Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
Margot… Aua! « Ich erschlug einen Moskito.
» Da wären wir! Gerade rechtzeitig! « Tante Mame, bewaffnet mit einer Wasserpistole und flankiert von Miranda und Melissa, marschierte in die Weinlaube ein. Sie spritzte so heftig, dass sie mich beinahe damit umbrachte. Dann schmiss sie sich in einen Sessel, und ich musste in meinem St.-Boniface-Französisch laut aus Margots Manuskript vorlesen.
So enttäuscht ich selbst und so enttäuschend diese Begegnungen mit den Maddox-Schwestern auch waren, es war mir ohnehin nie gestattet, viel Zeit auf dem Anwesen, das Tante Mame von ihnen gemietet hatte, zu verbringen. Es gab zahlreiche Vormittage, Nachmittage und Abende, an denen Tante Mame mir zu verstehen gab, dass die Schwestern eingeladen worden waren, um weit illustere Männer kennen zu lernen, und dass ich meine Zeit nach meinem eigenen Gusto vertrödeln könne. Das machte mich wahnsinnig. Es machte mich wahnsinnig, weil es bedeutete, dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich in Mickey the Mick’s Saloon und Hotel aufzuhalten und das ausgezeichnete Essen zu mir zu nehmen, das Pegeen kochte und servierte.
Zu den Mahlzeiten versuchte ich jedes Mal, einen Streit mit Pegeen vom Zaun zu brechen, sie jedoch machte nur eine wunderbare vernichtende Bemerkung und verließ das Zimmer, und ich war um eine Antwort verlegen. Im Laufe des Abends, wenn ich die Fassung wiedererlangt hatte, ging ich nach unten an die Bar und versuchte, ein Gespräch mit Pegeen oder ihrem Vater anzufangen. Es war nichts zu machen. Mr. und Miss Ryan blieben unter sich. Noch später, von Leidenschaft nach einer der Maddox-Schwestern verzehrt, ging ich an den Strand und versuchte, mich in den Fluten von Maine, die eiskalt waren, abzukühlen. Das allerdings brachte mir nur Frostbeulen ein und eine ernste Verwarnung von dem örtlichen Wachtmeister wegen unsittlicher Entblößung.
Am zehnten Tag war ich mit meinem Latein am Ende. Um sechs Uhr stand ich auf, kaute auf den Fingernägeln, bis ich mir einigermaßen sicher sein konnte, dass Tante Mame wach war. Um sieben Uhr verschaffte ich mir gewaltsam Zutritt zu ihrem Schlafzimmer, riss ihr die Schlafbinde von den Augen und schüttelte sie, bis sie bei Bewusstsein war.
» Patrick, mein lieber Kleiner « , sagte sie und blinzelte. » Du darfst hier nicht rein. Die Mädchen… «
» Die Mädchen sind mit ihrem blöden Segelboot unterwegs « , sagte ich. » Glaubst du vielleicht, ich säße hier in deinem Zimmer, wenn eines der Mädchen zu Hause wäre? «
» Schmeichler! «
» Hör zu, Tante Mame, das Ganze macht mich verrückt. Müsst ihr immer alle wie eine Phalanx auftreten? Kann sich nicht mal eine von euch lange genug loseisen, damit ein Mann zum Zuge kommen… «
» Wovon redest du überhaupt, Darling? «
» Du weißt ganz genau, wovon ich rede, verdammt noch mal. Seit du nach Mexiko gefahren bist, hockst du wie eine Glucke auf Margot, Miranda und Melissa. Du bist doch diejenige, die sich diesen ganzen Ehezirkus ausgedacht hat, und wenn ich dann mal eine von den Schwestern alleine erwische, kommst du mit den restlichen der vier apokalyptischen Reiter angeprescht und… «
» Ehezirkus? « , sagte Tante Mame, begleitet von heftigem Wimperngeklimper und aufgerissenen Augen. » Wer hat dir denn den Floh ins Ohr… «
» Jetzt hör schon auf, du fette Henne! Wann kriege ich endlich eine Chance, mit einem der Mädchen mal alleine zu sein? «
» Ach, wie schade, Darling. Wenn ich gewusst hätte, dass du näher an ihnen interessiert bist, hätten wir dich zum Mittagessen eingeladen. Leider gehen die Mädchen nachher alle zu dem Picknick bei den Sears. Wirklich schade! Ich dachte, du kennst die Sears-Jungen. Sie… «
» Nicht eine Menschenseele kenne ich auf dieser Insel, das weißt du genau. «
» Ach, mein Lieber, das kommt alles sehr überraschend für mich. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du zu Gefühlen fähig bist– ganz zu schweigen von so tiefen Gefühlen wie… «
» Halt die Klappe! «
Sie fixierte mich mit stechendem Blick. » Wen? «
Im ersten Moment war ich so verdutzt, dass ich eine Maddox nicht mehr von der anderen unterscheiden konnte. » Margot « , sagte ich und schluckte.
» Also gut, Darling « , sagte sie forsch. » Ich werde noch heute Nachmittag eine kleine Unterredung zwischen euch beiden einfädeln. Um wie viel Uhr? «
» Gleich nach dem Picknick bei den Lodges. «
» Bei den Cabots, Darling. Sagen wir halb drei? «
Ich war so perplex, dass ich nur nicken
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