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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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wird, ihn auch mit Vornamen anzureden. Immerhin sind wir jetzt eine Familie, da redet man sich nun mal mit Vornamen an, du nicht? «
    Ich war sprachlos vor Wut; auf der anderen Seite sah ich, dass Tante Mame ein voller Erfolg war. Sie führte sich anständig auf und verhielt sich so, wie ich es von ihr erbeten hatte– fast zu anständig.
    Ich rasierte mich gerade, als Tante Mame lässig an die Tür klopfte und hereingeschlendert kam. » Gott steh mir bei « , flüsterte sie, » was hast du für ein viriles Badezimmer, mein lieber Kleiner. Ganz anders als meins. Schon diese rauen braunen Handtücher. Schade, dass nicht noch ER eingestickt ist. Und erst diese Kupferstiche mit den Entchen auf dem Türflügel. Also mein Badezimmer ist rosa, und an der Wand hängt ein Tony-Icart-Druck von einem Windhund… «
    » Aua! « , schrie ich.
    » Oh, Darling, hast du dich jetzt wegen mir geschnitten? «
    » Als was hast du dich denn verkleidet? « , tobte ich. » Nimm sofort diese alberne Schleife aus deinem Haar! «
    » Aber Patrick « , jammerte sie, » die gab’s doch gratis zu meiner Sonnencreme, und Doris trägt auch so eine im Haar. Ich finde sie ganz hübsch zusammen mit dem gemusterten Musselin. « Sie trug ein bauschiges rosenrotes Kleid, dazu viel mit Mondsteinen besetzten Schmuck, und irgendwie sah es aus, als meinte sie das alles nicht ganz ernst; wiederum war es nicht so daneben, dass es eines Kommentars bedurft hätte.
    » Ich bin doch richtig angezogen für Mountebank, oder nicht, Darling? «
    » Angemessen « , sagte ich und tupfte mein Kinn ab.
    » Mein Herzblatt « , sagte sie und gab mir einen Kuss auf den Hals, » beeil dich mit dem Rasieren. Ich bin im Wohnzimmer, setze mich in einen der bequemen Gouverneur-Winthrop-Sessel und lese Oliver Wiswell. In diesem schmucken Häuschen kommt man sich ja selbst vor wie eine historische Gestalt. «
    Das Erdgeschoss, die Abteilung Sloane des Upson’schen Landsitzes, sah fast genauso aus wie der erste Stock– Typ malerisches Landhaus im Kolonialstil. Es gab Kutscherlampen, Ratschenlampen, Lampen mit Emailfüßen und Lampen aus Butterfässern, Kaffeemühlen und Apothekergläsern. An den Wänden hingen Bettwärmer, alte Blasebälge, Messinguntersetzer und lustig gemeinte Sticktücher, ebenso Spy-Karikaturen, Jagdstiche, vergilbte Landkarten und spröde Daguerreotypien. Mrs. Upson saß unruhig auf einem Ziereisenstuhl auf der Terrasse, und über Tante Mames Gezwitscher » Wie lieb… wie malerisch… wie reizend… « hinweg hörte ich Mr. Upson Getränke in einem Shaker mixen und andere Gastgebergeräusche machen.
    In seinem likörfarbenen Freizeitanzug und den dick besohlten mexikanischen Sandalen sah Mr. Upson eher wie ein Tanzbär aus und nicht wie ein menschliches Wesen. Er verbeugte sich tief, als Tante Mame ihm die Hand reichte, mir haute er mit seiner Pranke gönnerhaft auf die Schulter. » Da wären wir ja alle « , dröhnte er. » Und an so einem Tag geht doch nichts über einen richtigen Upson Daiquiri! «
    » Hm, lecker! « , sagte Tante Mame.
    » Jawoll! « , fuhr er fort. » Ich mixe ihn ja auch nicht, wie andere ihn mixen. Als Doris und ich im vergangenen Winter in Kuba waren, hat uns der Barkeeper von einem kleinen Lokal, wo wir immer hingegangen sind– wie hieß das Lokal doch gleich, Doris, Casa Wan? Ja, genau, Casa Wan– und dieser Barkeeper, Wan, der hat uns gesagt, man dürfte auf keinen Fall Zucker hinzutun. Wirklich, in einen richtig guten Daiquiri gehört kein bisschen Zucker. «
    » Was Sie nicht sagen! « , rief Tante Mame aus.
    » Nicht ein Körnchen. Soll ich Ihnen den Geheimtipp verraten, den Wan mir gegeben hat? «
    » Oh ja, ich brenne darauf– wenn es kein Sicherheitsrisiko ist. «
    » Wan verwendet immer gefilterten Honig. «
    » Nein! Gefilterten Honig? Das muss man sich mal vorstellen. «
    » Ja, ja. Gefilterten Honig und ganz, ganz hellen Rum, und dann… «
    » Ich weiß auch nicht, warum Gloria heute so spät dran ist « , sagte Mrs. Upson und legte ihre Patschhand auf mein Knie. » Keine Sorge. Wir machen uns noch einen schönen… «
    » …und das Eis muss regelrecht abgeschabt werden… «
    » Das artet ja richtig in Arbeit aus, Mr. Upson. «
    » Ach, Bertha « , rief Mrs. Upson, » würden Sie jetzt bitte die Cocktailhappen in den Ofen schieben? Aber nur die mit Chutney. «
    » …und dann muss man den Shaker ordentlich schütteln. Nicht automatisch, mit diesen neumodischen Mixgeräten. Das ist was für Weicheier. Man muss

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