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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Gegen zwölf Uhr war Tante Mame bereits in Nachthemd und Bademantel, und ohne auch nur eine einzige vorherige Runde Bridge scheuchte sie Mr. Pugh und mich aus dem Zimmer. Ich ließ mich wie üblich an dem Seil herunter und musste dann noch lange im Gebüsch versteckt warten, bis Mr. Pugh endlich aus dem Old Coolidge House trat.
    Das Wetter am Vater-und-Sohn-Tag war mild, viel zu gut, wie ich fand. Vom ersten Schlag der Morgenglocke an war ich nervös, aber während des Frühsports auf dem Spielfeld sah ich auf der Straße den Rolls-Royce mit zwei verhüllten Gestalten auf dem Rücksitz vorbeifahren, und ich war erleichtert.
    Gegen zehn Uhr trafen die Väter ein. Insbesondere Mr. Babcock machte eine lächerliche Figur in seinem alten Blazer und der weißen Baumwollhose. Ich freute mich riesig, als er beim Sackhüpfen der Länge nach hinfiel, und er ärgerte sich, als ich beim Seilklettern die anderen um Längen schlug. Junior gewann überhaupt keinen Preis, aber das war nichts Neues.
    Mit Liedern und Reden, Predigten und Sketchen schleppte sich der Tag dahin. Es war fast acht Uhr, als wir die Schulhymne sangen:
    Heil dir,
    Sankt Boniface!
    Wir halten dir ewig die Treu
    In Ehre und Ehrfurcht
    Die Farben Purpurrot und Blau
    Ganz im Vertrauen hatte Mr. Pugh mir gestanden, dass das schlechte Lyrik war, doch Mr. Babcock war ganz aufgewühlt. Schließlich hatte er seine Gefühle wieder so weit unter Kontrolle, dass er uns in seinen LaSalle verlud und Richtung Stadt fuhr.
    » Ein wunderbares, wunderbares Fest « , wiederholte er unentwegt. Dann fuhr er in gemäßigterem Ton fort: » Und jetzt auf ins Old Coolidge House zum Abendessen. «
    Mir stockte der Atem. Dann sagte ich: » Vielleicht sollten wir lieber in das einfache Esslokal gehen, Mr. Babcock. Das ist viel preiswerter. «
    » Nicht nötig, Patrick. Es werden keine Kosten gescheut an so einem schönen Fest wie diesem. Außerdem wartet Eunice– ich meine, Mrs. Babcock– im Hotel auf uns. «
    Eunice wartete tatsächlich, bereits etwas ungeduldig, im Foyer. Es wimmelte von St.-Boniface-Vätern und deren Söhnen, und im Türrahmen zum Speisesaal war eine Samtkordel gespannt. Ich war in heller Aufregung. Draußen war es bereits dunkel, und jeden Moment war mit Tante Mames Rückkehr zu rechnen. » Hier ist es so voll, Mr. Babcock, und vielleicht hat Mrs. Babcock schon Hunger. Sollen wir es nicht mal im Ye Olde Greene Shutters Sweete Shoppe versuchen? « Mrs. Babcock lächelte mich matt an, Mr. Babcock blieb streng.
    » Nein, Patrick. Dann warten wir eben hier. Außerdem muss ich gleich nach dem Essen in den Miles Standish Room zur Vorstandssitzung. « Also warteten wir.
    Schließlich ergatterte er, indem er unnötig unfreundlich die Kellnerin anfuhr, einen Tisch gleich neben der Tür. Es gab viele Väter, die beschwipst waren, wie mir auffiel, und ihre Jungen zu Steak und sogar zu Wein einluden. Nicht so Mr. Babcock. Er bestellte vier Gemüseplatten mit pochierten Eiern und eine Runde Instantkaffee. Dann machte er sich daran, mich wegen der vielen Tadel und der rapiden Verschlechterung meiner Zensuren in den letzten Wochen ins Gebet zu nehmen. Ich enthielt mich lieber der Bemerkung, dass Junior noch nie eine bessere Note als Befriedigend bekommen hatte, in keinem Fach, außer in Betragen und Bespitzeln, und ertrug die Ausfälligkeiten des alten Langweilers mannhaft.
    Zwischen zwei Gabeln erkundigte sich Mrs. Babcock nach Tante Mames Befinden. Mr. Babcock schauderte. Tante Mame war sein Hassobjekt. » Ich habe sie seit Weihnachten nicht mehr gesehen « , fing ich artig an, » aber… «
    Draußen war ein Knall zu hören, dann eine schrille Stimme: » Ito, Sie haben den nagelneuen Cadillac gerammt! «
    » Kein Caddy Lack, Missy, issie LaSalle-Auto. «
    » Ich habe so ein komisches Gefühl « , klang jetzt Agnes’ Stimme heraus. » Mir egal, was Sie sagen, Mrs. Burnside, aber ich glaube, es ist… «
    Alle Farbe wich aus meinem Gesicht, doch dann, als ich Agnes’ schweres Stampfen auf der Treppe hörte, nahm ich meine ganze Kraft zusammen. » Ja, Mr. Babcock « , brüllte ich, » Tante Mame habe ich seit Weihnachten nicht mehr gesehen. Sie ist verreist, ganz weit weg, nach Europa. «
    » Nicht so laut, Patrick « , sagte Mr. Babcock.
    » Machen Sie sich nicht lächerlich, Agnes « , tönte jetzt Tante Mames Stimme aus der Dunkelheit. » Das bilden Sie sich nur ein. Nach meiner Rechnung ist es nicht vor Dienstag fällig. « Ich hörte die Fliegengittertür ins Schloss

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