Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

literarischen Talents zurückzubringen. Er lächelte und nickte aufmerksam bei jeder Antwort, und ehe ich’s mich versah, war es sechs Uhr, und er musste gehen. Er hat gesagt, derArtikel erscheint in der Mittwochsausgabe. Der wird ganz schön Furore machen, meint er.
    18. Oktober, Dienstag
     
    Armer Stephen. Seit der Red Lion wegen des Umbaus geschlossen ist, muss er immer weiter in die Ferne schweifen, um seine Karaokesucht zu befriedigen. Heute Abend ist er in der Ballad ’n’ Blues Burger Bar an der High Street.
    19. Oktober, Mittwoch
     
    Konnte letzte Nacht nicht schlafen, weil ich viel zu aufgeregt war. Kaum hatte sich Stephen zu seiner Runde aufgemacht und ich den Kindern ihre Alcopop-Tarts hingestellt, zischte ich um die Ecke zum Zeitungskiosk, um mir den
Daily Herald
von heute zu holen. Zu meiner Überraschung hieß es, der sei ausverkauft. Schon! Ich sah ungläubig auf die Uhr. Es war erst fünf nach neun. Der Reporter muss recht gehabt haben. Ich mache wirklich Furore! Ich lief zur »Rund um die Uhr«-Tanke, aber da war es dieselbe Geschichte. Meine Güte. Ich hatte ja keine Ahnung, wie beliebt ich bin. Na gut, eine leise Ahnung hatte ich schon, aber ich bin viel zu bescheiden, als dass ich das je zugeben würde.
    Nachdem ich das gesamte Viertel abgeklappert hatte, musste ich mit leeren Händen nach Hause gehen. Ichwar so lange unterwegs, dass ich ironischerweise den heutigen Lyrikkurs verpasst habe. Oder war das metaphysischerweise? Am Ende rief ich noch beim Vertrieb vom
Daily Herald
an, aber selbst dort gab es keine Exemplare mehr. Das hatten die auch noch nie erlebt. Nicht mal, als Princess Michael of Kent die neue C&A-Filiale eröffnet hat.
    20. Oktober, Donnerstag
     
    Hätte ich Brangelina doch bloß nicht versprochen, ihr beim Schneidern dieses riesigen Huts für die Schulversammlung zu helfen. Was muss ich auch immer die Kappe aufreißen?
    21. Oktober, Freitag
     
    Ein interessanter Vormittag, gelinde gesagt. Ich war gerade ein bisschen am Putzen, da sah ich etwas unter Stephens Bettseite hervorragen. Erst hielt ich es naturgemäß für ein Exemplar von
Mittelenglands Megamöpse,
aber auf den zweiten Blick erlitt ich einen Schock. Es war ein
Daily Herald.
Der
Daily Herald
vom Mittwoch. Und auf der Titelseite stand neben einem eigentlich ganz bezaubernden Photo von mir mit einer Teekanne in der Hand in großen schwarzen Lettern: »STEPHEN FRYS
    GEHEIME FRAU DECKT ALLES AUF!«
    Ich sackte aufs Bett. Wie ein Mehlsack. Die Matratze war härter als sonst. Ich hob sie an und traute meinenAugen nicht. Da mussten Hunderte Exemplare des
Herald
liegen – alle mit derselben Schlagzeile. Er muss die ganze Auflage aufgekauft haben! Das kann nur eins bedeuten. Er liebt mich mehr, als ich dachte!
    22. Oktober, Samstag
     
    Normaler Samstag zu Hause. Stephen ist im Sing-alonga-Sushi. Ich hoffe, der Red Lion macht bald wieder auf.
    23. Oktober, Sonntag
     
    Noch immer keine Ahnung, wer der Vater von Viennettas Kind ist. Aber wir glauben, wir haben die Suche auf drei eingeengt. Es ist entweder Darren, der bei Toto in der Tattoo-Tanke aushilft, Gavin, der im Foodland Regale einräumt, oder Raymond, der in den Trimesterferien im Elektrogeräteladen jobbt, im Physikstudium aber eine Leuchte ist.
    24. Oktober, Montag
     
    Ich frage mich, was heute Abend bloß mit Hugh junior los ist. So spät kommt er sonst nie aus der Schule. Ich hoffe, er zieht nicht wieder mit seinem Phantasiefreund Hugh junior junior durch die Gegend.
    25. Oktober, Dienstag
     
    Habe Hugh junior gestern Abend dann doch noch gefunden. Er saß im Gebüsch und las mit der Taschenlampe Stephens Softpornos. Kein Wunder, dass er eine Spritztour brauchte. Ein erhellendes Erlebnis für alle Beteiligten. Hugh junior hat entdeckt, dass Britnee aus Newport breite Schultern und Leckerschmecker mag, und ich habe herausgefunden, wer – oder was – genau Hugh junior junior ist. Und warum er so gerne mit ihm spielt.
    26. Oktober, Mittwoch
     
    Habe mich bei Miss Wordsmith für mein Fehlen in der letzten Woche entschuldigt. Sie sagte, ohne mich wäre es einfach nicht dasselbe gewesen. So eine nette Frau. Heute haben wir uns an Reimpaaren versucht. Ich habe mehrere geschafft – Wayne und Jane, Andy und Mandy und Belinda und Mirinda (genau genommen, ist das letzte aber ein Bildbruch, glaube ich).
    27. Oktober, Donnerstag
     
    Oje. Brangelinas Alpträume haben wieder angefangen. Immer wieder kommt sie damit an, dass in ihren Träumen ein Mann auftaucht.