Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
Vom Netzwerk:
wohl Ihr Weltbild erschüttern, wenn ich Ihnen eröffne, dass die Vera Charles, der Sie und Doris eine so außerordentliche Bewunderung entgegenbringen, als Rachel Kollinsky zur Welt kam, Tochter eines zweitklassigen jüdischen Komikers. «
    » Unmöglich! « , japste Mrs. Upson.
    » Das geht mich nichts an! « , dröhnte er wieder. » Bei diesen Theaterleuten weiß man sowieso nie, wo man dran ist. Die sind eine andere Brut. Aber Juden im Nachbarhaus, praktisch in der eigenen Familie… «
    » Claude « , sagte Tante Mame leise, » ist Ihnen klar, dass in diesem Moment ein wahnsinniger Deutscher namens Adolf Hitler genau solche Reden schwingt wie Sie? «
    » Jetzt bringen Sie hier keine Politik ins Spiel. Sie sind bestimmt eine ausgemachte Befürworterin des New Deal. «
    » Ich habe Präsident Roosevelt immer bewundert. «
    » Ich rede von den Juden, und was die angeht, so hat dieser Hitler eigentlich ganz vernünftige Ideen. «
    » Das ist nicht Ihr Ernst « , sagte ich, » er schlachtet sie praktisch ab. «
    » Ich habe nicht gesagt, dass sie abgeschlachtet werden sollen… «
    » Nach Ihrem Gerede von Waffen und Aufgeboten und Bürgerwehren zu urteilen, scheinen Sie so etwas im Sinn zu haben « , entgegnete Tante Mame kühl.
    » Ja, verdammt, das würde ich wirklich machen! «
    » Wie viel Juden kennen Sie eigentlich persönlich, Claude? «
    » Einen zu viel « , kreischte er. » Autoritär, aufdringlich, aggressiv, laut… «
    » So laut wie Sie gerade? «
    » Verflucht noch mal! Ich rede von einer Meute Juden, die hier einziehen wollen und die sich einschmeicheln wollen bei freundlichen Leuten– anständigen Leuten! «
    » Und Sie? Liefern Sie gerade ein Beispiel Ihrer Freundlichkeit? Ihrer Anständigkeit? « Tante Mame holte tief Luft, wie sie es immer tat, bevor sie Tacheles redete, und noch in meinem Unglück musste ich feststellen, dass ich zunehmend fasziniert von ihr war.
    » Claude « , sagte sie, » ich habe sehr viele Juden in meinem Leben kennen gelernt, und es gehört auch zu meinen traurigen Erfahrungen, dass ich eine ganze Menge Nichtjuden so über Juden habe reden hören wie Sie. Ich kenne die Attribute, alle. Juden, werden Sie sagen, sind gemein, autoritär, geizig, habsüchtig, laut, vulgär, protzig, aufdringlich. Aber bisher bin ich nicht einem einzigen begegnet, angefangen bei dem ärmsten Lumpensammler in der First Avenue bis hin zum reichsten Philanthropen in der Fifth Avenue, der Ihnen bei der Entfaltung all dieser Eigenschaften je das Wasser reichen könnte. «
    » Mame! « , japste Mrs. Upson.
    » Bei Gott, ich lasse mich nicht länger in meinem eigenen Haus beleidigen. Machen Sie, dass Sie rauskommen. Fahren Sie zurück nach New York, und schlafen Sie doch mit jedem miesen Judenlümmel, den Sie… «
    » Halten Sie Ihr dreckiges Mundwerk! « , sagte ich und sprang von meinem Stuhl auf.
    Mr. Upson fuhr glupschäugig zurück. Boyd, mir gegenüber, stand vom Tisch auf und stierte mich an, und von Gloria war ein leiser Schrei zu vernehmen.
    » Nimm deinen Ring und verschwinde von hier! Von mir aus heirate doch irgendeine dahergelaufene kleine Jüdin, wenn du die so gerne hast. Mit so einer wirst du bestimmt glücklicher. Du gehörst einfach nicht in unsere Klasse, und schlimmer noch, du wirst auch nie dazugehören! «
    » Gloria… «
    » Patrick kann es jetzt noch nicht wissen, Gloria « , sagte Tante Mame und erhob sich von ihrem Stuhl, » aber Sie haben ihm soeben das schönste Kompliment gemacht, das er je erhalten hat. Ich bedanke mich für ihn. Und jetzt dürfen Sie mich bitte entschuldigen. Patrick, kommst du mit, oder soll ich einen netten christlichen Taxifahrer rufen– vielleicht einen Arier aus Samaria. «
    » Warte « , sagte ich, » ich komme mit dir. «
    Wir fuhren schnell, unseren erhitzten Gesichtern schlug der kalte Wind entgegen. Nach einer geraumen Zeit sagte Tante Mame: » Du weißt doch, Patrick, dass ich jedes Jahr eine ziemlich große Summe für wohltätige Zwecke ausgebe. Ich habe doch so viel Geld. «
    » Hmhm « , murmelte ich.
    » Was hältst du davon, wenn ich Sylvias und Abes Kaufpreis für das Grundstück überbiete und ein Heim für jüdische Kriegsflüchtlinge darauf baue? «
    » Eine wunderbare Idee. «
    » Gut « , erwiderte sie, » ich hatte gehofft, dass du das sagst. «
    Der große Diamant-Verlobungsring funkelte kalt in meiner Hand, während wir in rasendem Tempo die Slums von Connecticut hinter uns ließen.

9. Kapitel
    Tante Mame
    an der

Weitere Kostenlose Bücher