Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Zellen durch Oxidation mit Sauerstoff die Energie aus Nährstoffen nutzen. Die aerobe Welt der »kalten« biochemischen Verbrennung war geboren, ohne die es keine Futterverwerter wie uns und alle anderen Tiere gäbe.
Schließlich verleibten sich vor siebenhundert Millionen Jahren einige der nun Sauerstoff nutzenden Zellen einen anderen Typ von Bakterien ein, die Sonnenenergie in chemische Energie umsetzen und dabei jene Nährstoffe herstellen, von denen alle Tiere leben. Die »Endosymbionten« genannten einverleibten Einheiten wurden zu Chloroplasten, durch die alle grünen Pflanzen ihre Energie gewinnen. Die Nachfolger jener Bakterien, aus denen Chloroplasten entstanden, existieren nach wie vor: Cyanobakterien, oft einfach »Blaualgen« genannt.
Darwin hat den Wert von Symbiosen im Tier- und Pflanzenreich zwar erkannt. Von den mikroskopischen Organellen und ihren eigenen Erbanlagen konnte er noch nichts wissen. Dennoch ist es erstaunlich, dass er auf die grandioseste Verschmelzung in der Geschichte des Lebens kaum je Bezug nimmt: den Zusammenschluss einzelliger Lebewesen der gleichen Art zu Vielzellern oder deren Zusammenbleiben nach unvollständigen Zellteilungen.
Die Liste der echten Symbiosen lässt sich in jeder Richtung fortsetzen. Von unseren hundert Billionen Zellen sind überhaupt nur zehn Prozent menschlich. Der Rest gehört Bakterien, Pilzen und anderen Mikroben. Ohne Mitwirkung der dienstbaren Bewohner in unserem Innern, der Darmbakterien, die zusammen ein halbes Kilo auf die Waage bringen, könnten wir gar nicht existieren.
In der anderen Richtung lässt sich die gesamte Erde als symbiotischer Planet verstehen. Auch hier gibt es einen Helden zu feiern, den englischen Forscher und Erfinder James Lovelock, der sich von der seriösen Wissenschaft lange für seine »Gaia-Hypothese« hat auslachen lassen müssen. Heute werden seinen Ideen ganze Serien in den wichtigsten Wissenschaftsjournalen gewidmet.
Lovelock sagt, dass sich das Leben auf Gaia, der Mutter Erde, seine
eigenen Bedingungen geschaffen habe, vor allem auch die Atmosphäre mit Sauerstoff und Kohlendioxid und das ideale Klima zum Gedeihen. Veränderungen in der einen Region können Folgen in der anderen haben, das Vernichten des Regenwalds wirkt sich auf die Polkappen aus. Klimawandel ist überhaupt nur als globales Phänomen zu begreifen.
Nirgendwo wird das so deutlich wie in den Extremregionen der Erde. Wüsten dehnen sich aus, das Eis am Nordpol schrumpft, die Alpengletscher tauen weg. An keinem Ort liegt mehr Wasser in fester Form gespeichert als auf dem sechsten Kontinent. Würde das gesamte Eis am Südpol schmelzen, stiege der Meeresspiegel um über siebzig Meter an. Und zwar weltweit. Meeresschicksal ist Menschenschicksal.
Der Strand von Brown Bluff. Den Fuß auf das Festland der Antarktis setzen. Wer darf das schon? Immerhin hat bis heute eine Viertelmillion Touristen die Region bereist, allein in diesem Jahr sind es fünfunddreißigtausend. Jährliches Wachstum zurzeit zwölfeinhalb Prozent. Etwa dreißig Schiffe sind hier außer unserem südlich des 60. Breitengrads unterwegs. Die goldene Regel lautet: »We only take pictures« - »Wir nehmen nichts als Bilder mit.« Wirkt reichlich übertrieben an einem Strand aus Kieseln. Aber wenn man sich 250000 Steine vorstellt, die auf irgendwelchen Fensterbänken oder Kaminsimsen verstauben, ändert sich das Bild.
Adeliepinguine bauen emsig an ihren Nestern aus Steinchen, die sie einzeln zusammentragen und in Schüsselform zusammenfügen. Seltsam, wie weit sich das Leben hinauswagt. Was hat die Tiere mit den weißen Augenringen nur bis an den Rand der Welt getrieben? Die Sicherheit vor Räubern kann es nicht gewesen sein. Ständig stürzen mit breiten Schwingen Skuas auf die Brutkolonie hinab, um Eier zu stehlen, was ihnen auch hin und wieder gelingt. Vor dem Strand patrouillieren Seeleoparden, die nur darauf warten, dass ihre Beutetiere ins Wasser springen. Deshalb gehen die Pinguine nie einzeln zum Fischen, sondern stets in größeren Verbänden, gemeinsam stark.
Sie bewohnen den schmalen Streifen Strand. Gleich dahinter erstreckt sich die makellose Reinheit einer Landschaft aus Eis, das noch niemand betreten hat. Je näher der Südpol rückt, desto rarer macht sich das Leben, bis sich seine Spuren vollständig verlieren. Dort
herrscht der weiße Tod, die Ahnung, wie es war, als wir noch nicht bis in die letzten Winkel vorgedrungen waren. Als große Teile des Planeten menschenfrei
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