Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
noch gar nicht geklärt haben, ist die Frage: Sollen wir Martini oder Scotch servieren, und wenn ja, wie viele Leute laden wir ein, und wie viel kostet das. Pat, was meinst du? «
» Ich? « , sagte ich schamhaft. » Was soll ich sagen? Ich weiß gar nicht genau, ob ich überhaupt auf den Ball gehe oder nicht. Macht eure Pläne ruhig ohne mich. «
» Du weißt nicht, ob du auf den Ball gehst oder nicht?! « , kreischte Bill. » Meine Güte, willst du Astaire noch übertreffen? «
» Du weißt nicht, ob du auf den Ball gehst oder nicht?! « , wiederholte Bill ungläubig. » Seit wann das denn? Pass auf, Alter, wenn du Probleme hast, ein Mädchen zu finden– ich kann dich mit Mollies Cousine verkuppeln, Gloria Upson. Die geht noch auf MissChapin’s Schule, aber Mannomann, hat die eine Figur! «
» Ihr könnt mir glauben « , sagte ich kühl, » eine Partnerin zu finden ist nicht das Problem. Es ist nur so, dass ich an dem Wochenende nicht da sein werde. «
Ein seltsamer Ausdruck lag in Alex’ Augen, als ich aus dem Zimmer schlenderte.
Um Bubbles von dem Studentenball fernzuhalten, versuchte ich, feige wie alle Männer, die eine Frau loswerden wollen, jeden nur möglichen Trick, statt klipp und klar » Nein! « zu sagen. Ich versuchte es mit Anschweigen und ließ mich zehn Tage lang nicht in dem Diner in Newark blicken. Bubbles schien das nichts auszumachen. In einem schwachen Moment hatte ich ihr die Telefonnummer von meinem Zimmer gegeben, und am zehnten Tag rief sie an. Ich war ausweichend, bis sie sagte: » Was ist denn los, Honey? Bist du krank oder was? He, Baby, ich mach mir Sorgen um dich. Willst du herkommen oder soll ich zu dir komm, damit ich mich um dich kümmern kann? « Damit war die Sache klar. Noch in der Nacht fuhr ich nach Newark.
Danach versuchte ich, einen Streit mit ihr vom Zaun zu brechen. Ich war schwermütig und trübsinnig, verschlossen und schwierig, doch Bubbles, deren Hang zur Launenhaftigkeit legendär war, gab sich heiter gelassen wie die Mona Lisa. Sie redete von nichts anderem mehr als dem Studentenball, was sie anziehen würde, wer alles da sein würde und dass sie mit den wichtigsten Debütantinnen des Jahres verkehren würde. Mir schauderte. Ich wusste nicht, wie ich es bewerkstelligen sollte, aber eins stand fest: Auf keinen Fall würde Bubbles mit mir auf den Studentenball gehen!
Als die Woche anbrach, deren Ende von dem Ball gekrönt werden sollte, wusste ich, wie ich vorgehen würde. Ich würde Bubbles ein Telegramm schicken, ich läge auf der Krankenstation, etwas Hochansteckendes, und mich dann nach Philadelphia absetzen und abwarten, bis der Sturm vorüber war. Es war eine miese Masche, aber dafür hatte sie mir fast fünfhundert Dollar abgeluchst, nur um sich für ihr Debüt in den heiligen Hallen des Wissens einzukleiden.
Am Donnerstag, bevor die Festlichkeiten anhoben, war ich auf meinem Zimmer, hörte Fred Astaires Version von » Bojangles « und packte hastig ein paar Klamotten für meine Flucht zusammen. Alex lag auf dem Bett, trank ein Budweiser, da klingelte das Telefon. Es war Tante Mame. » Darling « , sagte sie, » kommst du am Wochenende nach Hause? «
» Nein, Tante Mame « , sagte ich, » du weißt doch, dass ich vorher immer eine Karte schicke, wenn ich komme. «
» Ach ja, wie konnte ich das nur vergessen. Aber wo fährst du denn eigentlich hin? «
» Du weißt doch, nach Philadelphia « , sagte ich deutlich.
» Bist du das ganze Wochenende über weg? « , fragte sie.
» Selbstverständlich. Warum fragst du? «
» Nur so, aus keinem besonderen Grund. Dann bist du also überhaupt nicht in der Schule? «
» Natürlich nicht. «
» Nicht vor Sonntagabend? «
» Nein, Tante Mame « , sagte ich, gereizt und verärgert, weil mein schuftiger Plan, mich abzuseilen, entdeckt worden war. » Was soll das Ganze? «
» Ach, gar nichts « , säuselte sie in ihrer gespielten Naivität, die mich regelmäßig misstrauisch machte. » Ich habe mich nur gefragt, was mein lieber kleiner Junge denn das ganze Wochenende so allein macht. Ich bleibe wahrscheinlich zu Hause mit meinem Marcel Proust. «
» Dann richte ihm schöne Grüße aus « , sagte ich. » Ach, übrigens, Alex ist gerade hier. Willst du ihn sprechen? «
» Ach so, nein. Warum sollte ich? Grüß ihn von mir und sag ihm, wir würden uns bald wiedersehen. Und dir wünsche ich schöne Tage in Philadelphia, Darling. «
Es kam mir seltsam vor, dass Tante Mame anrief, aber sie war eben auch eine sehr
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