagen, dass mein Schritt federnder war als sonst, als ich von der Volkshochschule nach Hause ging. Endlich bin ich entdeckt worden!
    15. September, Donnerstag
     
    Heute kam ein Brief von Miss Campbell. Sie möchte, dass wir am Montag vorbeikommen, um über Brangelina zu sprechen. Ich bin schon ganz ungeduldig. Brangelina ist das einzige unserer Kinder, das noch nie einen blauen Brief mit nach Hause gebracht hat. Oder nachsitzen musste. Oder vorbestraft wurde.
    16. September, Freitag
     
    Oje. Es war ja auch zu

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