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Darling

Darling

Titel: Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Hartmann
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Schlange, die sich an seinem Arm emporwand, um ihn in etwas zu verstricken, was er niemals gewollt hatte. Schamröte stieg in ihm auf.
    „Sie sind absolut unmoralisch!“, stotterte er und schaute verlegen zur Seite.
    Clara lachte und warf ihren Kopf in den Nacken.
    „Unmoralisch? Oh je, wo leben Sie denn? In den fünfziger Jahren?“, kicherte sie. „In einem Land, wo Wortbruch von Politikern gang und gäbe, Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln Realität und Folter in Kasernen an der Tagesordnung ist, erheben Sie für ein legitimes Angebot Ihren moralischen Zeigefinger? Das ist lächerlich. Wir leben in einem Land, wo die Vermögen schneller wachsen als die Löhne. Darüber sollten Sie sich moralisch entrüsten. Wir leben in einem Land, wo für die Milliardenverluste von Banken der Staat aufkommt. Wir leben in einem Land, das die Zahlungsmoral seiner Steuerpflichtigen nur dadurch sicherstellt, dass ein Finanzminister korrupten Bankangestellten geheime Transferdaten abkauft. Und wir leben in einem Land, wo ein ranghoher Manager vor laufenden Kameras zum Verhör abgeholt wird, weil er in großem Stil Steuern hinterzogen hat. Das alles ist strafbar und sicher auch eine Frage der Moral, junger Mann. Aber was ist daran unmoralisch, wenn ich von Ihnen für einen angemessenen Preis eine Dienstleistung erwerben möchte?“
    Adrian spürte, dass sie Recht und Unrecht zugleich hatte. Trotzdem fühlte er sich verletzt. Er war nicht käuflich. Enzo würde ihn jetzt sicher für total plemplem erklären. Wann bekam man schon mal von einer attraktiven Frau Geld für Sex geboten?
    Adrian schüttelte den Kopf.
    „Vielen Dank für Ihr Angebot. Aber so geht es nicht“, sagte er und drehte sich nach seiner Jacke um.
    Clara griff erneut nach seiner Hand.
    „Denken Sie in Ruhe darüber nach“, forderte sie ihn sanftmütig auf.
    Adrian sah sie traurig an.
    „Ich kann es nur mit Gefühl. Sorry.“
    „Sie müssen Ihre Gefühle nicht unterdrücken“, schlug sie ihm spontan vor. „Ganz im Gegenteil: Wenn ein Film mit Gefühl gemacht ist, wirkt das viel authentischer.“
    „… und verkauft sich natürlich besser“, unterbrach er sie verärgert. „Hören Sie. Mein Privatleben unterliegt keiner KostenNutzen-Rechnung. Ich bin nicht an maximalem Profit interessiert. Ich hab auch noch nie auf Netzwerke gestanden, die Menschen in verwertbare oder unbrauchbare Kontakte sortieren“, stieß er wütend hervor. Und nach einer kurzen Pause:
    „Vielleicht verstehen Sie das nicht. Aber ich suche etwas anderes. Und das ist nicht käuflich.“
    Clara schaute ihn unverwandt an.
    „Unsinn“, winkte sie barsch ab. „Das, was Sie suchen, ist eine Illusion.“
    „Und Ihre Filme sind Realität?“ Spöttisch blickte Adrian ihr ins Gesicht.
    Er griff nach seiner Jacke. Langsam zog er den Engelsflügel aus der Tasche und legte das Amulett auf den Tisch.
    „Vielen Dank“, sagte er. „Aber ich brauche das nicht. Noch nicht mal als Erinnerung.“
    Abrupt drehte er sich um. Mit einem lauten Knall flog die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss.

47
    „Wirklich überzeugt war die Staatsanwaltschaft immer noch nicht“, berichtete Stefan Weber und legte Edith den Haftbefehl für Adrian Baumann auf den Tisch.
    Die Kommissarin schüttelte den Kopf. „Reichen denen zwei Leichen nicht?“
    Ihr Kollege zuckte mit den Achseln. „Zumindest hat es für die Telekommunikationsüberwachung seines Handys gereicht“, grinste er augenzwinkernd. „Ich ruf mal seinen Provider an.“
    Edith schaute aus dem Fenster des Polizeipräsidiums auf die Adickesallee. Sie war irritiert, weil sie sich so in Adrian Baumann geirrt hatte. Ihre Menschenkenntnis hatte ihr signalisiert, dass der junge Mann eher die Kategorie harmlos sei. Aber was hatte er in Karls Wagen in der Nacht gesucht, als der Taxifahrer ermordet wurde? Hatte er den Autoschlüssel in den Briefkasten geworfen? Irgendwie ergaben die verschiedenen Teile des Puzzles keinen Sinn.
    Vielleicht könnte Sissi ihr helfen? Nachdenklich griff sie zum Hörer und wählte die Nummer der Taxizentrale. Sissi war sofort am Apparat.
    „Adrian? … Nein, der hat heute früher Feierabend gemacht und sich vor dreißig Minuten abgemeldet. Warum?“
    „Mist“, entfuhr es der Kommissarin. „Sissi? Kannst du der Polizei mit einem Foto von Adrian Baumann aushelfen? Wir müssen ihn zur Fahndung ausschreiben. Er steht unter Mordverdacht.“
    Stefan Weber zog seine Jacke an. „Ich fahre mal zu seiner Freundin nach Sachsenhausen.

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