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Darling

Darling

Titel: Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Hartmann
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Solche Bewegungsprofile sind zum Beispiel ausgesprochen hilfreich für die Drogenfahnder, denn die meisten Dealer wechseln ihre SIM-Karten häufiger als ihre Hemden. Allerdings behalten sie in der Regel ihr Handy, weil sie mit den Funktionen der Tastatur bestens vertraut sind.“
    Fragend sah Edith ihren Kollegen an.
    „Nicht aufgepasst bei deiner letzten Fortbildung?“, frotzelte der. „Also, weil du’s bist, Edith. Auf jeder SIM-Karte im Handy ist ein 15-stelliger IMSI-Code programmiert. Dieser Code wird weltweit nur einmal vergeben. Mittels eines IMSI-Catchers kann man diesen Code knacken und den Handybesitzer unbemerkt beschatten. Oder eben durch die Vorratsdatenspeicherung ein Bewegungsprofil für Straftäter erstellen, da die Mobilfunkunternehmen per Gesetz verpflichtet sind, rund um die Uhr mitzuloggen, in welcher Funkzelle sich ein HandyBesitzer bewegt. Natürlich gibt es immer wieder Experten, die vor dem Richter hartnäckig schwören, dass ihr Dackel mit dem Handy Gassi gegangen ist und nicht sie selbst“, grinste Stefan.
    „Im Prinzip funktioniert ein Handy wie eine virtuelle Fußfessel, nur dass heutzutage jeder so ein Gerät absolut freiwillig mit sich führt.“
    Edith seufzte tief auf.
    „Den meisten ist zumindest ihre IMEI-Kennung bekannt, wenn das Handy gestohlen wurde und die Provider das Gerät dann sperren. Wie du die IMEI-Nummer abfragen kannst, weißt du aber noch, oder?“
    Stefan Weber lächelte Edith aufmunternd zu. Doch die zuckte die Achseln.
    „Ganz ehrlich? Dein Technik-Fimmel nervt.“
    Edith war wütend. Wobei sie sich mehr über sich ärgerte als über ihren Kollegen. Denn mit den neuen Technologien im Internet und im Mobilfunk mitzuhalten fand sie äußerst zeitintensiv. Es machte ihr einfach keinen Spaß, die rasante technische Entwicklung zu verfolgen.
    „Du kannst die IMEI-Nummer deines Handys mit der Tastenkombination *#06# abfragen. Die solltest du aufbewahren, falls das Gerät gestohlen wird.“
    Stefan Weber lächelte abermals aufmunternd.
    „Aha. Aber kannst du mir bitte erklären, was das alles mit unserem Fall zu tun hat?“
    Edith war sichtlich genervt.
    „Nichts“, antwortete Stefan. „Im Internet gibt es sogar Datenbanken, wo du eine gefälschte IMEI abrufen kannst.
    Funktioniert wie die Generierung einer neuen Personalausweisnummer. Das machen Minderjährige immer dann, wenn sie einen Adult-Check umgehen wollen.“
    Edith sah zum Fenster.
    „Die Welt ist schlecht.“
    „Seit der Bespitzelungsaffäre bei der Telekom hat die Bevölkerung zumindest ein Gefühl dafür bekommen, wie weit Big Brother ist. Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft. Da ist die Ortung eines eingeschalteten Mobiltelefons nur ein Service unter vielen. In der Regel werden ja eher selten Journalisten und Aufsichtsräte, sondern Kinder und Ehegatten per Handy überwacht. Die neuen Geräte mit eingebautem Navigator sagen dir sogar, wo’s langgeht. Praktisch, wenn dein Handy weiß, wo du gerade bist. Wenn Erich Mielke das jemals geahnt hätte, wäre er sicher vor Neid geplatzt.“
    Ein ironisches Lächeln umspielte Stefans Mundwinkel.
    „Aber solange unser Innenminister ein Terrorszenario nach dem anderen an die Wand wirft, wird sich in Deutschland keine Mehrheit für einen vernünftigen Umgang mit diesen Technologien finden. Es geht immerhin ums Eingemachte beim Datenschutz, meine Liebe, da reagieren die Leute empfindlich. Du hast doch damals bestimmt auch gegen die Volkszählung protestiert?“
    Edith schüttelte den Kopf.
    „Ich hab’ nichts zu verbergen“, antwortete die Kommissarin kurz angebunden.
    Stefan war baff.
    „Dir ist dein informationelles Selbstbestimmungsrecht egal?“
    „Wir haben hier zwei Morde zu klären und vermissen eine dritte Person“, stellte Edith Tannhäuser trocken fest. „Falls ich deinen Vortrag richtig verstanden habe, sollten wir dankbar sein, dass unser Hauptverdächtiger freiwillig mit einem Ortungsgerät durch die Gegend läuft. Stefan! Wir sollten um diese Uhrzeit den virtuellen Schnickschnack außen vor lassen und endlich die realen Fakten sichten. Es geht hier um Mord!“
    Ihr Kollege schwieg zutiefst betroffen.
    „Stefan, du hast mir vorhin erklärt, dass die Logfiles Auskunft darüber geben, wo dieses oder jenes Handy zum Zeitpunkt X war. Das ist aber kein Beweis, dass auch der Besitzer des Handys zu dieser Zeit an diesem Ort war, wenn ich dich richtig verstanden habe, oder? Du kennst die Staatsanwaltschaft! Die will Beweise und keine

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